Stefan Schmid: Nicht jeder Mangel führt zu Rechten des Käufers

Interview mit Stefan Schmid
Stefan Schmid ist Rechtsanwalt in Dresden. Im Interview spricht er über baubegleitende Rechtsberatung, Besonderheiten beim Kauf einer Immobilie sowie die Vorgehensweise bei Feststellung von Baumängeln.

Immer wieder hört man von Häuslebauern oder Immobilienkäufern, dass es Probleme gibt. Was versteht man eigentlich unter baubegleitender Rechtsberatung?

Stefan Schmid: Unter einer baubegleitenden Rechtsberatung ist die rechtliche Begleitung des / der Bauherren bei den anstehenden Baumaßnahmen zu verstehen, sowohl im außergerichtlichen, als auch im gerichtlichen Bereich. Zu beachten ist dabei, dass diese Beratung schon vor dem Kauf oder vor Baubeginn einsetzen sollte, da man Fehler oder ungünstige Klauseln in den abzuschließenden Verträgen nach Beginn der Baumaßnahme nur noch sehr schwer korrigieren kann. Eine baubegleitende Rechtsberatung sollte daher als eine Beratung des / der Bauwilligen oder Kaufwilligen vom ersten Vertragsentwurf an bis zum Ablauf möglicher Gewährleistungsfristen verstanden werden. Der Umfang richtet sich nach den Wünschen des Mandanten und umfasst die Prüfung von Verträgen, die Verhandlungsführung bei Vertragsverhandlungen und die Beratung bei Problemen während und nach der Bauphase bei mangelhafter Leistungserbringung durch die Vertragspartner.

Welches sind die typischen „Fallstricke“, auf die ein Käufer einer Immobilie achten sollte?

Stefan Schmid: Eine allgemeingültige Typisierung gibt es sicher nicht. Der Käufer eines sanierungsbedürftigen Altbaus muss auf andere Fallstricke achten, als der Käufer einer Eigentumswohnung vom Bauträger oder der Bauherr eines Einfamilienhauses.

Viele angebotene Verträge sind jedoch hinsichtlich der wechselseitigen Rechte und Pflichten unausgewogen, da die Verträge vom Vertragspartner vorgegeben werden. Dies dürfte der maßgeblichste „Fallstrick“ sein. Häufig werden dabei Kaufpreisfälligkeiten zu Lasten des Käufers verschoben oder Gewährleistungsansprüche des Käufers / des Bauherrn verkürzt. Auch versuchen viele Verkäufer, sich überhöhte Sicherheiten für ihre eigenen Ansprüche geben zu lassen, ohne selbst Sicherheiten, wie Gewährleistungsbürgschaften, geben zu wollen. Problematisch sind ferner die Vereinbarungen von Fertigstellungsterminen und daran anknüpfende Strafregelungen beim Überschreiten der Termine. In jedem Fall muss aber der einzelne Vertrag und das einzelne Objekt betrachtet werden, um die tatsächlichen „Fallstricke“ zu finden.

Wann bzw. wohin soll ich den Kaufpreis überweisen? Nach Vertragsunterschrift auf das Konto des Verkäufers oder auf ein Notar-Anderkonto?

Stefan Schmid: Der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung bestimmt sich nicht nur nach der Vertragsunterschrift. In jedem Kaufvertrag sind sog. Fälligkeitsvorrausetzungen aufgezählt. Erst wenn diese durch den Notar bestätigt sind, erhält der Käufer eine Zahlungsaufforderung durch den Notar. Dann erst sind Zahlungen zu leisten. Ob die Zahlung auf ein Konto des Verkäufers oder auf ein Notaranderkonto zu leisten ist, ist im Kaufvertrag festgelegt. Immer dann, wenn man beim Verkäufer Risiken erkennt, ob dieser nach der Kaufpreiszahlung seine restlichen Verpflichtungen noch erfüllt, empfiehlt es sich, die Zahlungsabwicklung über ein Notaranderkonto zu vereinbaren.

Was macht man, wenn sich nach dem Kauf Baumängel ergeben oder Reparaturen notwendig werden?

Stefan Schmid: Auch dies richtet sich danach, was man gekauft hat. Wenn man ein „altes“ Haus gekauft hat, führt nicht jeder Mangel zu Rechten des Käufers. Nur dann, wenn eine gewisse Schwelle überschritten ist, können solche Rechte entstehen. Dies muss im Einzelfall geprüft werden.

Wenn man eine neu errichtete Immobilie gekauft hat, richtet sich die Gewährleistung nach dem Gewährleistungsrecht des BGB und zusätzlich nach den im Kaufvertrag vereinbarten Rechten. Als Grundsatz gilt dabei, dass man den Verkäufer oder die Baufirma erst einmal auffordern muss, die Mängel zu beseitigen. Diese haben ein sog. Nachbesserungsrecht. Erst wenn dieses Recht fehlschlägt, also eine Nachbesserung nicht mehr möglich ist, stehen dem Käufer bzw. dem Auftraggeber weitergehende Rechte wie Ersatzvornahme, Minderung oder Rücktritt vom Vertrag zu. Auch hier muss man sich jedoch den Einzelfall ansehen, da es oft von der Schwere des Mangels abhängt, welche Rechte einem zustehen.

Wie lange kann ich von dem Kaufvertrag zurücktreten?

Stefan Schmid: Anders als bei Kaufverträgen über Mobilien, kennt das Grundstücksrecht keine allgemeinen Rücktrittsrechte. Daher kann ein Rücktrittsrecht bereits entstehen, wenn der Verkäufer Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Vertrag nicht erfüllt, aber noch kein Spatenstich erfolgt ist. Andererseits kann ein solches Rücktrittsrecht auch erst Jahre nach der Übergabe des Objekts entstehen, wenn man z.B. herausfindet, dass der Verkäufer den Käufer über einen wesentlichen Mangel des verkauften Hauses getäuscht hat.

Was muss ich berücksichtigen, wenn 2 Personen die Immobilie zusammen erwerben?

Stefan Schmid: Ich muss auf alle Fälle angeben, in welchem Verhältnis die Käufer zueinanderstehen. Sie können entweder in einem gewissen Bruchteilsverhältnis kaufen, also z.B. 50:50, oder auch als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dann müssen sie hierzu noch einen weiteren Vertrag untereinander schließen, der das sog. Innenverhältnis zwischen den Käufern regelt. Dieser muss aber nicht beurkundet werden. Welche Form besser ist, entscheidet dabei häufig das Steuerrecht und muss im Vorfeld des Kaufes geklärt werden. Wenn im Bruchteilsverhältnis erworben werden soll, sollte auch geklärt werden, ob man sich gegenseitig zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigen will oder nicht.

Herr Schmid, vielen Dank für das Gespräch.

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