Warum IT-Fachkräfte zu Architekten des Wandels werden

Interview mit Stanislav Kovtun
IT-Infrastruktur wird serviceorientierter und komplexer. Stanislav Kovtun von dostani IT erklärt, wie sich Rollen verändern, warum Widerstände entstehen und welche Kompetenzen künftig zählen.

Wie verändert sich die Rolle der IT-Fachkräfte in Unternehmen durch den Wandel der IT-Infrastruktur?
Die Rolle der IT-Fachkräfte entwickelt sich spürbar vom klassischen „Betreiber“ hin zum Gestalter, Berater und Service-Manager. Während früher viel Zeit in den Betrieb einzelner Systeme (Server, Storage, Patchen, Backup) floss, liegt der Fokus heute stärker auf Architektur, Automatisierung, Integration und Governance. Besonders im Cloud- und Hybrid-Umfeld übernehmen IT-Teams zunehmend die Aufgabe, Services zu orchestrieren, Risiken zu bewerten und die IT eng an Geschäftsprozessen auszurichten. Entscheidend wird dabei, technisches Know-how mit Prozess- und Kommunikationsstärke zu verbinden.

Welche Widerstände begegnen IT-Dienstleistern häufig, wenn es um die Umgestaltung von IT-Infrastrukturen geht?
In der Praxis begegnen IT-Dienstleistern bei der Umgestaltung von IT-Infrastrukturen immer wieder ähnliche Hürden. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Angst vor Kontrollverlust, insbesondere in internen IT-Abteilungen. Häufig besteht die Sorge, durch den Einsatz von Cloud-Lösungen oder externen Services an Bedeutung oder Einfluss zu verlieren. Hinzu kommt ein ausgeprägtes Bestandsdenken nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“. Funktionierende, aber technisch überholte Systeme werden aus Gewohnheit oder Unsicherheit nicht hinterfragt, selbst wenn bekannte Risiken bestehen.

Ein weiterer Hemmschuh sind Kostenmissverständnisse. Transformation wird oft ausschließlich als kurzfristige Investition wahrgenommen, während der langfristige Nutzen – etwa die Reduzierung von Betriebsrisiken, Ausfallzeiten und laufenden Kosten – in den Hintergrund tritt. Zudem entstehen in vielen Organisationen Schatten-IT-Strukturen, wenn Fachabteilungen eigenständig Cloud-Dienste nutzen, ohne die zentrale IT einzubeziehen. Dies führt später nicht selten zu Konflikten, Sicherheitslücken und Mehraufwand.

Erschwert wird die Transformation zusätzlich durch mangelnde Dokumentation und fehlende Transparenz. Viele IT-Landschaften sind historisch gewachsen, unzureichend dokumentiert und dadurch nur schwer nachvollziehbar, was eine strukturierte Modernisierung deutlich komplexer macht.

Gibt es ein konkretes Beispiel aus Ihrer Praxis, das zeigt, wie Unternehmen erfolgreich mit der Transformation ihrer IT-Infrastruktur umgehen?
Ein typisches Praxisbeispiel ist ein mittelständisches Umfeld mit historisch gewachsener Infrastruktur:

Ausgangslage: Lokaler Exchange, mehrere ältere Server, wenig Standardisierung, viele Einzellösungen und Abhängigkeiten. Dazu ein hoher operativer Druck, weil interne Ressourcen stark im Tagesgeschäft gebunden sind.

Vorgehen: Statt einer „Alles-auf-einmal“-Migration wurde ein schrittweiser Hybrid-Ansatz gewählt:

Stabilisierung und Transparenz (Inventarisierung, Dokumentation, Risikoanalyse)
Einführung klarer Security-Basics (MFA, rollenbasierte Zugriffe, Patch-/Backup-Standards)
Verlagerung geeigneter Workloads in Microsoft 365 (z. B. Mail/Kollaboration)
Standardisierung der Endgeräte- und Updateprozesse
Klare Rollenaufteilung und Einführung eines Co-Managed-IT-Ansatzes: interne IT als Prozess-/Business-Ansprechpartner, externer Dienstleister als Betriebs- und Spezialisten-Einheit

Ergebnis: Weniger Störungen, bessere Planbarkeit, höhere Sicherheit – und vor allem: interne IT gewinnt Zeit zurück, um sich stärker um Prozessverbesserungen und strategische Themen zu kümmern. Der wichtigste Erfolgsfaktor war die Roadmap mit messbaren Etappen statt eines „Big Bang“.

Welche Veränderungen nehmen Sie in der Zusammenarbeit zwischen internen IT-Abteilungen und externen Dienstleistern im Alltag wahr?
Die Zusammenarbeit wird zunehmend partnerschaftlich und prozessgetrieben. Externe Dienstleister werden weniger als „Feuerwehr“ gerufen, sondern häufiger als dauerhafter Baustein in Betrieb und Weiterentwicklung eingeplant. Gleichzeitig steigt die Bedeutung von klaren Prozessen (Tickets, SLAs, Change-Management, Regeltermine, Service-Reviews). In erfolgreichen Modellen ergänzen sich beide Seiten:

Interne IT kennt die Fachbereiche, Prioritäten und die Kultur des Unternehmens.
Externe Dienstleister bringen Skalierung, Spezialwissen, Vertretungssicherheit und häufig höhere Reaktionsfähigkeit.

Im Alltag zeigt sich: Je klarer Rollen und Kommunikationswege definiert sind, desto weniger Reibung entsteht – und desto schneller werden Projekte umgesetzt.

Welche Kompetenzen werden Ihrer Meinung nach in Zukunft entscheidend sein, um den Herausforderungen einer sich wandelnden IT-Infrastruktur gerecht zu werden?
Technisch
Cloud- und Hybrid-Architekturen, M365/Azure, Integrationen
Identity & Access Management als „neuer Perimeter“
Security (Zero Trust, Incident-Prävention/-Response, Security-Baselines)
Automatisierung (PowerShell, APIs, Infrastructure as Code)
Monitoring/Observability und saubere Standardisierung

Organisatorisch
Service Management (z. B. ITIL), sauberes Change-/Release-Management
Dokumentations- und Prozesskompetenz
Projektmanagement und Priorisierung

Menschlich/kommunikativ
Beratungskompetenz, Stakeholder-Management
Verständliche Kommunikation (auch für Nicht-Techniker)
Change-Management: Menschen durch Veränderungen führen

Wer diese Kompetenzen kombiniert, kann IT-Transformation nicht nur technisch umsetzen, sondern auch nachhaltig im Unternehmen verankern.

Fazit:
Die IT-Infrastruktur wird komplexer, abstrakter und serviceorientierter – die Rolle der IT-Fachkräfte wird dadurch wichtiger, nicht kleiner. Erfolgreich sind künftig diejenigen, die Technik, Prozesse und Menschen gleichermaßen verstehen und verbinden können.

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Stanislav Kovtun

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