Schadensfallregulierung einfach erklärt

Interview mit Dr. Alexander T. Schäfer
Wir sprechen mit Fachanwalt im Versicherungsrecht Dr. Alexander T. Schäfer über Schadensfallregulierungen. Denn viele Menschen kennen die Ärgernisse, die man mit der Versicherung bei einem Schadensfall hat. Welche Rechte und Möglichkeiten man hier als Versicherungsnehmer hat sowie ob und wann die Versicherung tatsächlich zahlen muss, wird im Folgenden von Dr. Schäfer näher erläutert.

Sie sind Fachanwalt für Versicherungsrecht. Was macht dieses Rechtsgebiet besonders?

Es ist die Kombination von Rechtsfragen (z.B. Auslegung von Versicherungsbedingungen) und Tatsachenfragen, wie dem Geschehensablauf und der Bezifferung des Schadensumfanges. Hier ist dann regelmäßig die Zusammenarbeit mit externen Experten gefragt. Denn als Jurist kann ich Rechtsfragen beantworten. Wie hoch die Kosten zur Beseitigung eines Wasserschadens sind oder ob jemand aufgrund einer Erkrankung berufsunfähig ist, muss ein Sachverständiger aus dem jeweiligen Fachgebiet beantworten. Zudem hat eigentlich jede Person Versicherungen und wird im Laufe des Lebens mehrfach Leistungen aus Versicherungen beanspruchen. Daher ist das Thema sehr alltagsrelevant.

Im Schadensfall ist man froh versichert zu sein, doch häufig kommt es dann zu Auseinandersetzungen mit dem Versicherer. Was sind die regelmäßigen Streitpunkte bei der Schadensregulierung?

Es gibt regelmäßig zwei Streitpunkte: Zum einem, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt und zum anderen, wie hoch der Schaden ist. Bei dem ersten Punkt geht es vorwiegend um juristische Fragen, etwa ob Ausschlussklauseln aus den Versicherungsbedingungen greifen. Der zweite Punkt spielt sich mehr auf der tatsächlichen Ebene ab. Die Frage des Schadensumfanges ist eigentlich immer strittig, weil etwa Reparaturkosten unterschiedlich berechnet werden können. Anders ist es nur, wenn es sich um eine Versicherung handelt, bei – unabhängig von der Schadenshöhe – eine festgelegte Summe ausgezahlt wird, so zum Beispiel in der Privaten Unfallversicherung.

Gerade bei großen Schadenssummen spielen die Versicherer gerne auf Zeit und unterbreiten niedrige Angebote. Ist das eine Masche, um die vollständige Schadensregulierung zu umgehen?

Ja, das ist regelmäßig zu beobachten, vor allem bei großen Beträgen. Die Versicherer gehen leider davon aus, dass der Versicherungsnehmer auf eine Zahlung angewiesen ist und sich im Zweifelsfall mit weniger zufrieden gibt als ihm zusteht. Viele sind von der langen Dauer auch schlichtweg genervt und möchten die Sache irgendwann nur noch zum Abschluss bringen. Außerdem sind die Kosten eines Gerichtsverfahrens mitunter sehr hoch, insbesondere wenn Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Ohne Rechtsschutzversicherung überlegt man es sich zweimal, ob man das Risiko eingeht, zusätzlich zum Schaden auch noch Geld durch ein Gerichtsverfahren zu verlieren.

Ab welchem Zeitpunkt sollte ein Anwalt eingeschaltet werden?

Spätestens wenn der Versicherer die Leistungen ablehnt oder es auf eine Leistungsablehnung hinausläuft. Bei großen Versicherungssummen und insbesondere, wenn die Existenz von der Leistungsgewährung abhängt, z.B. bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, sollte man sich von Anfang an anwaltlich vertreten lassen, weil hier Fehler bei der Schadensmeldung sich im Nachhinein nur schwer korrigieren lassen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, um seine Ansprüche durchzusetzen?

Neben der Unterstützung durch einen Anwalt gibt es für Versicherungsnehmer verschiedene (kostenfreie) Möglichkeiten: Etwa der Ombudsmann für Versicherungen bzw. der Ombudsmann für die private Krankenversicherung. Diese können unkompliziert und online eingeschaltet werden und ihre Entscheidungen sind – in bestimmten Fällen – für die Versicherer bindend. Mitunter kann auch eine direkte Beschwerde beim Vorstand des Versicherers oder bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) das Verfahren zumindest beschleunigen. Wenn alles nichts hilft, bleibt aber nur der Gang vor Gericht.

In Versicherungsverträgen gibt es häufig Klauseln, um die Schadensregulierung zu umgehen. Was kann man machen, wenn der Versicherer zurecht nicht zahlt?

Man sollte dies zunächst anwaltlich prüfen lassen. Es kann ja sein, dass der Versicherer wirklich nicht zahlen muss. Aber auch wenn das so ist, gibt es noch Möglichkeiten. Zum einen zahlen Versicherer manchmal aus Kulanz einen Teilbetrag (etwa bei langer Versicherungsdauer). Zum anderen ist es häufig auch nicht eindeutig, ob eine Leistungspflicht besteht. Der Versicherer ist dann mitunter bereit, sich auf einen Vergleich einzulassen, weil das auch für ihn die günstiger Lösung darstellen kann.

Herr Dr. Schäfer, vielen Dank für das Interview.

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Dr. Alexander T. Schäfer

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