Markus Trude: Der Schaden ist aber durchaus beträchtlich

Interview mit Markus Trude
Markus Trude ist Rechtsanwalt in seiner Kanzlei in Köln. Mit ihm sprechen wir über Kontogebühren, Kontokündigungen sowie mögliche finanzielle Schieflage.

Der BGH hat im April entschieden, dass Banken immer bei Änderungen der AGB eine Zustimmung der Kunden einholen müssen. Welche Auswirkungen hat das Urteil bezüglich der Kontogebühren?

Markus Trude: Banken können bei bestehenden Verträgen nur sehr schwer Erhöhungen der bestehenden Gebühren umsetzen oder neue Gebühren vereinbaren. Sie müssen dafür zum einen höheren Aufwand betreiben und zum anderen muss der Kunde/die Kundin zustimmen.

Können sich jetzt alle Bankkunden über niedrigere Gebühren freuen?

Markus Trude: Nein. Neukunden und Neukundinnen müssen im Gegenteil mittelfristig mit erhöhten Gebühren rechnen. Bestandskundinnen und Bestandskunden können wohl darauf bestehen, dass die bei Vertragsabschluss geltenden Gebühren vereinbart sind und für die letzten 3 Jahre Überzahlungen zurückverlangen. Dabei geht es aber für den einzelnen Kunden wohl um geringe Beträge und nicht darum, dass die einmal vereinbarten Gebühren unterschritten würden. Für die Banken bedeutet es ggf. einen hohen Schaden, je nachdem, wie viele Kunden Rückerstattungen verlangen.

Was können Verbraucher und Unternehmen tun, die in der Vergangenheit zu hohe Gebühren verlangt haben?

Markus Trude: Weder Verbraucher noch Unternehmen haben zu hohe Gebühren verlangt. Die Banken haben unberechtigt einseitig die Bankgebühren erhöht und damit zu hohe Gebühren vereinnahmt. Zurückerstattet erhält man diese nur, wenn man die Zuvielzahlung geltend macht. Von sich aus werden die Banken nicht tätig werden.

Einige Banken reagieren auf Klagen mit Kontokündigungen. Sind die Kündigungen rechtswirksam?

Markus Trude: Nach derzeitiger Rechtslage können Girokonten jederzeit von der Bank gekündigt werden. Die Kündigungen von Girokonten dürften rechtswirksam sein. Bei anderen Konten kommt es auf die Kontoart an.

Die Finanzlobby an die Bundesregierung beklagt, dass den Banken hohe Belastungen drohen. Ist das Wolfsgejammer oder eine berechtigte Sorge?

Markus Trude: Ich schätze die Rückforderungen, denen sich die Banken ausgesetzt sehen, als nicht existenzgefährdend an. Der Schaden ist aber durchaus beträchtlich. Die Banken werden einige Zeit benötigen, um auf der Einnahmenseite die zukünftig nun nicht mehr so einfach möglichen Erhöhungen von Gebühren zu kompensieren. Das dürfte die höhere Belastung darstellen. Auch wird man das nicht für jede Bank gleich bewerten können. Banken, deren hauptsächliches Geschäftsmodell das Girokonto und der Zahlungsverkehr sind, sind weit stärker betroffen als Banken, die z. B. im Wesentlichen vom Kreditgeschäft oder Anlageberatung leben. Langfristig werden die Banken diese Belastungen natürlich an die Kundinnen und Kunden weitergeben. Schließlich erbringen die Banken eine Leistung. Und Leistungen sind zu bezahlen. Keiner arbeitet umsonst.

Könnten einige Banken durch das BGH-Urteil tatsächlich in finanzielle Schieflage geraten?

Markus Trude: Ich halte das nicht für ausgeschlossen, aber für eher unwahrscheinlich. Es müssten weitere Faktoren hinzutreten.

Herr Trude, vielen Dank für das Gespräch!

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