Regelung der Scheidungsfolgen in guten Zeiten in einem Ehevertrag festlegen

Interview mit Frau Rechtsanwältin Clara Lankuttis
Wir sprechen mit Frau Rechtsanwältin Clara Lankuttis, in der Kanzlei Klemm & Partner mbB im Familien- und Erbrecht tätig, über Ehescheidung und Scheidungsfolgen.

Das Ende einer Ehe ist oft der Anfang heftiger juristischer Auseinandersetzungen. Welche sind die wichtigsten Regelungen im Scheidungsfall?

Clara Lankuttis: Zu den wichtigsten Regelungen zählt zum einen der Bereich Unterhalt, der den Trennungsunterhalt (auch außerhalb eines Scheidungsverfahrens und im laufenden Scheidungsverfahren) bis zur Scheidung und den nachehelichen Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung erfasst. Häufig und im Wesentlichen abhängig von der Dauer der Ehezeit besteht dabei Streit über die Dauer eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs, also dessen Befristung und die Frage, inwieweit dann unbefristet eventuelle ehebedingte Nachteile durch Eheschließung und/oder Erziehung gemeinsamer Kinder auf der Unterhaltsebene auszugleichen sind. Zum anderen der Bereich der Auseinandersetzung um das von dem jeweiligen Ehegatten während der Dauer der Ehe erworbene Vermögen, also den hälftigen Ausgleich des Zugewinns, den ein Ehegatte gegenüber dem anderen Ehegatte am Ende der Ehezeit mehr erworben hat. Daneben gibt es noch andere Bereiche wie die Aufteilung der gemeinsamen Haushaltsgegenstände, das Schicksal der Ehewohnung und/oder einer gemeinsamen Immobilie oder aber sorge- und umgangsrechtliche Fragen betreffend gemeinsame Kinder, die je nach familiärer Situation regelungsbedürftig sein können oder die Höhe des für gemeinsame Kinder zu zahlenden Unterhaltes.

Unternehmen stellen häufig ein großes, aber illiquides Vermögen dar. Was passiert mit Unternehmensanteilen im Scheidungsfall?

Clara Lankuttis: Zunächst stellen sie Vermögen dar, das im Rahmen des Zugewinns bewertet werten und ggf. in Geld hälftig ausgeglichen werden muss, soweit der Zugewinn des betreffenden Ehegatten den Zugewinn des anderen Ehegatten übersteigt . Eine Teilung in natura sieht das Gesetz nicht vor. Der andere Ehegatte hat also keinen Anspruch auf Übertragung von Unternehmensanteilen. Um an dieser Stelle Streit über den Wert und insbesondere eine Gefährdung der zukünftigen Liquidität des Unternehmens zu vermeiden bietet es sich an, eine ehevertragliche Modifizierung des gesetzlich vorgesehen Zugewinnausgleichs in der Weise vorzunehmen, dass die betreffenden Unternehmenswerte bei der Berechnung eines eventuellen Zugewinnausgleichs unberücksichtigt bleiben sollen. Es besteht auch die Möglichkeit sich auf einen Schiedsgutachter für die Wertfeststellung zu einigen.

Mit einem Ehevertrag lässt sich die Gütertrennung bereits bei Eheschließung vereinbaren. Was gehört unbedingt in einen solchen Vertrag?

Clara Lankuttis: Die ehevertragliche Vereinbarung von Gütertrennung spielt in der Praxis oftmals eine geringere Rolle als die Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft. Grund dafür und Unterschied zwischen beiden Modalitäten ist, dass bei der Vereinbarung von Gütertrennung auch der erbrechtlich vorgesehene pauschalierte Zugewinnausgleich ausgeschlossen wird. Dies ist häufig nicht gewollt. Vielmehr ist häufig gewollt und sollte deshalb vor Eingehung der Ehe auch erörtert werden, ob und inwieweit von einem der beiden Ehegatten Vermögenssteigerungen von solchem Vermögen bei der Berechnung eines Zugewinns unberücksichtigt bleiben sollen, welches ein Ehegatte mit in die Ehe gebracht hat oder während der Dauer der Ehe ererbt oder mit Rücksicht auf ein zukünftiges Erbrecht geschenkt erhalten hat. Denn entgegen in der Bevölkerung weit verbreiteter Ansicht bleibt solches Vermögen ohne ehevertragliche Regelung keineswegs generell unberücksichtigt. Vielmehr gilt das nur für den Wert dieser Vermögenswerte bei Eheschließung oder Zufluss während der Ehe. Vermögenssteigerungen, die z.B. bei Unternehmen oder auch bei Immobilien während der Ehezeit ganz erheblich sein können, würden ohne ehevertragliche Regelungen zum Zugewinn zählen. Dies ist oft nicht gewollt und würde durch die Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft interessengerecht gestaltet werden können. Unbedingt ratsam ist ferner, vor Eheschließung die zukünftige Rolle einschließlich der Betreuungsmodalitäten und in dem Zusammenhang aufzunehmende Nachteile bei der Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder zu erörtern und in diesem Zusammenhang die Frage eines Ausgleichs solcher Nachteile für den Fall der Scheidung der Ehe. Dies schafft Klarheit für die diesbezügliche Gestaltung in der Ehe und vermeidet Missverständnisse und zukünftigen oft dann viel schlimmeren Streit.

Auf welche Widerstände stoßen Sie im Alltag beim Aufsetzen von Eheverträgen?

Clara Lankuttis: Natürlich möchten die wenigsten schon vor der Heirat an eine Scheidung denken.  Der Wunsch eines Ehegatten nach einem Ehevertrag löst oftmals bei dem anderen Ehegatten deshalb Misstrauen aus. Befürchtungen oder auch Verletzungen entstehen dann bei der Unterstellung, der andere Ehegatte denke schon bei Eheschließung an die Scheidung und wechselseitig kann dies zu einem Vertrauensverlust führen. Dazu gehört auch die Sorge des meist wirtschaftlich schwächeren Ehegatten, durch einen solchen Vertrag in dem eigenen Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe enttäuscht und wirtschaftlich benachteiligt zu werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, um auch im Streitfall einen jahrelangen Rechtsstreit nach der Trennung zu vermeiden?

Clara Lankuttis: Die Regelung der Scheidungsfolgen sollte im besten Fall bereits in guten Zeiten in einem Ehevertrag festgehalten werden. Selbst während der Ehe einschließlich der Zeit nach einer Trennung gibt es noch die Möglichkeit, eine notariell zu beurkundende Scheidungsfolgenvereinbarung zu treffen. Insbesondere in sehr komplexen und hochstrittigen Scheidungsverfahren hat sich darüber hinaus das Instrument einer gerichtsnahen Mediation als gute Möglichkeit herausgestellt, zu einer Gesamtlösung zu kommen. Anders als in streitigen Gerichtsverfahren möglich, kann hier viel Zeit darauf verwandt werden, gemeinsam eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden, die teilweise auch Möglichkeiten beinhaltet, die das Gesetz nicht vorsieht, so etwa Abfindungszahlungen beim Unterhalt oder die Übertragung von Immobilienanteilen auf den anderen Ehegatten.

Was raten Sie jungen Ehepaaren, um auch nach einer möglichen Trennung nicht voller Hass voneinander zu gehen?

Clara Lankuttis: Man sollte sich, bevor man eine Ehe eingeht, gemeinsam Gedanken darüber machen, wie man sich die Rollenverteilung in der Ehe und das gemeinsame Wirtschaften vorstellt und entsprechend diesen Vorstellungen eine ehevertragliche Regelung treffen, wenn und soweit die gesetzliche Regelung von den gemeinsamen Vorstellungen abweicht. Dazu empfiehlt sich z.B., einen Beratungstermin bei einem auf Familienrecht spezialisierten Anwalt wahrzunehmen, um sich über die rechtlichen Wirkungen einer Eheschließung und natürlich auch deren Scheidung und Scheidungsfolgen zu informieren. Zum Beispiel sollten junge Ehepaare sich überlegen, wie sie die Betreuung möglicher gemeinsamer Kinder mit beruflichen Zielen und Karrierevorstellungen vereinbaren wollen, d.h. ob z.B. ein Elternteil zuhause bleiben wird und beruflich kürzer tritt, was natürlich unterhaltsrechtliche Folgen hätte. Haben einer oder beide Ehegatten zu Beginn der Ehe schon relativ viel Vermögen oder ist mit nennenswerten Erbschaften oder Schenkungen z.B. von Eltern zu rechnen, so sollte man sich überlegen, ob und in welchem Umfang eine Partizipation des anderen an der Wertsteigerung dieses Vermögens für fair erachtet wird.

Frau Rechtsanwältin Lankuttis, wir bedanken uns für das Gespräch.

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