Philipp M. Bettenhausen: Auch Freiberufler können „Gewerbemietverträge“ abschließen

Interview mit Philipp M. Bettenhausen
Philipp M. Bettenhausen ist Rechtsanwalt in der Kanzlei sjs Schneehain John Suchfort Rechtsanwälte PartmbB in Göttingen. Mit ihm sprechen wir über den Begriff Gewerbemietvertrag, zweckwidriges Nutzen als Wohnraum sowie Mustervorlagen aus dem Internet.

Ein Gewerbemietvertrag beinhaltet die Vermietung von Räumen zur rein geschäftlichen Nutzung. Wann liegt ein Gewerbe vor und wozu ist der Vermieter berechtigt, wenn die Räume zweckwidrig als Wohnung verwendet werden?

Philipp M. Bettenhausen: Der Begriff Gewerbemietvertrag ist irreführend, da die Anmeldung eines Gewerbes für ein solches Mietverhältnis nicht notwendig ist. Auch Freiberufler können „Gewerbemietverträge“ abschließen. Treffender wäre die Bezeichnung „Geschäftsraummietvertrag“. Bei einem Gewerbe- oder Geschäftsraummietvertrag sind grundsätzlich sämtliche Mietverhältnisse gemeint, die nicht Wohnraum zum Gegenstand haben.

In Gewerbemietverträgen können die Parteien die Kündigungsmöglichkeiten des Mietvertrages erheblich einschränken. Worauf sollte man bei der Laufzeit achten?

Philipp M. Bettenhausen: Der Vermieter ist jederzeit berechtigt, die im Mietvertrag vereinbarte Nutzung durch den Mieter einzufordern. Sollte dieser den Geschäftsraum zweckwidrig als Wohnraum nutzen, droht ihm die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Dieser (Unterlassungs-) Anspruch des Vermieters ist zudem nicht verjährbar.

 Warum sollte man vor allem bei Mustervorlagen aus dem Internet vorsichtig sein?

Philipp M. Bettenhausen: Gesetzlich ist geregelt, dass die Höchstlaufzeit für Gewerbemietverträge 30 Jahre beträgt. Dies stellt ohne Zweifel eine äußerst lange und nicht vorhersehbare Zeitspanne dar. Die Mietvertragsparteien sollten – insbesondere nach den Pandemiejahren – daran denken, dass sich die äußeren Umstände erheblich ändern können und ggf. zum Abschluss des Mietvertrages noch nicht absehbare Gesetzesänderungen den Geschäftsbetrieb beeinflussen können. In den meisten Fällen wird daher auf das sog. Optionsrecht zurückgegriffen. Dabei wird einer oder beiden Parteien eine Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf einer gewissen Zeit eingeräumt. Der Mieter hat hierdurch den Vorteil, dass er sich die Geschäftsräume für eine längere Zeit „sichern“ kann, ohne einen Vertrag über mehrere Jahre/Jahrzehnte abschließen zu müssen.

Die Schriftform ist Pflicht, denn die Gewerbemietverträge werden länger als für ein Jahr geschlossen. Was muss man bei der Schriftform konkret beachten und welche Folgen drohen bei unsauberen Formulierungen im Vertrag?

Philipp M. Bettenhausen: Mustervorlagen aus dem Internet bieten zwar eine grobe Orientierung, müssen jedoch zwingend auf den jeweiligen Einzelfall angepasst werden. Gerade bei Gewerbemietverträgen sind die gesetzlichen Regularien äußerst zurückhaltend. Es herrscht Vertragsfreiheit. Was einerseits erhebliche Vorteile bietet, birgt gleichwohl auch Gefahren. Insbesondere müssen die Parteien darauf achten, sämtliche relevanten Inhalte des Mietverhältnisses akribisch genau zu dokumentieren, da andernfalls ein sog. Schriftformmangel vorliegen kann. Dieser führt dazu, dass das Mietverhältnis – unabhängig der vertraglichen Vereinbarungen – mit der gesetzlichen Frist ordentlich kündbar ist (in der Regel sechs Monate). Das ist besonders für Mieter nicht nur ärgerlich, sondern teilweise existenzbedrohend, wenn diese größere Investitionen in die Mietfläche getätigt haben.

Welche Angaben sollte der Mieter vor dem Unterzeichnen genau prüfen, wo liegen die Fallstricke?

Philipp M. Bettenhausen: Zunächst ist zu prüfen, wie lange das Mietverhältnis andauern soll und ob dem Mieter eine Verlängerungsoption gewährt wird. Daneben muss der angegebene Vertragszweck beachtet werden. Dieser kann sehr weit gefasst werden. Vereinbaren die Parteien jedoch einen spezifischen Nutzungszweck, ist es dem Mieter nicht ohne weiteres möglich, hiervon abzuweichen, wenn sich später herausstellen sollte, dass das beabsichtigte Geschäftsmodell nicht einträglich ist. Zudem ist selbstverständlich die Höhe der Miete von besonderer Bedeutung. Der Mieter muss vorab für sich sehr genau kalkulieren, ob er diese für die Dauer des Mietverhältnisses aufbringen kann, da andernfalls nicht nur die fristlose Kündigung, sondern auch die Schuldenfalle droht. Denn auch wenn der Mieter vorzeitig aus den Räumen auszieht, kann er zur Zahlung eines Nutzungsausfalls in Höhe der vertraglich vereinbarten Miete bis zum Ablauf der Mietzeit verpflichtet werden. Hierbei muss der Mieter nicht nur prüfen, ob Mieterhöhungen vertraglich vereinbart sind (z.B. über eine VPI-Anpassung), sondern auch, welche Betriebskosten er zu tragen hat. Es empfiehlt sich für den Mieter zudem eine sog. Konkurrenzschutzklausel aufzunehmen. Diese verhindert, dass der Vermieter innerhalb derselben Immobilie Geschäftsräume an einen Konkurrenten vermieten darf. Die umfassende Beratung durch einen auf (Gewerbe-)Mietverträge spezialisierten Rechtsanwalt spart dem Mieter daher nicht nur bares Geld, sondern verhindert, dass dieser sich an Mietverträge bindet, die ggf. seine Existenz bedrohen können.

Herr Bettenhausen, vielen Dank für das Gespräch!

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