Peter d’Oleire: „Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abschließen“

Interview mit Peter d’Oleire
Wir sprechen mit Rechtsanwalt Peter d’Oleire, Fachanwalt für Familienrecht von Dupré – Schmidt – d’Oleire Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, über das deutsche Scheidungsrecht.

Das Ende einer Ehe ist oft der Anfang heftiger juristischer Auseinandersetzungen. Welche sind die wichtigsten Regelungen im Scheidungsfall?

Peter d’Oleire: Wenn die Eheleute keinen notariellen Ehevertrag abgeschlossen haben, in welchem grundsätzlich die materiellen und immateriellen Folgen einer Trennung und Scheidung geregelt werden, gehören die Regelungen zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt sowie zur Vermögensauseinandersetzung zu den am heftigsten umstrittenen Regelungen, die gerade in der hochemotionalen Phase unmittelbar nach der Trennung häufig zu den streitigen Auseinandersetzungen führen, die letztendlich dann vor dem Familiengericht geklärt werden müssen. Daher gilt es, unmittelbar nach der Trennung die Ruhe zu bewahren und sich möglichst frühzeitig juristischen Rat einzuholen, um hier nicht Fehler zu begehen, die später nur schwer oder gar nicht rückgängig zu machen sind. Wenn kein notarieller Ehevertrag abgeschlossen wurde, sollte es daher immer das Ziel sein, mit dem jeweiligen Ehepartner eine möglichst einvernehmliche Regelung der sogenannten Folgesachen zu finden, die dann im Wege einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung schriftlich zu fixieren ist, wobei einige Regelungen beurkundungspflichtig sind wie beispielsweise der nacheheliche Unterhalt, wenn man sich hierüber bereits vor der Scheidung geeinigt hat. Im familiengerichtlichen Scheidungsverfahren wäre dann vom Gericht lediglich noch über die Scheidung selbst und den von Gesetzes wegen anlässlich einer Scheidung grundsätzlich zu regelnden Versorgungsausgleich (Ausgleich der Renten- und Versorgungsanwartschaften einschließlich betrieblicher und privater Altersvorsorge) zu entscheiden. Letzteren könnte man auch nach einer Trennung im Wege einer notariellen Vereinbarung ebenfalls ausschließen, allerdings bei einem Ungleichgewicht der jeweiligen Versorgungsanwartschaften in der Regel nur gegen eine meist nicht unerhebliche Kompensation.

Unternehmen stellen häufig ein großes, aber illiquides Vermögen dar. Was passiert mit Unternehmensanteilen im Scheidungsfall?

Peter d’Oleire: Die Unternehmensanteile verbleiben auch nach einer Trennung und Scheidung beim Inhaber der Anteile, allerdings werden diese Anteile im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung und dem diesbezüglich zu regelnden Zugewinnausgleich, falls man – wie bereits erwähnt – keinen Ehevertrag abgeschlossen hat, der etwas anderes regelt, bewertet und fließen in den Zugewinnausgleich ein, wobei die Familiengerichte im Streitfalle die Bewertung Sachverständigen überlassen und daher entsprechende Gutachten einholen, was nicht unerhebliche Kosten verursacht. Die Bewertung der Sachverständigen in deren Gutachten fließen dann in die Entscheidungen der Familiengerichte ein und werden Gegenstand der Entscheidungen zum Zugewinnausgleich.

Mit einem Ehevertrag lässt sich die Gütertrennung bereits bei Eheschließung vereinbaren. Was gehört unbedingt in einen solchen Vertrag?

Peter d’Oleire: Das hängt von den finanziellen Verhältnissen der Ehepartner zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab, insbesondere ob es beim Einkommen und beim vorhandenen Vermögen erhebliche Unterschiede gibt, da die Familiengerichte im Streitfall auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inzwischen eine zweistufige Prüfung vornehmen (müssen) und dabei die Angemessenheit der vertraglichen Regelungen sowohl zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als auch zum Zeitpunkt der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft überprüft werden. Für den Fall, dass hier ein erhebliches Ungleichgewicht festgestellt werden sollte, wird ein Ehevertrag entweder insgesamt als unwirksam angesehen oder es erfolgt eine Vertragsanpassung dahingehend, wie es die Parteien geregelt hätten, wenn sie den Streitpunkt bereits bei Abschluss des Vertrages gekannt hätten. Da die Regelung einer Gütertrennung auch erbrechtliche Folgen hat, ist bei Abschluss des Ehevertrages darüber hinaus genau abzuwägen, was gelten soll, wenn die Ehe nicht durch eine Scheidung, sondern durch den Tod eines Ehegatten beendet wird. Hier hat man beispielsweise die Möglichkeit, eine sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren, wonach der Zugewinnausgleich nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Ehe durch eine Scheidung beendet wird. Zudem kann man in einem Ehevertrag auch regeln, dass bestimmte Vermögensgegenstände wie z.B. Unternehmensanteile vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen sein sollen. Daher empfehle ich, dass sich der jeweilige Ehepartner vor Abschluss eines notariellen Ehevertrages rechtlichen Rat bei einem Fachanwalt für Familienrecht einzuholen, um seine Interessen im Vertrag angemessen berücksichtigt zu wissen, da die beurkundenden Notare zur Neutralität verpflichtet sind.

Auf welche Widerstände stoßen Sie im Alltag beim Aufsetzen von Eheverträgen?

Peter d’Oleire: Da das Aufsetzen von Eheverträgen wegen der Pflicht zur Beurkundung in Deutschland den Notaren vorbehalten ist, kann ich als Rechtsanwalt diese Frage nur allgemein dahingehend beantworten, dass die Regelungen im Ehevertrag möglichst ausgewogen sein sollten, damit nicht im Falle einer möglichen familiengerichtlichen Überprüfung eine teilweise oder volle Unwirksamkeit festgestellt werden kann mit der Folge, dass dann ersatzweise die gesetzlichen Regelungen gelten, die man ja mit den vertraglichen Regelungen gerade abändern wollte.

Welche Möglichkeiten gibt es, um auch im Streitfall einen jahrelangen Rechtsstreit nach der Trennung zu vermeiden?

Peter d’Oleire: Zunächst natürlich den Abschluss eines Ehevertrages während einer intakten Ehe, weil sich die Ehepartner zu diesem Zeitpunkt in der Regel gleichberechtigt gegenüberstehen und sich die Ehe (noch) nicht in einer Krise befindet, die immer emotionale Folgen hat. Sollte im Falle einer Trennung kein Ehevertrag existieren, ist es erstrebenswert, mit anwaltlicher Hilfe eine sogenannte Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung mit dem – möglichst ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertretenen – Ehepartner abzuschließen, um sämtliche Folgesachen einvernehmlich zu regeln, was insbesondere dann erstrebenswert ist, wenn minderjährige Kinder vorhanden sind.

Was raten Sie jungen Ehepaaren, um auch nach einer möglichen Trennung nicht voller Hass voneinander zu gehen?

Peter d’Oleire: Zunächst einmal aus Sicht eines Rechtsanwalts natürlich, möglichst frühzeitig im Wege eines Ehevertrages die Folgen für den Fall einer Trennung und Scheidung einvernehmlich zu regeln. Da die meisten Paare allerdings zu Beginn ihrer Ehe nicht daran denken, dass sie zukünftig irgendwann einmal auch wieder getrennte Wege gehen könnten, sollte man versuchen, möglichst ohne Emotionen mit dem Partner Regelungen zu finden, mit denen beide Ehepartner leben können, auch wenn man in dem einen oder anderen Punkt nachgeben und damit auf den anderen Ehegatten zugehen muss. Denn erfahrungsgemäß werden unmittelbar nach der Trennung in der hochemotionalen Phase Umstände geschaffen, die später nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Insofern gilt es, gegebenenfalls mit Beteiligung Dritter wie Mediatoren oder Rechtsanwälten eine sachliche Auseinandersetzung zu führen, wenn die ersten Emotionen im Zusammenhang mit der Trennung vorbei sind.

Herr Rechtsanwalt d’Oleire, vielen Dank für das Gespräch.

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