Welche aktuellen Trends im Bereich der User Experience sehen Sie als besonders einflussreich für die Webagentur-Branche, und wie beeinflussen diese die Gestaltung von Webseiten?
Der prägendste Trend ist aus meiner Sicht kein neues Tool und keine neue Designrichtung, sondern eine klare Verschiebung der Erwartungen. Nutzer haben schlicht keine Geduld mehr für Umwege. Sie wollen schnell verstehen, ob ein Angebot relevant ist, und ebenso schnell den nächsten sinnvollen Schritt machen können. Das verändert die Gestaltung von Websites deutlich. Struktur, Lesbarkeit und eine klare Nutzerführung sind wichtiger als visuelle Effekte oder ausgefallene Interaktionen. Viele Seiten sind heute nicht zu schlicht, sondern zu voll – zu viele Botschaften, zu viele Ebenen, zu wenig Priorisierung.
Gleichzeitig ist Performance zu einem echten UX-Kriterium geworden. Eine langsame Website wirkt unprofessionell, unabhängig davon, wie gut sie gestaltet ist. Hinzu kommt das mobile Nutzungsverhalten: Bedienlogik, Navigation und Inhalte müssen sich an kleinen Screens orientieren, nicht an Desktop-Ideen.
UX bedeutet heute vor allem, konsequent zu entscheiden, was wirklich relevant ist – und den Rest wegzulassen.
Angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen, welche Herausforderungen sehen Sie für Webagenturen bei der Integration neuer UX-Trends in bestehende Kundenprojekte?
Die größten Hürden sind gewachsene technische Strukturen und interne Blockaden. Viele Bestandswebsites sind inhaltlich und technisch so komplex, dass echte UX-Verbesserungen nur eingeschränkt möglich sind. Zudem wird häufig erwartet, neue Trends ließen sich einfach ergänzen. Ohne saubere Datenbasis und klare Struktur führen Themen wie Personalisierung oder Künstliche Intelligenz jedoch eher zu zusätzlicher Komplexität als zu besserer UX.
Können Sie aus Ihrer Erfahrung berichten, welche praktischen Maßnahmen Webagenturen ergreifen sollten, um die Nutzerfreundlichkeit ihrer Projekte kontinuierlich zu verbessern?
Entscheidend ist, User Experience messbar zu machen und regelmäßig zu überprüfen. Klare Kennzahlen, UX-Klick-Tracking, kurze Review-Zyklen und gezielte Optimierungen sind wirksamer als große Relaunches.
Besonders häufige Hebel sind vereinfachte Formulare, eine klarere Navigation und verständlichere Inhalte. Auch Feedback aus Vertrieb und Kundenkontakt liefert wertvolle Hinweise auf reale UX-Probleme.
Inwiefern wird sich Ihrer Meinung nach die User Experience in den nächsten fünf Jahren weiterentwickeln, und welche Rolle werden Künstliche Intelligenz und Personalisierung dabei spielen?
Ich erwarte keine spektakulären Umbrüche, sondern eine weitere Professionalisierung. UX wird selbstverständlicher und weniger sichtbar. Nutzer merken nicht, dass etwas optimiert wurde – sie merken nur, dass es funktioniert.
Künstliche Intelligenz wird dabei vor allem im Hintergrund wirken: durch bessere Suchfunktionen, intelligentere Filter oder automatisierte Tests, die helfen, Inhalte und Strukturen kontinuierlich zu verbessern. Personalisierung wird gezielter eingesetzt werden, dort wo sie Orientierung schafft, nicht dort wo sie irritiert. Entscheidend bleibt das Thema Vertrauen. Gerade im europäischen Markt wird UX nur dann akzeptiert, wenn sie transparent bleibt und respektvoll mit Daten umgeht. Technik allein schafft keine gute User Experience.
Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von User Experience: Wie wichtig ist es für Webagenturen, sich regelmäßig an neue technologische Standards anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
Sie ist unerlässlich, um Websites langfristig wartbar und leistungsfähig zu halten. Performance, Sicherheit und Accessibility sind heute Grundanforderungen. Wer sie ignoriert, produziert Websites, die schnell an ihre Grenzen stoßen. Gleichzeitig ist es Aufgabe einer erfahrenen Agentur, nicht jedem Trend hinterherzulaufen. Wettbewerbsfähig bleibt, wer neue Technologien einordnen kann und entscheidet, was für ein konkretes Projekt sinnvoll ist – und was nicht.
Am Ende geht es nicht darum, technisch möglichst modern zu wirken, sondern langfristig tragfähige und effiziente Lösungen zu schaffen. Genau das ist aus meiner Sicht die eigentliche Verantwortung einer Webagentur.