Wie hat die digitale Vermarktung die Immobilienbranche in den letzten Jahren verändert, und welche Markttrends sehen Sie derzeit als besonders prägend an?
Die digitale Vermarktung hat unsere Branche zwar nicht vollständig umgekrempelt, aber spürbar verändert. Präsentation, Erstkontakt und ein großer Teil der Entscheidungsfindung finden heute online statt. Als ich 2010 gestartet bin, war die Zielgruppe 60+ digital noch kaum erreichbar – Zeitungsannoncen gehörten fest dazu. Heute muss man vor allem visuell und online überzeugen: mit professionellen Bildern, Social-Media-Formaten, Kurzvideos oder 360°-Rundgängen. Zudem gewinnt die datengetriebene Vermarktung deutlich an Gewicht. Durch Marktanalysen, Reichweitenmessungen und KI-gestützte Zielgruppenansprache können wir Immobilien heute sehr viel präziser platzieren. Gleichzeitig beobachten wir in Frankfurt schnellere Entscheidungsprozesse – Käufer können online Angebote viel besser vorselektieren, was den Markt insgesamt transparenter macht und für Interessenten sorgt, die den Markt kennen und oft wissen, was sie möchten.
Welche Herausforderungen und Risiken birgt die verstärkte Nutzung digitaler Plattformen für Immobilienmakler, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Informationssicherheit?
Mit der fortschreitenden Digitalisierung steigen auch die Anforderungen an den Schutz sensibler Daten. Wir arbeiten mit umfangreichen Interessentenprofilen, Finanzierungsunterlagen und persönlichen Dokumenten – Informationen, die maximal vertraulich behandelt werden müssen. Die Herausforderung liegt darin, dass digitale Plattformen und Tools sehr unterschiedliche Sicherheitsstandards aufweisen und man abwägen muss, inwieweit eine Nutzung DSGVO-konform erfolgen kann.
Können Sie ein Beispiel aus Ihrer Praxis teilen, das zeigt, wie digitale Vermarktung den Verkaufsprozess einer Immobilie entscheidend beeinflusst hat?
Wir arbeiten sehr prozessgesteuert und strukturiert. Ein Beispiel dafür war eine besondere Immobilie – ausgerichtet auf eine eher alternative Käufergruppe –, für die wir durch gezieltes Online-Marketing innerhalb kürzester Zeit über 100 qualifizierte Anfragen generieren konnten. Die Immobilie lag nur zehn Minuten vor Frankfurt und wurde für 1,2 Mio. Euro angeboten. Dank unserer Vermarktungsprozesse wissen wir zu jedem Zeitpunkt genau, welcher Interessent sich in welcher Phase befindet – vom Exposé-Versand über Besichtigungen bis hin zu laufenden Bankgesprächen. Diese Struktur ermöglicht es uns, extrem schnell zu reagieren. So konnten wir in kurzer Zeit mehrere Käufer mit gesicherter Finanzierung finden. Letzte Woche waren wir beim Notar.
Angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen: Welche digitalen Innovationspotenziale erwarten Sie in der Immobilienvermarktung in den nächsten fünf Jahren?
Ich erwarte, dass VR- und AR-Technologien in den kommenden Jahren mehr Beachtung finden. Gleichzeitig wird die Automatisierung weiter zunehmen: KI-gestützte Zielgruppenselektion, Preisanalysen für Wertermittlungen und Käuferprognosen machen Prozesse noch effizienter, während digitale Identitäts- und Finanzierungschecks Transaktionen beschleunigen können.
In einem zunehmend digitalisierten Marktumfeld: Wie bewerten Sie die Rolle traditioneller Vermarktungsmethoden im Vergleich zu digitalen Ansätzen?
Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt eines unverändert: Immobilien werden am Ende von Menschen gekauft. Persönliche Beratung, Wertschätzung und Vertrauen sind nicht digital ersetzbar. Menschen brauchen einen Ansprechpartner, insbesondere bei derart hohen Transaktionsvolumen wie bei Immobilien. Ich denke, unser Job ist zukunftssicher, aber auch nur, wenn man sich der digitalen Transformation nicht verschließt und offen ist, sich weiterzuentwickeln und bestehende Strukturen zu überdenken.