Strategie entfaltet Wirkung erst durch Menschen

Interview mit Maximilian Marcus
Maximilian Marcus, Geschäftsführer der Aventicon GmbH, ordnet ein, warum strategische Neuausrichtung nur dann greift, wenn Technologie, Führung und People-Change im Unternehmen selbst verankert werden.

Welche technologischen Trends beeinflussen derzeit die strategische Neuausrichtung von Unternehmen am stärksten?
Die strategische Neuausrichtung vieler Unternehmen wird derzeit vor allem durch Technologien geprägt, die direkt auf Produktivität, Transparenz und Steuerungsfähigkeit einzahlen. Künstliche Intelligenz, Automatisierung und datenbasierte Entscheidungsmodelle verändern nicht nur Prozesse, sondern auch Rollenbilder, Verantwortlichkeiten und Führungsanforderungen. Gleichzeitig nutzen viele Unternehmen technologische Modernisierung im ERP-, CRM- oder Finance-Umfeld als Anlass, ihre Organisation und Zusammenarbeit grundsätzlich neu zu strukturieren. Dabei zeigt sich jedoch klar, dass Technologie allein keinen strategischen Vorteil schafft. Entscheidend ist, ob es gelingt, Führungskräfte und Mitarbeitende in die Lage zu versetzen, mit diesen Technologien wirksam zu arbeiten. Neben Effizienzgewinnen geht es dabei zunehmend auch um Innovationsfähigkeit. Erst wenn Mitarbeitende neue technologische Möglichkeiten selbstständig in bessere Services, Produkte und Prozesse übersetzen können, entsteht daraus ein nachhaltiger strategischer Mehrwert.

Wo liegen die häufigsten Fehler oder Risiken bei der Implementierung neuer Strategien in Unternehmen?
Die größten Risiken liegen weniger in der Strategie selbst als in ihrer Umsetzung. Viele Unternehmen entwickeln ambitionierte Zielbilder, unterschätzen jedoch die Belastung, die eine strategische Neuausrichtung im laufenden Betrieb erzeugt. Häufig werden zu viele Initiativen parallel gestartet, während Zeit, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfähigkeit begrenzt sind. Besonders kritisch ist dabei der Umgang mit dem sogenannten People-Change. Darunter verstehen wir die bewusste Mitnahme der Mitarbeitenden auf der Mindset-, Verhaltens- und Haltungsebene. Oft wird angenommen, dass neue Strategien sofort verstanden werden und kaum emotionale Reaktionen auslösen. Die Realität ist jedoch eine andere: Veränderung erzeugt Unsicherheit, Fragen und mitunter Widerstände. Erfolgreiche Umsetzung erfordert daher exzellente kommunikative und psychologische Fähigkeiten von Führungskräften, um Orientierung zu geben, Vertrauen aufzubauen und Menschen aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden – gerade in einer für viele Unternehmen herausfordernden wirtschaftlichen Lage.

Wie sieht die praktische Umsetzung einer strategischen Neuausrichtung im Unternehmensalltag aus?
In der Praxis bedeutet strategische Neuausrichtung vor allem, Strategie und Tagesgeschäft konsequent miteinander zu verzahnen. Erfolgreiche Unternehmen übersetzen ihre strategischen Ziele in klare Prioritäten, eindeutige Verantwortlichkeiten und nachvollziehbare Entscheidungsprozesse. Statt großer Einmalprojekte entsteht ein kontinuierlicher Umsetzungsprozess, der den Unternehmensalltag strukturiert. Eine zentrale Rolle spielt dabei eine durchdachte und balancierte Steuerung, die Überforderung vermeidet und gleichzeitig Verbindlichkeit schafft. Führung wird damit zur Schlüsselaufgabe: Sie entscheidet darüber, ob Mitarbeitende Orientierung, Sicherheit und Sinn im Veränderungsprozess erleben oder ob strategische Neuausrichtung als zusätzlicher Druck ohne klaren Umsetzungsplan wahrgenommen wird.

Inwiefern spielt die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Stakeholdern eine Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung einer neuen Strategie?
Die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Stakeholdern ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren strategischer Neuausrichtung. In vielen Unternehmen verfolgen Bereiche wie Vertrieb, Umsetzung, IT oder Fachabteilungen unterschiedliche Logiken, Prioritäten und Zielsysteme. Häufig scheitern Implementierungen crossfunktional, weil neue Rollen- und Prozessklarheit untereinander noch nicht gegeben ist. Die Folge sind Verzögerungen, Qualitätsprobleme und nicht selten energiezehrende interne Konflikte. Strategische Neuausrichtung gelingt dann, wenn es Führung gelingt, diese Perspektiven zu integrieren, gemeinsame Ziele zu definieren und Entscheidungswege transparent zu gestalten. Das erfordert nicht nur strukturelle Klarheit, sondern auch eine hohe kommunikative und emotionale Kompetenz, um Erwartungen auszubalancieren und Zusammenarbeit aktiv zu gestalten.

Welche technologischen Entwicklungen erwarten Sie, die zukünftig einen Einfluss auf die strategische Planung von Unternehmen haben könnten?
Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren insbesondere drei technologische Entwicklungen die strategische Planung maßgeblich prägen werden. Künstliche Intelligenz wird sich zur zentralen wirtschaftlichen Basistechnologie entwickeln, da sie nicht nur Prozesse automatisiert, sondern Entscheidungsfindung, Innovation und Wertschöpfung grundlegend verändert. Strategische Planung muss daher frühzeitig klären, wie KI organisatorisch verankert, verantwortungsvoll gesteuert und von Mitarbeitenden aktiv genutzt wird. Parallel dazu entstehen hochvernetzte Computing-Landschaften aus Cloud-, Edge-, Datenplattform- und Automatisierungstechnologien, die Organisationen schneller, dezentraler und anpassungsfähiger machen. Strategien müssen sich dadurch von stabilen Zielbildern hin zu adaptiven Architekturen entwickeln. Der dritte prägende Trend liegt in nachhaltigen und resilienten Technologiesystemen, etwa durch energieeffizientes Computing und neue Rechenparadigmen wie Quantencomputing. Technologische Entscheidungen werden damit zunehmend auch unter regulatorischen, ökologischen und reputationsbezogenen Gesichtspunkten strategisch relevant.

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