Fachkräftemangel und Trends am Stellenmarkt

Im heutigen Business Talk sprechen wir mit Johann Sternberg, dem Geschäftsführer der CNCN Contract Contract Consulting GmbH, über den Fachkräftemangel in Deutschland und die aktuellen Trends am Stellenmarkt.

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Transkript / Interview

Mein Name ist Manuela Diehl. Mein heutiger
Gast ist Johann Sternberg. Herr Sternberg ist Geschäftsführer der CNCN – Contract
Consulting GmbH hier in Berlin. Sein Unternehmen ist spezialisiert auf die
Optimierung des Rekrutierungsprozess von Mitarbeitern für große und mittelständische Unternehmen.

Manuela Diehl: Herr Sternberg,
herzlich willkommen. Der Fachkräftemangel in Deutschland wird heftig kontrovers
diskutiert. Die Wirtschaft warnt davor, dass der Fachkräftemangel das Wirtschaftswachstum
hemmt. Skeptiker halten das Ganze für eine Mär. Wie schätzen Sie die Lage auf
dem deutschen Arbeitsmarkt ein?

Johann Sternberg: Ja, der deutsche Arbeitsmarkt hat sich tatsächlich in den letzten drei
Jahren, im Grunde seit der Wirtschaftskrise und der Aufschwungphase, massiv
verändert. Aktuell können wir sagen: Der Fachkräftemangel hat sich von
einzelnen Branchen, branchenübergreifend ausgeweitet. Selbst große Unternehmen,
vor allem welche die nicht diese Bekanntheit haben wie die Allianz, VW oder Mercedes,
kämpfen sehr stark damit Fachkräfte zu rekrutieren und genügend Bewerber
überhaupt zu finden, die qualifiziert sind um wichtige Positionen einzunehmen.

Manuela Diehl: Und welche
Branchen sind davon besonders betroffen? Kann man etwas dazu sagen?

Johann Sternberg: Absolut. Es ist ja bekannt, dass wir im Pflegebereich seit Jahren einen
Fachkräftemangel und Pflegenotstand haben, beziehungsweise einfach kein
qualifiziertes Personal zu finden ist. Der gesamte Medizinbereich ist davon
betroffen. Da geht es nicht hauptsächlich um Ärzte, sondern und auch um Krankenschwestern,
Krankenpfleger und Krankenhelfer.

Seit letzten Jahr ist auch das Handwerk
betroffen. Vor zwei Jahren hatten wir in einzelnen Branchen die Probleme, im Bereich
Gas-, Wasser- und Sanitär, auch Dachdecker waren kaum zu finden. In anderen Branchen
wie Elektriker, Mechatroniker, KfZ-Mechaniker war noch ein relativ hoher Bewerbermarkt
vorhanden. Das hat sich jetzt aber auch gedreht.

Im letzten Jahr hat sich bei den
meisten unserer Kunden – und wir betreuen unter anderem Dax-Konzerne, Aktiengesellschaften
und mehr als 100 mittelständische Unternehmen – der durchschnittliche Bewerbereingang
um 75 Prozent reduziert – und zwar branchenübergreifend. Das führt natürlich
dazu, dass einzelne Bereichen, zum Beispiel Personalvermittler und Zeitarbeitsfirmen
quasi gar keine Bewerber mehr bekommen.

Manuela Diehl: Sie
vertreten die These, dass viele Personalverantwortliche insbesondere in der Zeitarbeit
und in der Personalvermittlung die Chancen der Digitalisierung verpassen. Was
läuft da konkret schief Ihrer Meinung nach?

Johann Sternberg: Im Grunde arbeiten die Personalverantwortlichen wie vor 30 Jahren. Die Mitarbeiter
schreiben Stellen in der Zeitung aus – ok, heute macht man das etwas digitaler und
geht ins Internet und setzt die Stellte dort rein. Dann wird gesammelt und man
wartet bis man zehn Bewerber hat, die eventuell genau passen. Das kann auch mal
vier Wochen dauern.  Nach vier Wochen
wird dann der Bewerber mal angerufen und dann ist die Verwunderung groß, wenn
interessante Kandidaten am Markt nicht mehr verfügbar sind oder die Stellenanzeige,
die man geschaltet hat, gar nicht erst gefunden wurde.

Die Bewerber sind einfach auch
woanders unterwegs man muss andere Wege gehen um sie zu erreichen, zum Beispiel
Social Media. Also wirklich das Potenzial des Internets voll ausschöpfen und
als Arbeitgeber und Rekrutierer halt auch aktiv werden und nicht darauf warten,
dass der optimale Kandidat zu Ihnen kommt, sondern eventuell Abstriche machen
können, nachqualifizieren und so weiter und so fort.

Manuela Diehl: Wenn jetzt
eine Konsolidierungsphase in der Branche stattfindet, wen sehen sie da vorne? Wer
wird da ist sozusagen als Sieger rausgehen?

Johann Sternberg: In der Tat haben wir gerade in der Personalvermittlungsbranche derzeit einen
starken Trend zur Konsolidierung. Das liegt einfach daran, dass sie nicht genug

Mitarbeiter haben, die sich
bewerben. Das ist aber das Kerngeschäft: der Rohstoff der Branche sind diese Bewerbung.
Das ist wie bei einem Ölunternehmen, das Explorationen macht und keine neuen Felder
entdeckt. Wenn kein Öl mehr rauskommt, kann ich auch kein Benzin herstellen. Dann
geht mein Geschäft kaputt.

So etwas haben wir gewissermaßen in der
Zeitarbeitsbranche und der Personalvermittlung. Da gibt es Niederlassungen, die
haben nur zwei Bewerbung in der Woche. Den Verantwortlichen fällt dann auch
nichts Besseres ein als das zu machen, was sie immer gemacht haben. Wenn keine
Bewerbung kommt, kann ich niemanden anrufen, dann drehen wir halt den Rest des Tages
Däumchen.

Auf der anderen Seite haben wir
welche, die sehen jetzt diese Gelegenheit und nutzen sie, weil der Markt ist ja
heiß: Alle Firmen suchen Mitarbeiter. Da sind gute Geschäfte zu machen, wenn
ich jetzt den Rohstoff – nennen wir die Bewerber mal so – habe, kann ich
derzeit exzellente Geschäfte machen. Das bedeutet jetzt trennt sich ein
bisschen die Spreu vom Weizen. Die schwachen Firmen werden aufgekauft, Leute
die in alten Routinen drin sind, auch große Unternehmen, die in alten Routinen
gefangen sind, kriegen erhebliche Probleme. Und andere nutzen natürlich die Gunst
der Stunde und kaufen auf.

Die Branche konsolidiert sich.
Einige gehen zusammen und einige Firmen gehen insolvent und machen den Markt
frei für aggressive, junge Spieler, die das Internet besser verstanden haben
und ein paar andere Strategien nutzen, als die traditionellen Wettbewerber. Und
ich glaube da geht auch der Weg hin, dass diejenigen, die jetzt die Zeichen der
Zeit erkennen in Zukunft profitieren werden und viele andere extreme Probleme
haben werden.

Manuela Diehl: Und welche
Maßnahmen können Unternehmen konkret treffen um dann auch in der Zukunft gut aufgestellt
zu sein und genügend interessante Bewerber und Bewerbungen zu haben?

Johann Sternberg: Da gibt es natürlich verschiedenste Ansätze. Es gibt viele gute Beratungsunternehmen,
verschiedene Software-Tools. Wir bieten das auch an. Wir sind ein

Full-Service-Dienstleister, das
bedeutet wir gucken uns sehr genau an wie funktioniert das Recruiting? Mit
welchen Strategien werden die Recruiting-Kampagnen gefahren? Wo werden Stellenanzeigen
ausgeschrieben? Und probieren immer Kosten zu Sparen und das Potenzial zu heben.

Die wichtigste Kennzahl für uns sind
die Kosten pro Bewerber oder pro Bewerbung. Da reden wir im Markt in der Regel von
Preisen – im normalen handwerklichen Bereich, also keine Top Qualifizierten, da
wird es noch teurer – von 10 Euro bis 50 Euro pro Bewerbung. Da haben wir aber noch
nicht die qualifizierte Bewerbung. Für den qualifizierten Bewerber müssen sie
etwa noch mal drei von vier Kandidaten herausfiltern. Die Hälfte der Bewerber
sind in der Regel halt nicht unbedingt für die exakte Position geeignet.

Unser Ziel ist diesen Preis pro Bewerbung
auf irgendetwas zwischen ein und fünf Euro für unsere Kunden zu drücken. Mit
anderen Worten, wir probieren ein Ersparnis von in etwa 80 Prozent zu generieren.
In der Regel schaffen wir es zusätzlich auch zwischen 20 und 50 Prozent mehr Bewerber
als vorher zu generieren – und das bei signifikant niedrigeren Kosten. Das
funktioniert durch diesen All-Inclusive-Service-Ansatz, dass wir uns ganz genau
anschauen was du machst. Und wir haben eine sehr mächtige Software geschrieben,
die

vor allem die Potenziale
kostenfreier Ausschreibungsplattformen nutzt. Durch die strategischen und smarten
Kampagnen können wir sehr große Erfolge feiern und können mit den Unternehmen
auch internen Maßnahmen einleiten um ihr Rekrutierungsprozesse besser zu
gestalten und um Optimierungspotenziale zu heben.

Wir merken aber auch in der alltäglichen
Arbeit, dass es zwingend notwendig ist die Mitarbeiter intern auch mitzunehmen.
Es bringt nur bis zum einem gewissen Grad etwas, wenn sie einen externen Unternehmensberater
holen und der die Mitarbeiter nicht mitnimmt, dann stoßen sie da auf interne Widerstände,
auf alte Routinen. Da hört man oft: „das haben wir immer so gemacht“. Aber wenn
„immer so gemacht“ nicht mehr hilft, dann muss man dann eben auch
Überzeugungsarbeit leisten.

Manchmal ist es so. dass es wirklich
von der Chefetage runtergeht, dass der Chef sagt: „So geht es nicht mehr weiter,
ich hol externen Rat. Ich gehe mit euch rein ins Problem und versuche gemeinsam
die Mitarbeiter mitzunehmen. Können Sie mir helfen meine Mitarbeiter zu
überzeugen?“ Es kommt aber auch andersrum vor, dass intern Leute da sind, die
sich sagen: „Ich möchte meine Provision verdienen, ich möchte meinen Job gut
machen.“ Und dann haben Sie oft in größeren Unternehmen das Problem, dass  irgendwo in dieser Entscheidungskette jemand blockt.
 

Interne Maßnahmen können Sie übrigens
immer ergreifen. Coachen sie ihre Leute gut, schauen Sie sich am Markt um,
welche Möglichkeiten es gibt. Experimentieren Sie und investieren Sie auch
selber. Ich rate trotzdem: Bei vielen Dingen ist es einfacher und auch
günstiger den externen Dienstleister zu nehmen. Einfach durch die Skaleneffekte
können wir Dinge günstiger machen, als wenn Sie da intern jetzt 23 Programmierer
einstellen, sichdann einen Projektleiter suchen, der
irgendwelche Datenbanken entwirft und eine Software entwickelt und der den
Markt beobachtet und diesen Digitalisierungsprozess begleitet. Wenn Sie das
intern nicht gut strukturieren, dann sind sie besser bei einem externen Dienstleister
aufgehoben.  

Manuela Diehl: Herzlichen
Dank, Herr Sternberg, für das Gespräch.

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