„Es gibt drei sehr wichtige Versicherungen“ – Daniel Charles Bossenz (TauRes)

Interview mit Daniel Charles Bossenz
Daniel Charles Bossenz ist Chief Consultant für die Freier Finanz- und Vermögensberater. Im Interview spricht der Wirtschaftsjurist und Versicherungsfachmann über die Absicherung von Lebensrisiken und Strategien zum Vermögensaufbau.

Viele Menschen haben Probleme die Produktvielfalt am Versicherungsmarkt zu überblicken. Welche sind die häufigsten Lebensrisiken, die es abzusichern gilt?

Daniel Charles Bossenz: In Berlin würde ich sagen, dass die Fahrraddiebstahlversicherung wohl mit die wichtigste Versicherung ist. Grundsätzlich sage ich aber auch, dass man sich viele Versicherungen sparen kann, wenn man das notwendige Kleingeld hat. Es sollten in jedem Fall existenzbedrohende Risiken durch eine Haftpflicht und Berufsunfähigkeitsversicherung abgesichert werden und alles andere (z.B. Hausrat, Rechtsschutz oder Zahnzusatz) ist eher ein „nice to have“. Glasversicherungen, Sterbegeld oder eine Insassenunfallversicherung, welche oftmals mit einer Kfz-Versicherung angeboten wird, machen in den wenigsten Fällen Sinn und man könnte auf diese Absicherung auch verzichten. Bevor man versucht alles abzusichern sollte man lieber frühzeitig anfangen Geld zu sparen. Und mit Sparen meine ich nicht das Sparbuch, sondern eher einen Investmentsparplan mit Fonds oder ETFs. Denn mit dem nötigen Kleingeld auf der hohen Kante, kann man sich viele Versicherungen „sparen“.

Welche Versicherungen sollte jeder Mensch haben?

Daniel Charles Bossenz: Es gibt drei sehr wichtige Versicherungen, die jeder haben sollte, weil Sie letztendlich die Existenz absichern. Dazu zählt die Krankenversicherung, die aber in Deutschland als Pflichtversicherung auch unumgänglich ist. Wer einen Dritt- seinen Mitmenschen durch Leichtsinn oder Unvorsichtigkeit einen Schaden zufügt, haftet gemäß Gesetz dafür in voller Höhe mit seinem gesamten Vermögen. Die Haftung ist dabei unbegrenzt und kann in die Millionen gehen. Zur Absicherung dieser Schäden ist auch die private Haftpflichtversicherung ein Muss. Auch der Fall, dass man aufgrund von gesundheitlichen Problemen in seinen Beruf nicht mehr arbeiten kann, sollte abgesichert werden. Hier hilft die Berufsunfähigkeitsversicherung, die dann im Versicherungsfall eine monatliche Rente für die Zeit der Berufsunfähigkeit zahlt.

Welche Kosten sind mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung verbunden und wie wird die Beitragshöhe ermittelt?

Daniel Charles Bossenz: Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gehört zu den wichtigen Versicherungen, die jeder haben sollte und bewahrt vor einen finanziellen Absturz, wenn jemand zum Beispiel aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann. Ein früher Abschluss lohnt sich, denn je älter man beim Abschluss ist, desto schwerer wird es, ein gutes und günstiges Angebot zu finden. Der Beitrag ermittelt sich nach dem Eintrittsalter, Gesundheitszustand, Höhe der gewählten BU-Rente und des Endalters. Zusätzlich lassen sich auch wichtige Klauseln wie z.B. die Arbeitsunfähigkeits-Klausel (AU-Klausel) optional mit ins Bedingungswerk einschließen. Diese Klausel, die inzwischen fast alle BU-Versicherer anbieten, sollte in jedem Fall eingeschlossen werden.

In Deutschland herrscht Krankenversicherungspflicht. Was sind die Folgen, wenn man sich trotz der Pflicht nicht versichert?

Daniel Charles Bossenz: Seit 2009 besteht in Deutschland eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Durch die Einführung dieser Pflicht sollte die einst hohe Zahl von geschätzten 400.000 Bundesbürgern ohne Krankenversicherung im Jahr 2007 reduziert werden. Inzwischen sind es nur noch schätzungsweise 80.000 Bürger, wobei man aber davon ausgeht, dass die dunkle Zahl durch illegale Einwanderer und nicht gemeldete Obdachlose deutlich höher liegt. Die Folgen einer Nichtversicherung sind im Gesetz klar definiert. Denn für jeden Monat, in denen der Betroffene nicht versichert ist, fallen dennoch Beiträge an. Kehrt man dann später zu einer Krankenversicherung zurück beziehungsweise versichert sich erstmals, fällt neben den angehäuften Beitragsschulden auch ein Säumniszuschlag an. Dies ist oftmals auch der Grund, wieso für langjährig Nichtversicherte der Einstieg in das Krankenversicherungssystem aufgrund der Beitragsschulden oft nicht möglich ist. Diese Personengruppen müssen dann den Arztbesuch aus eigener Tasche zahlen.

Neben den gängigen Versicherungen heißt es auch für das Alter sparen. Lebens- und Rentenversicherungen werden aber seit Jahren nur noch schlecht verzinst. Zudem sind viele Lebensversicherer laut dem Bund der Versicherten in finanziellen Schwierigkeiten. Welche Alternativen bleiben sicherheitsorientierten Anlegern?

Daniel Charles Bossenz: Bereits 1998 bezeichnete der Spiegel die Kapital-Lebensversicherung als Legaler-Betrug aufgrund einer schlechteren Verzinsung als bei alternativen Anlageformen. In den letzten Jahren Niedrigzins ist die klassische Kapitallebensversicherung endgültig zum Auslaufmodell geworden und es war absehbar, dass die meisten Anbieter eine längere Niedrigzinsphase nicht überstehen werden. Bereits seit Beginn meiner Tätigkeit habe ich meinen Kunden aufgrund von hohen Kosten und einer niedrigen Rendite abgeraten, eine klassische Lebensversicherung abzuschließen. Sparer sollten bei der Wahl der Altersvorsorge darauf achten, dass der Sparvertrag fondsgebunden ist. Somit lässt sich die Anlage der Beiträge im Rahmen von Investmentfonds bzw. ETFs selbst gestalten und später auch anpassen, falls die anfangs gewählte Anlagestrategie geändert werden muss.

In Deutschland ist die Aktionärsquote sehr niedrig. Sollten mehr Menschen den Gang an die Börse wagen?

Daniel Charles Bossenz: Wenn man sich etwas mit Mathematik auseinandersetzt, so bleibt an sich keine Wahl mehr. Es gibt kaum noch andere sinnvolle Möglichkeiten sein Geld anzulegen außer in Aktien bzw. Investmentfonds. Wir haben bereits seit Jahren das Problem, dass es keine Zinsen mehr auf Tagesgeldkonto oder aufs Festgeld gibt. Entgegen haben wir jedoch jährlich eine Inflation von 2% bzw. 3 bis 4% inoffizielle Inflation in Städten wie Berlin, Hamburg oder München. Dies liegt vor allem an den gestiegenen Mieten. Auch die aktuelle Rettungspolitik wegen der Corona-Krise und dem Drucken von Milliarden von Euro wird dazu führen, dass es auch in den nächsten Jahren niedrige Zinsen und eine relativ hohe Inflation geben wird. Es gibt also nicht viele Möglichkeiten sein Geld flexibel und renditeträchtig anzulegen außer an der Börse. Trotzdem sollte man sich vor dem Investieren ausreichend informieren oder einen unabhängigen Investmentberater aufzusuchen, um einen Überblick zu bekommen und einen guten Anlageplan zu erarbeiten.

Eignen sich Immobilien als Altersvorsorge?

Daniel Charles Bossenz: Diese Frage kann lässt sich nicht so einfach beantworten. Es hängt von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich sollte die Immobilie aber niemals als einzige Altersvorsorge gesehen werden. Diesen Fehler begehen leider viele Menschen. Natürlich spart man sich bei einer abgezahlten Immobilie im Alter die Miete, aber eine Immobilie muss auch bewirtschaftet und gepflegt werden. Auch Reparaturen häufen sich im Laufe der Jahre und dafür sollte das nötige Kleingeld auch bereitstehen. Vor jedem Immobilienkauf sollte deshalb immer zuerst geschaut werden, ob das Absicherungskonzept (Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsabsicherung) ausreichend ist und ob zusätzlich neben den Kreditraten auch eine private Altersvorsorge und Reparaturrückstellungen bespart werden können.

Unabhängig davon empfehle aber auch ich meinen Kunden auf eine gute Kaufgelegenheit zu warten und bis dahin das Kapital in den Aktienmarkt zu investieren. Die aktuellen Immobilienpreise sind in meinen Augen vor allem in den größeren Städten in Deutschland völlig überteuert. Wer noch nicht das notwendige Kleingeld zum Immobilienerwerb hat, der kann auch passiv in Immobilien investieren. Dies kann mit einem Investment in offene Immobilienfonds erfolgen oder auch mit dem Kauf von Real Estate Investment Trusts (kurz: REITs). REITs sind börsennotierte Immobilien-Aktiengesellschaften, die zum überwiegenden Teil in Immobilien und Grundstücke investieren.

Edelmetalle, vor allem Gold, erleben derzeit einen Boom. Sind Sachwerte eine gute Wertanlage?

Daniel Charles Bossenz: Gold ist ein Symbol der Unvergänglichkeit und wurde lange Zeit als Zahlungsmittel verwendet. Auch heute noch wird mit dem Besitz von Gold ein krisenfestes Investment verbunden. Durch die Corona-Krise erlebt deshalb Gold aber auch andere Edelmetalle eine regelrechte Kursexplosion. Vor allem in Krisenzeiten bildet deshalb Gold, aber auch andere Sachwerte, eine gute Ergänzung in jedem Investmentportfolio. Grundsätzlich können solche alternativen Investments ca. 10% des eigenen Portfolios ohne Probleme einnehmen. Man sollte aber bedenken, dass sich die meisten Sachwerte nicht von heute auf morgen schnell zu Geld machen lassen. Vor allem, wenn man einen guten Preis erzielen möchte. Alternativ zu physischem Gold können auch Gold ETFs oder Minenaktien gekauft werden. Diese lassen sich zumindest flexibel am Aktienmarkt handeln und man profitiert zusätzlich am Boom.

Gibt es generell gültige Empfehlungen, worauf bei der Strukturierung der Altersvorsorge geachtet werden sollte?

Daniel Charles Bossenz: Vor dem Abschluss einer Altersvorsorge sollte man sich zuerst fragen, welche Prioritäten man bei der Altersvorsorge legen möchte. Legt man seinen Fokus auf steuerliche Absetzbarkeit, Rendite, Hartz IV Schutz oder Flexibilität der Beitragszahlung. Je nach Anspruch kann dann das ein oder andere Altersvorsorgeprodukt mehr Sinn für den Kunden machen. Manchmal ist aber auch eine Kombination aus zwei Altersvorsorgeprodukten sinnvoll bzw. auch die Wahl eines normalen Fondssparplan ohne steuerliche Vorteile, wenn z.B. ein Kunde eine gewisse Altersgrenze überschritten. Da der Markt inzwischen sehr kompliziert geworden ist empfiehlt sich hier die Beratung durch einen unabhängigen Berater. Grundsätzlich sollte der Kunde aber darauf achten, dass der Vertrag fondsgebunden ist, ein hohes Endalter für die Laufzeit gewählt wurde und Beitragspausen sowie Stundungsmodelle vom Anbieter in Zeiten von Zahlungsschwierigkeiten gewährt werden.

Herr Bossenz, vielen Dank für das Gespräch.

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