Retten, was zu retten ist – Dr. Walter Späth

Interview mit Dr. Walter Späth
Dr. Walter Späth ist Partner der Berliner Kanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte mbB. Im Interview spricht er über die Voraussetzungen für Schadersatzklagen gegen Finanzberater.

Finanzberater agieren häufig provisionsgetrieben. Welche einschlägigen, rechtlichen Vorschriften gelten für Vermittler von Kapitalanlagen?

Dr. Walter Späth: Ein Berater darf dem Kunden nur Finanzinstrumente vermitteln, die für ihn geeignet sind und seinen Anlagezielen und dem Anlagerisiko des Kunden entsprechen. Bei jeder Anlageberatung muss dem Kunden eine ausgedruckte oder elektronische Erklärung über die Geeignetheit der Anlage ausgehändigt werden. Nach einer Beauftragung müssen Zeitpunkt und Ort der Besprechung, anwesende Personen sowie Angaben zum Auftrag usw. selbst festgehalten werden.

Im Grauen Kapitalmarkt, z.B. P&R Container, S&K und Co., kommt es regelmäßig zu Millionenschäden. Welche Prüfpflichten haben Finanzberater vor der Vermittlung dieser Kapitalanlagen?

Dr. Walter Späth: Ein Anlageberater schuldet immer eine anleger- und objektgerechte Beratung. Das heißt, er muss prüfen, ob die Anlage zum jeweiligen Anleger passt und dessen Chancen- und Risikobereitschaft, außerdem schuldet der Anlageberater eine eigene „Plausibilitätsprüfung“ der Anlage, das heißt, er muss prüfen, ob die vom Initiator gemachten Angaben plausibel sind, z.B., ob ein Verkaufsprospekt erforderlich ist und vorliegt, die Seriosität des Initiators, ob die wirtschaftliche Plausibilität und Tragfähigkeit der Anlage gegeben sind, ob z.B. gemachte Renditeversprechen realistisch erzielt werden könnten, etc.

Immer wieder gelingt es Schadenersatz von Finanzberatern vor Gericht zu erstreiten. Auf welcher gesetzlichen Grundlage?

Dr. Walter Späth: Eine Haftung von Anlageberatern kommt vor allem aufgrund der gesetzlichen Regelungen der „culpa in contrahendo“ bzw. gem. §§ 280, 311, 249 BGB in Betracht, in selteneren Fällen auch aus unerlaubter Handlung gem. § 826 BGB, wenn vorsätzlich falsche Angaben gemacht werden oder Betrug vorliegt.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Berater schadenersatzpflichtig werden?

Dr. Walter Späth: Wenn der Anlageberater die obigen Voraussetzungen zur anleger- und objektgerechten Beratung nicht einhält, so macht er sich gegenüber dem Anleger schadensersatzpflichtig, d.h., der Anleger kann den Schaden ersetzt verlangen, der ihm durch das Eingehen der für ihn ungeeigneten Beteiligung entstanden ist. Im Endeffekt kann der fehlerhaft beratene Anleger also verlangen, so gestellt zu werden, als ob er die ungeeignete Anlage nicht gezeichnet hätte und somit den Anlagebetrag „Zug um Zug“ gegen Abtretung der fehlerhaften Beteiligung vom Anlageberater zurückverlangen.

Lohnt sich ein schnelles Vorgehen im Schadensfall, z.B. bei Verdacht auf ein Schneeballsystem oder können sich Anleger auch Zeit lassen und in Ruhe abwarten wie sich der jeweilige Fall entwickelt?

Dr. Walter Späth: Ob sich ein schnelles Vorgehen lohnt oder ein Abwarten, muss immer im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. In diversen Fällen lohnt sich ein schnelles Vorgehen, z.B. bei einem Verdacht auf ein Schneeballsystem/Betrugsverdacht, um noch „zu retten, was zu retten ist“, in anderen Fällen lohnt es sich, abzuwarten, bis z.B. erste Urteile zu dem Fall verfügbar sind und die Chancen besser einschätzen zu können.

In vielen Fällen werden Interessensgemeinschaften gegründet, um Anlegerinteressen zu bündeln. Was halten Sie persönlich von solchen Initiativen?

Dr. Walter Späth: Interessengemeinschaften können ein sinnvolles Mittel sein, um Informationen für alle Geschädigten zu bündeln und um z.B. ein kostengünstigeres Vorgehen für alle Betroffenen zu ermöglichen. Allerdings sind nicht alle Initiatoren einer Interessengemeinschaft kompetent, außerdem hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass diverse Interessengemeinschaften von Vermittlern/Anlageberatern „ins Leben“ gerufen wurden, und dann oftmals der „Deal“ dieser Interessengemeinschaften darin bestand, dass gegen die Vermittler/Berater nicht vorgegangen wird, obwohl dies in diversen Fällen für die Anleger die einzige Möglichkeit war, Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend zu machen.

Wenn sich der Anleger einer Interessengemeinschaft anschließt, sollte er fragen, ob diese wirklich gegen alle in Betracht kommenden Verantwortlichen vorgeht (also im Zweifelsfall auch die Vermittler/Berater der Anlage) und welche Kosten ihm durch die Mitgliedschaft entstehen und welche Leistungen er dafür zu erwarten hat.

Herr Dr. Späth, vielen Dank für das Gespräch.

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