Sven Bohnert: Je komplexer das Vermögen, desto schwieriger wird die Testamentsvollstreckung

Interview mit Sven Bohnert
Sven Bohnert ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Die Rechtsmanufaktur in Baden-Baden. Mit ihm sprechen wir über Testamentsvollstreckung, Aufgabenbereiche sowie Besonderheiten.

Obwohl es nicht immer sinnvoll und erwünscht ist, bekommen die Erben mit dem Tod des Vermögensinhabers uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Vermögen des Erblassers. Was sind die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers und in welchen Situationen ist es sinnvoll einen Testamentsvollstrecker zu beauftragen?

Sven Bohnert: Testamentsvollstreckung erfolgt dann, wenn der Erblasser zu Lebzeiten in seiner letztwilligen Verfügung – Testament – die Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Die Aufgaben des Testamentsvollstreckers werden also durch den Erblasser definiert. Hier sind dem Erblasser keine Grenzen gesetzt. Er kann dem Testamentsvollstrecker/in die Aufgabe der Abwicklungsvollstreckung, der Verwaltungsvollstreckung und der Dauervollstreckung zuweisen. Abwicklungsvollstreckung bedeutet, dass der Testamentsvollstrecker lediglich den Nachlass nach den Wünschen des Erblassers zu verteilen, also abzuwickeln, hat. Unter einer Verwaltungsvollstreckung wird die dauerhafte oder zeitlich begrenzte Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker verstanden. Diese kann jedoch mit konkreten Weisungen durch den Erblasser verbunden werden. Wenn es dem Erblasser darum geht, dass eine zeitlich begrenzte Verwaltungsvollstreckung erfolgt und zu einem bestimmten Zeitpunkt der Nachlass erst weitergegeben werden soll, hat der Testamentsvollstrecker auch die Aufgabe diesen letzten Akt abzuwickeln. Man spricht daher von der Abwicklungsvollstreckung. Im Ergebnis zeigt sich, dass alle Aufgabenbereiche getrennt oder kombiniert vom Erblasser festgelegt werden können. Welche Aufgabe und welche Kombination von Aufgaben sinnvoll ist, ist eine Frage der Größe und Komplexität des Vermögens und der Persönlichkeitsstruktur des oder der Erben. Wenn der Erblasser z.B. weiß, dass der oder die Erben mit dem plötzlichen Zuwachs des Vermögens überfordert wäre, kann er – im Sinne des Vermögenserhaltes – dem durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung Rechnung tragen.

Die Person des Testamentsvollstreckers bestimmt maßgeblich den Erfolg jeder Testamentsvollstreckung. Welche Mindestanforderungen sollte ein Testamentsvollstrecker erfüllen?

Sven Bohnert: Das Gesetz kennt keine Mindestanforderungen. Jeder Erblasser, jede Erblasserin kann jede Person zum Testamentsvollstrecker bestimmten. Die entsprechende Person muss das Amt nicht annehmen. Wichtig ist daher, dass die Beteiligten bereits zu Lebzeiten eine offene Kommunikation pflegen. Je komplexer das Vermögen und die persönlichen Verhältnisse bzw. die Verhältnisse unter den Erben sind, desto schwieriger wird die Testamentsvollstreckung. Da Nachlassverzeichnisse erstellt werden müssen, Auskunftspflichten gegenüber den Erben bestehen und der Testamentsvollstrecker auch für die rechtlichen und steuerlichen Belange verantwortlich zeichnet, empfiehlt sich eine juristische Vorbildung.

Welche Rechte und Pflichten müssen Testamentsvollstrecker befolgen?

Sven Bohnert: Der Testamentsvollstecker setzt den Erblasserwillen durch. Er ist mithin lediglich diesem Willen verpflichtet. Rechte und Pflichten sind mithin fließend. Bei einer Verwaltungs- Dauer- und Abwicklungsvollstreckung hat der Testamentsvollstrecker gemäß den Weisungen des Erblassers zu agieren und den Nachlass im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu betreuen. Risikobehaftetes Verhalten, welches zur Gefährdung des Nachlasses führen kann, ist dabei nicht mehr von den weitreichenden Rechten der Testamentsvollstreckung gedeckt.

Zu Lebzeiten soll eine Testamentsvollstreckung keine weiteren Kosten verursachen. Wie genau ist das zu verstehen?

Sven Bohnert: Die Testamentsvollstreckung greift erst unter der Voraussetzung, dass a) der oder die Erblasser/in verstorben ist und b) der oder die Testamentsvollstrecker/in das Amt angenommen hat. Sodann bedarf es im Testament noch einer Regelung zur Vergütung der Testamentsvollstreckung. Gibt es eine solche Regelung nicht und wird die Testamentsvollstreckung angenommen, ist diese ohne Vergütung zu führen. Notwendige Auslagen (Porto usw.) wird der Testamentsvollstrecker dem Nachlass entnehmen können. Mehr aber auch nicht. Eine Testamentsvollstreckung, welche bereits zu Lebzeiten des oder der Erblasser/in mit Kosten verbunden wäre, ist zu hinterfragen.

Unternehmen sind im Erbfall gesondert zu betrachten. Welche Besonderheiten gelten für die Testamentsvollstreckung von Unternehmensanteilen?

Sven Bohnert: Ob eine Testamentsvollstreckung im Zusammenhang mit Unternehmensbeteiligungen sinnvoll und möglich bzw. uneingeschränkt möglich ist, ergibt sich aus den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Vor der Anordnung einer Testamentsvollstreckung wären daher diese rechtlichen Bedingungen anhand der Gesellschaftsverträge genau zu prüfen. Eine pauschale Beantwortung dieser Frage verbietet sich daher.

Herr Bohnert, vielen Dank für das Gespräch!

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