Fakten zur Windenergie in Deutschland

Der Gründer des in Kirchdorf (Niedersachsen) ansässigen Windkraft-Investors West Wind Energy Gerard Meindertsma spricht über die Fakten zur Windenergie in Deutschland. Windräder sind ein Ärgernis für Anwohner, jedoch sehr wichtig für die Erreichung der Klimaziele.

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Transkript / Interview

Herzlich Willkommen beim Business Talk am Ku‘damm. Heute spreche ich mit Gerard Meindertsma, Gründer des Unternehmens Westwind aus Kirchdorf über den Ausbau der Windenergie.

Deutschland will den CO2 Ausstoß in den nächsten zwei Jahrzehnten drastisch reduzieren. Welche Rolle spielt dabei die Windenergie?

Gerard Meindertsma: Ohne den Ausbau der Windenergie werden die Ziele der Bundesrepublik nicht erreicht werden können. Weder im Sektor Stromproduktion noch im Sektor Mobilität, aber auch für die Industrie. Der Strombedarf ist enorm hoch, allein durch die Sektorenkopplung, durch die E-Mobilität und auch die Erzeugung von alternativen Kraftstoffen wird der Bedarf an Strom immer steigen, auch noch mehr steigen also die wir ihn heute haben. Diese sind in Berechnung der Bundesrepublik nicht bedacht worden. Um diese Strommenge zu erzeugen, müsste gerade die Windenergie auch die Windenergie an Land auf fünf Gigawatt pro Jahr ausgebaut werden. Je weniger wir in Deutschland an erneuerbaren Energien aufbauen und neu errichten, je mehr müssten wir diesen Strom notfalls importieren aus dem Ausland. Was das bedeuten werde, wir werden uns den Atomstrom aus Frankreich zum Beispiel zurückholen oder den Kohlestrom aus Polen. Dieser Strom ist aber eigentlich viel teurer als wenn wir bei uns im eigenen Lande die Erneuerbaren Energien ausbauen würden.

Das Thema Windenergie wird ja auch bei uns in Deutschland kontrovers diskutiert. Die Windenergiebranche hat der Bundesregierung angesichts der Krise in der Windkraft an Land schwere Fehler vorgeworfen. Was sind dann so die Hauptkritikpunkte?

Gerard Meindertsma: Ja da muss man erst mal festhalten, dass wir gerade in den letzten Wochen ganz lange und vehement in der Regierung und auch in der großen Koalition über das Kohleausstiegsgesetz gesprochen haben. Hierbei soll auch in diesem Kohleausstiegsgesetz das Thema Windenergie mehr oder weniger auf einen Seitenweg mitdiskutiert werden. Was wir hier sehen ist, dass der Ausbau der Windenergie durch dieses Kohleausstiegsgesetz nicht gefördert wird, sondern eher ausgebremst wird.

Wir haben bei der Kohleverstrommung eigentlich darauf gesetzt durch dieses Kohleausstiegsgesetz, dass der Kohleausstieg mehr oder weniger subventioniert wird. Der wird subventioniert durch Stilllegungsprämien, durch Glättung der Zertifikatsmarktes und, und, und. Hingegen soll der Ausbau der Windenergie gestoppt werden. Der Ausbau der Windenergie bedeutet aber eine CO2 freie Erzeugung von Strom für die gesamte Volkswirtschaft. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das eine will man eigentlich abbauen, wie die Kohle, aber man sagt nicht gleichzeitig wir müssten jetzt der Windenergie mal ein wenig mehr auf die Sprünge helfen, um hier auch dann den Strom, der nicht mehr erzeugt wird, durch Kohle und Atom, durch Erneuerbare Energien zu erzeugen.

Hinzu kommen dann noch Diskussionen über Abstandsregeln von 1.000 Meter zu Siedlungen aber auch schon zu fünf Häusern im Außenbereich. Dieses wurde dann zwar aus dem Entwurf letzte Woche wieder rausgenommen aber dankend Altmeyer hält er nach wie vor daran fest und es wird mit Sicherheit im nächsten Jahr noch in der Novellierung des erneuerbaren Energiegesetzes weiter diskutiert werden. Auch sollten Netzausbaukosten nun auf einmal der Windenergie auferlegt werden und last not least sollte eine die Kommunen über die Grundsteuer an dem Ausbau der Windenergie partizipieren.

Alle diese Sachen dienen nicht unbedingt dazu, der Windenergie zu fördern, abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass dadurch, dass wir diese Gesetzesänderungen in 2017 hatten des erneuerbaren Energiegesetzes, wir innerhalb der letzten zwei Jahre über 40.000 Arbeitsplätze in der Windenergiebranche verloren haben.

Ja es ist ein komplexes Thema wo ganz wieder verschiedene Interessen und Parteien miteinander kommunizieren müssen. Vielleicht können sie uns noch mal sagen was sind die größten geplanten Änderungen im Vergleich zu den aktuellen Regelungen?

Gerard Meindertsma: Da ist erstmal diese 1.000 Meter Abstandsregelung zu sehen. Aus heutiger Sicht ist das sicherlich nachvollziehbar, wenn sich die Bürger protestieren gegen diese Abstandsregelungen aber wir haben auch heute schon eins relativ sehr, sehr gute Gesetzes- also eine Rechtsprechung in dieser Hinsicht, die eigentlich besagt, dass also die dreifache Kipp-Höhe ausreichend ist, doch eine so genannte bedrängende Wirkung. Das Schlagwort, das wird ja dann immer genutzt und das ist auch richtig zu thematisieren. Die

bedrängende Wirkung dann nicht mehr wirkt. Man muss sich also vorstellen, heute sind die Anlagen um die 250 Meter hoch, wir müssten also aufgrund dessen eher schon 750 Meter Abstand nehmen. Aber bei 1.000 Meter würde allein in Niedersachsen, die zur Verfügung stehende Fläche auf ein Minimum reduziert werden, auf mehr als die Hälfte. Und das ist

eine Sache, die der Windenergie nicht unbedingt dienlich sind.  Das ist eins der größten Themen, die es gilt zu beeinflussen. Das zweite Thema ist dann auch immer wieder der Artenschutz und die Genehmigungsprozedur, die bei Windparks erforderlich sind. Wir müssen hier sehen, dass wir dort dazu kommen solche Regularien besser darzustellen, um also auch den Ausbau der Windenergie zu forcieren.

Ich merke, Sie finden die geplanten Abstandsregelungen von einem Kilometer eher als schwierig. Vielleicht noch mal ganz konkret: Was sind die Folgen einer solchen Regulierung?

Gerard Meindertsma: Die Folgen wären gravierend. Durch die Unschärfe dieser Klauseln ist es ja nicht nur so, dass wir diese Windenergieanlagen mit 1000 Meter Abstandregelung hätten. Die Folgen sind ja auch, dass bestehende Raumnutzungspläne oder Flächennutzungspläne, die ja dazu dienen erst mal eine Genehmigung für eine Windkraftanlage zu erhalten, auch die zum Absurdum geführt werden. Das Gesetz sieht ja vor, dass regionalen Raumordnungspläne und Flächennutzungspläne, wie nach dem

01.01. 2015 rechtskräftig geworden sind, überarbeitet werden müssten. Das würde bedeuten, dass die gesamte Planungsgrundlage oder auch die Genehmigungsgrundlage für einen Windpark nicht mehr existieren und diese eventuell eingeführte Regelung, dass Gemeinden selber bestimmen könnten, und in den geringeren Abstand wählen könnten. Ja sorry, wer schon mal so ein Ehrenamt wie eines Bürgermeisters oder als Gemeinderatsmitglied bekleidet hat, weiß doch mit Sicherheit, dass der sich auf die gesetzlichen Festlegungen zurückziehen würde, sonst würden die Bürger mit Sicherheit mit Kopfschütteln dagegenstehen.

Die Windkraftindustrie befürchtet demnächst massenweise Anlagen abbauen zu müssen oder eben auch den Ausbaustopp. Sind das jetzt übertriebene Horrorszenarien?

Gerard Meindertsma: Naja die Horrorszenarien sind ja schon eingetreten, wenn man alleine schon sieht: Wir haben jetzt Dezember 2019, was wir in diesem Jahr aufgebaut haben an Stückzahlen, dann kann man jetzt schon vom Ausbaustopp reden. Darüber hinaus kommt natürlich dann das passive Thema Repowering hier zum Tragen. Das heißt Anlagen, die jetzt über 20 Jahre lang von der EEG Förderung profitiert haben und jetzt aus der EEG Förderung ausscheiden, müssten wiederaufgebaut werden. Es ist ein gewaltiges Thema was damit einhergeht, ab 2021 werden über 6.000 Anlagen jährlich abgebaut und können teils eben dann auch wegen der 1000 Meter Kriterien überhaupt nicht wiedererrichtet werden. Und neuere Anlagen wären wesentlich effizienter als die älteren Anlagen, sind ruhiger, drehen langsamer und würden dort nicht unbedingt das Störpotenzial haben, wie die kleineren Mühlen, wie sie Ende der 80er Jahre aufgebaut wurden.

Die deutsche Windkraftindustrie befürchtet eher ein Kahlschlag wie eben bei der Fotovoltaik Branche. Sind die Sorgen berechtigt?

Gerard Meindertsma: Absolut.  Ich sehe es gerade in den Medien: die größte Firma in Deutschland Hersteller Enercon entlässt 3000 Mitarbeiter. Das war schon mal ein Schlag, der durch die Presse gegangen ist. Und wir kennen diese Firma gut, ich arbeite seit über 20 Jahren mit Enercon zusammen. Die Produkte, die die erstellen, sind gut und sind „Made in Germany“. Aber man muss hier ganz klarsehen, dass dieses „Made in Germany“ alles auсh

seinen Preis hat. Dieser Preis steigt jetzt aufgrund auch gesetzlicher Kriterien. Und immer mehr Dumpingpreise führen dazu, dass die Teile demnächst aus Asien importiert werden. Wir sind gerade dabei, diesen Markt, der ganz zukunftsträchtig ist, der also sehr viele Arbeitsplätze bringen wird, tatsächlich zu beerdigen. Und wir müssen aufpassen, dass wir in Zukunft diese Technologie, also deutsche Technologie, auch weiter betreiben können. Das ist ein ganz, ganz großer und auch wichtiger Punkt. Neben der Photovoltaik-Branche, die wir seinerzeit schon beerdigt haben, könnte also auch die Windenergie dann sehr schnell ins Ausland abwandern.

Für fast jede neue geplante Windkraftanlage legen Bürger und Verbände Klagen ein, mittlerweile spricht man auch von einer „not in my backyard“-Kultur. Also Windenergie ist schön, aber bitten nicht vor meiner Nase und bitte nicht in meinem Garten oder vor meinem Garten. Müssen Sie sich täglich mit solchen Problemen rumschlagen?

Gerard Meindertsma: Na gut, wir sind sehr strukturiert in unseren Landkreisen mitten in Niedersachsen im Landkreis Diepholz Nienburg tätig, wir haben in diesen letzten 20 Jahren über 200 Windkraftanlagen dort gebaut. Ich muss sagen viele Bürgerinnen und Bürger kennen sich mit dem Thema aus, sind eben auch offen gegenüber und diskutieren das mit uns aus. Unsere Firma sitzt im Herzen von Diepholz und jeder, der was sagen möchte, kann an unsere Firma herantreten. Wir diskutieren das gerne aus. Bürgergruppen, die sich da teilweise bilden also Bürgerinitiativen wie genannt, bilden sich also bei uns auch, aber haben eigentlich ein anderes Thema. Sie möchten verhindern, weil sie sich irgendwo im Außenbereich ein Häuschen gekauft haben, sich zur Ruhe gesetzt haben; und möchten jetzt natürlich nicht gestört werden durch den Windpark. Die kommen leider nicht zu uns und diskutieren das aus, sondern gehen eher den medialen Weg. Wir haben das in letzter Zeit verstärkt zu spüren bekommen, aber es ist eher die Ausnahme bei uns.

Sie haben gesagt: Jeder kann zu Ihnen an die Tür kommen oder jeder kann zu Ihnen kommen mit Ihnen diskutieren. Wie gehen sie dann mit dieser Protestkultur um?

Gerard Meindertsma: Sachliche Diskussion ist dort wirklich angesagt. Wir machen das vor Ort, teilweise in den Gemeindehäusern. Wir machen das mit den Leuten zusammen, wir haben viele Bürgerbeteiligung. Sie müssen sich vorstellen, der Flächennutzungsplan, der in einer solche Gemeinde aufgestellt wird, der geht alleine schon formaljuristisch über zwei Runden. Das heißt die vorzeitige Bürgerbeteiligung und danach noch eine weitere Bürgerbeteiligung. Wir sind dort auch immer mitpräsent. Wir werden immer unseren Part des Windparks, den wir planen, vorstellen, das mit den Leuten diskutieren, denen versuchen die Ängste zu nehmen, was es an geht. Was Schall, den Schattenschlag, aber auch auf den Artenschutz und auch die Umweltbelange gehen wir ein, denn das ist heutzutage eher das Thema um einen Windpark zu verhindern als der reine Emissionsschutz.

Vielen Dank für das Interview, Herr Meindertsma.

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