Warum Deutschland beim Change Management hinterherhinkt

Interview mit Sebastian Flack
Change Management entscheidet darüber, ob Unternehmen in einer digital vernetzten Welt wettbewerbsfähig bleiben. Systemischer Berater und Coach Sebastian Flack erklärt, warum Deutschland beim Wandel zurückliegt und wie Organisationen Veränderung als kontinuierlichen Prozess etablieren können.

Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung im Bereich Change Management ein, insbesondere in Hinblick auf die Digitalisierung und globale Vernetzung?

Das Thema ist aus meiner Sicht als systemischer Berater sehr relevant und absolut dringend. Leider hinkt Deutschland bei diesem Thema deutlich hinterher, besonders im öffentlichen Sektor, bei sozialen Organisationen oder Wohlfahrtsverbänden. Aus meiner Supervisionspraxis bekomme ich dafür häufig Beispiele: Es wird noch gefaxt, Listen werden per Hand ausgefüllt oder es fehlt schlicht an digitaler Infrastruktur.

Bei der globalen Vernetzung zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch hier liegt Deutschland nach meiner Einschätzung fünf bis zehn Jahre zurück und verliert weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Veränderungen erfolgen nur sehr langsam, sind mit vielen Hürden verbunden und stoßen häufig auf fehlende Akzeptanz. Die Welt ist jedoch global vernetzt, und Deutschland darf den Anschluss nicht verlieren – sonst gerät auch die Wirtschaft zunehmend unter Druck.

Welche Risiken sehen Sie bei der Implementierung von Change-Management-Prozessen in Unternehmen, und wie können diese minimiert werden?

Zu den zentralen Risiken zählen aus meiner Sicht vor allem mangelnde Akzeptanz sowie ein fehlendes Verständnis dafür, warum Veränderungen notwendig sind. Oft fehlt zudem die erforderliche Expertise, um den Veränderungsbedarf nachvollziehbar darzustellen. Ebenso sind Anreizsysteme wichtig, die Mitarbeitende motivieren, sich aktiv auf Veränderungsprozesse einzulassen. Ein weiterer kritischer Punkt ist ein unzureichendes Verständnis seitens der Führungsebene, wodurch Veränderungen entweder ausgebremst oder nicht konsequent unterstützt werden.

Können Sie aus Ihrer Erfahrung ein Beispiel nennen, bei dem ein Change-Management-Projekt erfolgreich verlief, und welche Faktoren für diesen Erfolg entscheidend waren?

Eine Organisation betrieb acht separate Service-Desks, deren Prozesse nicht miteinander verknüpft waren. Dadurch entstanden erhebliche Zeitfresser, weil Mitarbeitende manuelle und redundante Aufgaben erledigen mussten und keine zentrale digitale Dokumentationsplattform zur Verfügung stand. Die Kommunikation zwischen den Teams war unklar und fragmentiert, was Verzögerungen, Fehler und eine sinkende Kundenzufriedenheit zur Folge hatte.

Das Projekt verfolgte das Ziel, alle Service-Desks in eine einheitliche digitale Plattform zu integrieren, Prozesse zu standardisieren und die Kommunikation zu verbessern. Grundlage bildete ein strukturierter Ansatz auf Basis des ADKAR-Modells. Die Mitarbeitenden wurden zunächst über den Nutzen der Veränderung informiert, um Widerstände zu reduzieren. Anschließend wurden sie über ein Netzwerk von Change Agents eingebunden und in den neuen digitalen Tools geschult. Die Implementierung erfolgte schrittweise und wurde eng von Führungskräften begleitet, um eine nachhaltige Verankerung sicherzustellen.

Der Erfolg beruhte insbesondere auf klarer und zielgerichteter Kommunikation, die Missverständnisse reduzierte und die Akzeptanz erhöhte. Der menschzentrierte Ansatz stärkte zudem die Beteiligung der Mitarbeitenden und förderte nachhaltige interne Fähigkeiten. Messbare Verbesserungen zeigten sich unter anderem in einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, einer besseren Erreichbarkeit der Services sowie der Eliminierung redundanter Prozesse.

Inwiefern wird sich Ihrer Meinung nach die Praxis des Change Managements in den nächsten fünf Jahren verändern, und welche Trends sollten Unternehmen im Auge behalten?

Aus praktischer Sicht wird sich aus meiner Einschätzung nicht viel verändern. Change Management bleibt wichtig, richtig und notwendig. Unternehmen sind gut beraten, ihre Mitarbeitenden kontinuierlich zu schulen, zu begleiten und für kommende Veränderungen zu sensibilisieren. Die Haltung „Das war schon immer so“ ist längst überholt.

Im Kontext der zunehmenden Komplexität von Unternehmen: Wie wichtig ist es, Change Management als kontinuierlichen Prozess und nicht als einmaliges Projekt zu betrachten?

Es ist sehr wichtig, Change Management als fortlaufenden Prozess zu verstehen. Die Welt verändert sich ständig, Unternehmen erleben Fluktuation, und langfristiger Erfolg ist nur möglich, wenn Organisationen anpassungsfähig bleiben, gute Produkte anbieten und eine gesunde Unternehmenskultur pflegen. Diese Faktoren sind aus meiner Sicht entscheidend für globalen Erfolg.

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Sebastian Flack

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