Claudia Roberts: Ein Honorar, das man zahlen muss, hat auch therapeutischen Sinn

Interview mit Claudia Roberts
Claudia Roberts ist Psychologin, Coach und Paartherapeutin in ihrer Praxis bones & brain in Köln. Mit ihr sprechen wir über Paartherapie, professionelle Hilfe sowie Probleme in einer Beziehung.

Eine Paartherapie ist für viele Paare gar keine Option. Obwohl die Beziehung auf der Kippe steht, denken viele Partner, dass professionelle Hilfe nichts bringt. Was umfasst eine Paartherapie und welche Themen werden in den Sitzungen meistens behandelt?

Claudia Roberts: Leider halten es viele Menschen immer noch für Schwäche, sich psychologische Hilfe zu holen, obwohl es genau umgekehrt ist: Es bedeutet Stärke, Engagement und Selbstfürsorge, an schwierigen Themen zu arbeiten. Ohne Arbeit und Einsatz wird allerdings keinerlei Beziehung gelingen. Davor scheuen viele Paare zurück. Genau das geschieht in der Paartherapie: Die Arbeit an der Beziehung. Das bedeutet, zunächst einmal ehrlich anzusehen, wo die Themen und Probleme liegen, aus Sicht des jeweiligen Partners. Das kann durchaus unterschiedlich sein: Manchmal kommt es z.B. vor, dass ein Partner die Beziehung verbessern möchte, der andere aber eine Affaire hat die er oder Sie nicht aufgeben möchte. Paartherapie bedeutet, zunächst einmal festzustellen: Wo stehen wir? Was ist der Wert unserer Beziehung? Was ist das Gute an unserer Beziehung, was sind unsere gemeinsamen Stärken?  Ist jeder Partner für sich bereit, ehrlich seine Schwächen und Fehler anzusehen? Wo ist Veränderung gewünscht und möglich, wo nicht? Ein wichtiges Thema ist auch: Wie wäre ich und mein Leben ohne den Partner? Welche konkreten Schritte braucht das jeweilige Paar, um Veränderung zu erzeugen? Was braucht es. um die Liebe wieder zu spüren und zu leben? Paartherapie umfasst ein breites Spektrum an Therapieansätzen und -möglichkeiten. Wichtig ist auch meist, besonders bei sehr schwer zerstrittenen Paaren ein Blick zurück in die Herkunftsfamilie, in das Elternhaus, denn dort erwerben wir unsere ersten Beziehungserfahrungen, die wir unweigerlich mitnehmen in unsere eigene erwachsene Paarbeziehung.

Die meisten Menschen treten Paartherapeuten:innen eher skeptisch gegenüber. Vielen Paaren fällt es schwer, mit einer fremden Person über ihre Beziehungsprobleme zu reden. Besonders wenn sich Partner nach der Sitzung wieder im Alltag befinden, neigen sie dazu, in alte Muster zu verfallen. Denken Sie, dass eine Paarberatung die Beziehung nachhaltig und positiv beeinflussen kann?

Claudia Roberts: Ja, zum einen zeigt die Studienlage die Wirksamkeit von Paartherapie, zum anderen erlebe ich selbst täglich die kleinen und großen Wunder, die in Beziehungen geschehen. Oft ist es eine Überwindung und braucht vor allem stabiles Vertrauen in den Therapeuten oder die Therapeutin, um sich zu öffnen und vor Allem, um auch bei schwierigen Themen dranzubleiben. Grade wenn man an seine Grenzen stößt in der Therapie und dann schafft, nicht aufzugeben entstehen große Schritte in die eigene geistige Freiheit und wird ein neuer Blick und andere Handlungsoptionen möglich, sowohl in der Beziehung zu sich selbst als auch zum Partner. Viele Paare kommen, selbst wenn sie wieder glücklich sind und die Therapie beendet ist noch alle paar Monate zu mir, um kleinere Probleme „mit Hilfe“ zu besprechen oder einfach für ein Beziehungs-update. Grade diese Paare, die aufmerksam füreinander und für ihre Beziehung oder Ehe bleiben haben die größten Chancen auf eine dauerhaft gute Partnerschaft.

Welche Probleme führen Ihrer Erkenntnis nach Paare meistens in eine Therapie?

Claudia Roberts: Ganz häufig fällt das Wort Kommunikation. „Wir können einfach nicht miteinander reden, wir können nicht aufhören zu streiten, Wir verstehen einander einfach nicht. Oder eher: Er- oder Sie- versteht mich einfach nicht“.

Aber es kommt auch häufig vor, dass es eine Affaire gibt, ein Partner eifersüchtig ist, dass man zu wenig gute gemeinsame Zeit erlebt, dass „die Luft“ irgendwie raus ist. Sex – ob zu wenig, zu viel, zu extrem oder zu unbefriedigend oder nicht möglich z.B. durch Potenzprobleme oder Unlust ist ebenfalls ein sehr häufiges Thema. Der Sex gehört immer dazu, ob direkt oder indirekt beeinflusst er die Beziehungsqualität und umgekehrt.

Es kommt zunehmend vor, dass einer der Partner psychisch erkrankt ist und die Beziehung davon sehr geschwächt ist. Ein weiterer Dauerbrenner ist die Familienplanung und die dort notwendige Arbeitsverteilung. Da herrscht große Unzufriedenheit. Nicht zuletzt ist Stress im Beruf und nun auch die Mehrfachbelastung durch die Corona Krise eines der häufigsten Themen. Übermäßiger Stress ist der Beziehungskiller schlechthin, denn wenn alle Batterien leer sind, ist kein Raum mehr für die Beziehung da, sinkt die Bereitschaft sich zu verstehen und zu verständigen.

Muss man in einer Partnerschaft sein, um eine Paartherapie aufzusuchen oder kann man dies auch als Einzelperson tun, um eine Krisensituation zu entspannen?

Claudia Roberts: Idealerweise kommen zum ersten Termin beide Partner zusammen, so kann jeder in Ruhe aus seiner Sicht die Themen schildern und Paar und Therapeut oder Therapeutin lernen sich kennen. In Folge kann es sinnvoll sein, auch mal mit jedem Partner einzelne Termine zu vereinbaren. Jedoch kann es auch sein, dass der Partner/die Partnerin (noch) nicht bereit zur Paarberatung ist, in dem Fall ist es möglich und sinnvoll, erste einmal allein zu kommen. Eine Beziehung ist wie ein Mobile, wenn man an irgendeiner Stelle sanft anstößt, bewegt sich das Ganze.

Eine Therapiestunde kann bei einem seriösen Anbieter schon einiges kosten. In welchen Fällen kann die Krankenkasse einem Paar unter die Arme greifen?

Claudia Roberts: Leider übernimmt weder die gesetzliche noch die private Krankenkasse Paartherapie oder Paarberatung. Alle Kassen erstatten nur bei diagnostizierten Erkrankungen des Einzelnen eine Therapie. Das ist sehr schade, denn Paarprobleme können massiven Einfluss auf das persönliche Wohlempfinden haben. Ein Invest in eine Paartherapie und damit in die Liebe und Verbindung, die zwei Menschen eingegangen sind, signalisiert sich selbst gegenüber aber auch: Wir sind es uns wert. Daher hat ein Honorar, das man zahlen muss, auch therapeutischen Sinn.

Frau Roberts, vielen Dank für das Gespräch!

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