„Ausbau der Windenergie wird in Deutschland massiv blockiert“ – Katja Stommel (Volkswind)

Interview mit Katja Stommel
Katja Stommel ist CEO der Volkswind GmbH mit Sitz in Ganderkesee (Niedersachsen). Volkswind ist einer der führenden Windenergieerzeuger Europas und gehört seit 2015 zu Axpo. Volkswind hat bisher mehr als 70 Windparks mit einer installierten Leistung von insgesamt über 1.000 Megawatt realisiert. Im Gespräch spricht die Windkraftexpertin über den schleppenden Ausbau der Windenergie in Deutschland.

Windkraftanlagen haben 2019 einen Anteil von mehr als 21 Prozent zur Gesamtstromerzeugung beigetragen. Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf den Ausbau der der Windkraft in Deutschland?

Katja Stommel: Grundsätzlich lässt sich für das aktuelle Jahr eine leichte bis mittlere Verschiebung sowohl in der Umsetzung von Projekten als auch in der Planung neuer Projekte feststellen. Dies betrifft insbesondere auch Nachbarländer Deutschlands mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Auch im Hinblick auf internationale Lieferketten kann es zu weiteren Verzögerungen in der Beschaffung von Windturbinen kommen, hier war die Liefersituation auch ohne Corona schon sehr angespannt.

Der Bundestag hat den Mindestabstand von 1.000 Metern von Wohngebäuden gesetzlich festgelegt. Was sind die Konsequenzen?

Katja Stommel: Der Ausbau der Windenergie wird in Deutschland bereits massiv blockiert durch angefochtene Genehmigungsverfahren, stetig steigende Auflagen und Kostendruck. Pauschale Mindestabstände reduzieren das Leistungspotenzial der Windkraft um ein Vielfaches. Es ist zu beobachten, dass die Einführung einer Mindestabstandsregel in den jeweiligen Bundesländern zu einer starken Ausbremsung des Windkraftausbaus geführt hat. Auch in anderen Ländern ausserhalb Deutschlands sind ähnliche Auswirkungen solcher Regeln zu sehen. Aus planerischer Sicht ist eine standortabhängige Prüfung aller Belange und Beteiligten ein sinnvoller Ansatz, um die Ausbauziele der erneuerbaren Energien nicht nur auf dem Papier zu vollziehen.

Die Bundesländer dürfen von der 1.000 Meter-Regelung abweichen. Werden sich windkraftfreundlichere Regeln durchsetzen?

Katja Stommel: Es ist zu hoffen, denn der Zubau ist in Deutschland bereits ohne festgelegte Abstandsregeln fast vollständig zum Erliegen gekommen. Relevant wird dies auch im Hinblick auf die Erneuerung alter Anlagen, also das Repowering, die ebenso von den Abstandsregeln betroffen sein werden.

Durch das Konjunkturpaket wird die EEG-Umlage in Zukunft gedeckelt. Reicht diese Neuregelung um eine starke, deutsche Windkraftbranche zu erhalten?

Katja Stommel: Die Deckelung der EEG-Umlage ist kein Novum. Das Grundproblem ist, dass die deutsche Windindustrie sichtlich unter der fehlenden Umsetzung des Willens nach einer grünen Stromversorgung leidet.

Welche Änderungen an der aktuellen Gesetzlage wären notwendig, um die geplante Energiewende bis 2030 zu realisieren?

Katja Stommel: Es bräuchte Vergütungsregelungen für Anlagen, die aus der EEG Vergütung herausrausfallen, Grünstrommodelle, den zügigen Ausbau der Stromtrassen und Speichermöglichkeiten, flexible Abstandsregelungen, stärkere finanzielle Anreize für die Bürger und ein Gesetz, das einheitliche Umweltstandards definiert.

Gibt es Möglichkeiten für private Kapitalanleger sich an Windkraftprojekten zu beteiligen?

Katja Stommel: Der Kapitalmarkt bietet bereits heute grüne Geldanlagen in Form von Fonds, Genussrechten, Anleihen oder Aktien auch für private Kapitalanleger.

Welche Chancen und Risiken sind mit solchen Investments verbunden?

Katja Stommel: Mögliche Chancen liegen in den damit verbundenen tieferen Technologie- und Reputationsrisiken. Gegebenenfalls gibt es auch tiefere regulatorische Risiken bzw. im besten Fall regulatorische Chancen. Was die Risiken angeht, haben die Investoren weniger Diversifikationsmöglichkeiten aufgrund von Einschränkungen in Bezug auf den Emittenten. Zudem können gegebenenfalls je nach Laufzeiten, Land und Währung weitere Risiken auftreten. Außerdem handelt es sich um eher „junge“ Investments, was ebenfalls Risiken mit sich bringen kann.

Frau Stommel, viele Dank für das Gespräch.

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