Olaf Fricke: Durchsetzung des Willens des Erblassers

Interview mit Olaf Fricke
Olaf Fricke ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei Anja Bleck-Kentgens, Olaf Fricke, Frank Kentgens Rechtsanwälte und Steuerberater in Bochum. Mit ihm sprechen wir über Aufgaben eines Testamentsvollstreckers, Beauftragung sowie Mindestanforderungen.

Obwohl es nicht immer sinnvoll und erwünscht ist, bekommen die Erben mit dem Tod des Vermögensinhabers uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Vermögen des Erblassers. Was sind die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers und in welchen Situationen ist es sinnvoll einen Testamentsvollstrecker zu beauftragen?

Olaf Fricke: Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist vereinfacht gesagt, die Durchsetzung des Willens des Erblassers. Die Aufgaben können unterschiedlicher Natur sein und je nachdem ob lediglich die Abwicklung des Nachlasses, eine dauerhafte Verwaltungstätigkeit des Nachlasses, die Durchsetzung bestimmter Ansprüche (z.B. Vermächtnisse) gewünscht werden oder auch wenn z.B. eine sog. Nacherbenregelung sichergestellt werden soll. Sinnvoll ist die Einrichtung einer Testamentsvollstreckung, wenn die Durchsetzung der vorgenannten Ziele aus der Sicht des Erblassers eine Absicherung erfahren soll.

Die Person des Testamentsvollstreckers bestimmt maßgeblich den Erfolg jeder Testamentsvollstreckung. Welche Mindestanforderungen sollte ein Testamentsvollstrecker erfüllen?

Olaf Fricke: Grundsätzlich kann jede natürliche oder juristische Person das Amt des Testamentsvollstreckers bekleiden. Bei der Einsetzung einer natürlichen Person muss diese zumindest volljährig sein. Bei einer juristischen Person, die zum Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, wird das Amt regelmäßig durch das entsprechende Organ (z.B. Geschäftsführer einer GmbH) ausgeübt. Das Amt erfordert neben den Fähigkeiten und neben einem großen Vertrauen des Erblassers auch rechtliche und wirtschaftliche Qualifikation der jeweiligen Person, insbesondere, wenn es sich um eine Unternehmenstestamentsvollstreckung handelt. Die Testamentsvollstreckung ist im Zweifel mit hohen Risiken verbunden. Die Aufgaben des Testamentsvollstreckers hängen von der Art der Testamentsvollstreckung ab. Geht man von der zumeist häufigsten Form, die auf die Abwicklung des Nachlasses gerichtete Testamentsvollstreckung aus, ist seine Aufgabe im Wesentlichen darauf ausgerichtet, zunächst den Umfang des Nachlasses genauestens zu ermitteln, gegebenenfalls bestehende Verbindlichkeiten zu begleichen und letztlich den Nachlass abzuwickeln, d. h. auseinanderzusetzen. Ist dabei eine Teilung nicht ohne weiteres in Natur möglich, wie dies z.B. bei Geld oder Wertpapieren der Fall ist, muss der Testamentsvollstrecker den Nachlass gegebenenfalls verwerten. Die Verwertung selbst erfolgte sodann auf der Grundlage eines zu errichtenden Auseinandersetzungsplanes. Die am Nachlass Beteiligten sind in dem Zusammenhang anzuhören und können sich im Zweifel auch gegen die Festsetzung des Testamentsvollstreckers gerichtlich wehren. Der Testamentsvollstrecker ist zudem den Erben gegenüber Auskunft- und Rechenschaftspflichtig.

Welche Rechte und Pflichten müssen Testamentsvollstrecker befolgen?

Olaf Fricke: In nicht seltenen Fällen kommt es vor, dass der Nachlass überschuldet ist. Der Testamentsvollstrecker ist dann verpflichtet die Erben gegenüber den Gläubigern durch eine entsprechende sogenannten Dürftigkeitseinrede zu schützen.

Zu Lebzeiten soll eine Testamentsvollstreckung keine weiteren Kosten verursachen. Wie genau ist das zu verstehen?

Olaf Fricke: Der Grundsatz, dass die Testamentsvollstreckung keine weiteren Kosten verursacht, heißt grundsätzlich nicht, dass der Testamentsvollstrecker nicht auch eine Vergütung für seine Tätigkeit beanspruchen kann. Er soll das Vermögen aber nicht nur erhalten, sondern möglichst auch vermehren.

Unternehmen sind im Erbfall gesondert zu betrachten. Welche Besonderheiten gelten für die Testamentsvollstreckung von Unternehmensanteilen?

Olaf Fricke: Besonderheiten für die Testamentsvollstreckung von Unternehmensanteilen ergeben sich in vielfältiger und umfangreicher Weise. Vom Erblasser sollten regelmäßig erwogen werden, ob

  • es keinen geeigneten Unternehmensnachfolger gibt;
  • es zwar einen Unternehmensnachfolger gibt, er aber nicht die erforderliche Reife hat oder noch zu jung ist;
  • es lediglich noch um den geordneten Verkauf des Unternehmens geht;
  • es absehbar ist, dass es zwischen mehreren Erben ansonsten zu Streit kommen wird.

Die weitere Aufgabe und Pflichtenstellung des Testamentsvollstreckers hängen im Wesentlichen dann davon ab, welche gesellschaftliche Rolle der Erblasser im Unternehmen hatte. War der Erblasser z.B. Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, können daraus umfangreiche Rechte und Pflichten bis hin zur Übernahme der Unternehmen. Neben erbrechtlichen Überlegungen sind auch gesellschaftsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen. Hält die Führung einer Personengesellschaften in die Testamentsvollstreckung besteht grundsätzliche eine persönliche Haftung des Testamentsvollstreckers. Hier sind bei Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung die Möglichkeiten einer Haftungsbeschränkung z.B. durch Umformung der Gesellschaft in eine GmbH einzubeziehen. Die notwendige Berechtigung des Testamentsvollstreckers kann so weit gehen, dass selbst der Verkauf eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensteils in den Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers fällt. Die Rechtsprechung verlangt dafür aber bereits besondere Hinweise im Testament des Erblassers.

Herr Fricke, vielen Dank für das Gespräch!

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