Pachtverträge: Mangel in der Schriftform eröffnet vorzeitige Kündigung – Josef Deuringer

Interview mit Josef Deuringer
Rechtsanwalt Josef Deuringer ist Fachanwalt für Agrarrecht bei der MEIDERT & KOLLEGEN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB. Im Interview spricht er über Pachtverträge und die Hintergründe von vorzeitigen Kündigungen.

Ist ein Fachanwalt für Agrarrecht nur für Landwirte tätig?

Josef Deuringer: Zwar entstammt die Hauptklientel natürlich aus dem Bereich der Landwirtschaft. Allerdings ist gerade in den letzten Jahren zu beobachten, dass auch zunehmend Beratungsdienstleistungen von nicht landwirtschaftlich geprägten Mandanten nachgefragt wird. Ich möchte dies an zwei Beispielen deutlich machen.

Bauernland in Bauernhand?

Josef Deuringer: Der Zugriff von Nichtlandwirten auf landwirtschaftliche Flächen ist gesetzlich durch das Grundstücksverkehrsgesetz und das Reichssiedlungsgesetz reglementiert. Das Interesse nicht landwirtschaftlicher Investoren an landwirtschaftlichen Flächen ist aus verschiedensten Gründen in den letzten Jahren stark angestiegen. Projektentwickler suchen Flächen für ökologische Ausgleichsmaßnahmen, Kapitalanleger setzen auf nach wie vor steigende Preise für landwirtschaftliche Grundstücke. Die gesetzlichen Hürden für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch nicht Landwirte sind hoch. Eine Genehmigung eines Landerwerbs durch einen Nichtlandwirt kann nur dann erwartet werden, wenn kein Landwirt an der Erwerbsfläche interessiert ist. Andernfalls steht der in jedem Bundesland gesetzlich etablierten Siedlungsgesellschaft (nicht jedoch dem konkurrierenden Landwirt) ein Vorkaufsrecht zu. Diese Situation fordert natürlich die Kreativität von Juristen heraus diese Hürde zu umgehen. Solche Möglichkeiten gibt es tatsächlich. So ist z.B. das Vorkaufsrecht begrenzt auf landwirtschaftliche Flächen. Bildet man ein Verkaufspaket aus landwirtschaftlichen und nicht landwirtschaftlichen Flächen (z.B. ein Waldgrundstück) kann das Vorkaufsrecht meist nicht mehr ausgeübt werden.

Nicht wenige Investoren gehen auch dazu über, sich selbst einen Status als Landwirt zu verschaffen. Das Gesetz billigt auch einem „werdenden Landwirt“ unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsprivilegierung zu. Dies sind nur einige Beispiele wie es gelingen kann auch als Nichtlandwirt landwirtschaftliche Flächen zu erwerben.

Entpachtung von landwirtschaftlichen Flächen

Josef Deuringer: Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in der Bundesrepublik Deutschland werden nicht mehr vom Eigentümer selbst bewirtschaftet, sondern sind verpachtet. Der Erwerber landwirtschaftlicher Flächen tritt regelmäßig kraft Gesetz in bestehende Pachtverträge ein. Die Motive, sich von solchen Pachtverträgen zu befreien, sind vielfältig. Manchmal steht der pachtvertragliche Besitzanspruch des Pächters einer geplanten Nutzung, z.B. für eine Investitionsmaßnahme (Solarpark, Ausgleichsfläche, Baulandentwicklung) für die mitunter lange Restlaufzeit des Pachtvertrages entgegen. Häufig sind aber auch die Pachtzinsen eines bestehenden Pachtvertrages, in Ansehung der dynamischen Entwicklung am Pachtmarkt, nicht mehr attraktiv, so dass eine Neuverpachtung an andere Pächter höhere Gewinne verspricht.

Sich aus einer Bindung eines für eine bestimmte Laufzeit abgeschlossenen Pachtvertrages vorzeitig zu lösen, ist gar nicht so schwierig. Nicht wenige Pachtverträge leiden unter einem Mangel der Schriftform. Sie sind zwar schriftlich abgeschlossen worden, aber eben mitunter fehlerhaft. Auch ein solcher Mangel in der Schriftform eröffnet eine vorzeitige Kündigung des Pachtverhältnisses mit einer Kündigungsfrist von faktisch zwei Jahren. Ein Schriftformverstoß bei Pachtverträgen, die für eine längere Zeit als zwei Jahre abgeschlossen werden führt dazu, dass das Pachtverhältnis trotz anderslautender Angabe im Pachtvertrag als ein Solches auf unbestimmte Zeit gilt. Ein solches Pachtverhältnis kann dann von jeder Vertragspartei spätestens am dritten Werktag des Pachtjahres für den Schluss des nächsten Pachtjahres gekündigt werden.

Schriftformverstöße sind in vielfältiger Art und Weise möglich, z.B. eine ungenaue Bezeichnung der Pachtsache, eine fehlende Anlage zum Pachtvertrag, eine ungenaue Bezeichnung der Pachtvertragsparteien (z.B. nur „Erbengemeinschaft“ statt Benennung der Einzelpersonen, das Fehlen eines Hinweises auf die Vertreterstellung („i. V.“), bei der Unterschriftsleiste und Vieles mehr). Nicht selten ergeht der Auftrag an den Anwalt, solche Fehler ausfindig zu machen, um sich dann des unliebsamen Pächters durch Kündigung zu entledigen. Aber auch umgekehrt bedarf die rechtssichere Gestaltung gerade langfristiger Pachtverträge anwaltschaftlicher Beratung, wenn im Vertrauen auf deren Bestand Investitionen getätigt werden.

Die Erfahrungen aus der Beratung, sowohl von Nichtlandwirten, als auch von Landwirten, ermöglichen im Einzelfall zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen.

Herr Deuringer, vielen Dank für das Gespräch.

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