Wir sprechen mit Manuel Kupet, der für seine Kunden persönliche Beratung mit digitaler Planung vereint. Der Finanzexperte gibt Tipps und Tricks zum Thema Geldanlage.
Wie gehen Finanzplaner mit den derzeit herausfordernden Marktbedingungen um, insbesondere im Hinblick auf steigende Zinsen und die Inflation?
Grundsätzlich sind viele Menschen in Deutschland von den aktuellen Marktbedingungen irritiert. Was hier jedoch hilft, ist ein Blick in die Vergangenheit. Denn das aktuelle Zinsniveau ist historisch betrachtet z.B. vollkommen normal.
Das Problem ist, dass die Menschen und Unternehmen sich an niedrige Zinsen und niedrige Inflationsraten gewöhnt haben und auch viele Menschen in Kapitalmärkte investiert haben, für die sie eigentlich nicht geeignet sind. Das rächt sich jetzt gerade dreifach. Denn die Zinsen für Kredite sind gestiegen, bedeutet die Menschen müssen z.B. mehr monatliches Budget für Immobilienfinanzierungen aufwenden. Zusätzlich sind auch die Verbraucherpreise gestiegen, bedeutet auch das drückt auf das monatliche Budget und schmälert die Liquidität. Und genau in dieser Situation wünschen Menschen sich mehr Sicherheit in Form von Vermögen und kurzfristig verfügbaren Rücklagen und sehen dann, dass ihre Geldanlagen auch gefallen sind, also an Wert verloren haben.
Genau hier ist es als Finanzplaner wichtig anzusetzen, die aktuelle Situation rational und nüchtern zu betrachten. Mit den Kundinnen und Kunden nochmal genau die Ziele, Wünsche zu definieren und priorisieren und ihnen emotionale Sicherheit zu geben, um dann eine vernünftige Entscheidung treffen zu können.
Inwiefern sind kurzfristige Bankprodukte, die nun wieder risikolos Geld parken lassen, relevant für Finanzplaner, insbesondere in Bezug auf die kurzfristige Liquidität?
Kurzfristige Bankprodukte machen die Situation komplizierter. Da es hier auf die Details ankommt. Ein Selbstständiger, der 140.000 Euro kurzfristig verfügbar haben muss, wird seine Liquidität vermutlich nicht auf einem Konto parken, da die attraktiven Zinsen oft nur bis zu einer Einlage von 100.000- 50.000 Euro greifen oder zeitlich befristet sind. Außerdem ist da dann noch die staatliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro zu beachten.
Für den Großteil der Bevölkerung macht es die Situation aber angenehmer, da diese ihre Liquidität wieder gut verzinst parken kann.
Bedeutet in meiner Arbeit muss ich stark unterscheiden, mit wem ich hier zusammenarbeite und für wen welche Art der Liquiditätsreserve die passende ist.
Welche konkreten Fragen und Anpassungswünsche haben Ihre Kunden zuletzt geäußert, insbesondere in Bezug auf Fonds- oder Aktienportfolios sowie Vermögensverwaltung?
Bewegen wir uns weiterhin in turbulenten Zeiten? Sollte ich meine Sparrate erhöhen? Ist die starke Inflation überstanden? Wie lange hält die Inflation noch an? -Sind aktuell die häufigsten Fragen. Hier erkennt man also klar Verunsicherung. Was gegen diese hilft, ist nochmals in die Anlagewünsche-/ und Ziele zu gehen und sich zu vergewissern, dass die Anlagestrategie immer noch zu den langfristigen Zielen passt. Falls das nicht der Fall ist entsprechend anzupassen.
Meistens wissen die Menschen ja ganz genau, was sie sich wünschen, man muss ihnen nur helfen das zu ergründen und ihnen dann eine passende Lösung bieten, der sie vertrauen können.
Haben sich aufgrund aktueller Entwicklungen die grundsätzlichen Empfehlungen für den Vermögensaufbau oder die Stellschrauben kurz vor Beginn der Rente verändert?
Wenn es um den langfristigen Vermögensaufbau geht, setzen wir nach wie vor auf eine wissenschaftlich fundierte Anlagestrategie. Nach den aktuellen Erkenntnissen ist es wenig ratsam hier kurzfristige Anpassungen vorzunehmen. Besonders jüngere Menschen verstehen das rational und emotional, sind daher bereit auch kurzfristige Rückgänge zu ertragen.
Wenn es jedoch um den direkten Renteneintritt bzw. um die Zeit kurz davor geht, geht es den Menschen oftmals vielmehr um die emotionale Sicherheit, sprich sie wollen oft weniger Schwankungen des Vermögens und eine verlässliche Rendite oberhalb der Inflation. Natürlich haben wir hier Stellschrauben angepasst. Setzen z.B. mehr auf Festgelder oder raten zu einer niedrigeren Aktienquote.
Wie beurteilen Sie aktuell die Marktlage bei Immobilien in Deutschland, insbesondere vor dem Hintergrund des Zinsanstiegs und möglicher Auswirkungen auf Käufer und Mieten?
Ich bin der Überzeugung, dass wir weitere Pleiten in der Immobilienbranche sehen werden.
Da sich hier viele Unternehmen aufgrund gestiegener Zinsen und restriktiverer Kreditvergaben nicht mehr profitabel refinanzieren können. Ihre Wette auf dauerhaft billiges Fremdkapital ging also nicht auf. Hinzu kommen die gestiegenen Rohstoffpreise, strengere Auflagen seitens des Gesetzgebers und dann kommt noch der Fachkräftemangel, wodurch Projekte teils massiv teurer werden oder gar nicht mehr realisiert werden können. Das wird die Wohnungsknappheit weiter verschärfen.
Bedeutet gut sanierte, gepflegte Objekte, in guter Lage werden wertvoller, da hier alles läuft.
In weniger begehrten Lagen und bei Objekten mit Sanierungsbedarf kommt es hingegen zum Wertverlust. Als Privatperson, kleinerer Investor sollte man sich allerdings gut überlegen, ob sich der Kauf diese Objekte lohnt. Viele Handwerker sind teils auf Monate ausgebucht und bevorzugen oft Großkunden, da diese ihnen kontinuierlich Aufträge liefern.
Was man auch im Hinterkopf behalten sollte, ist was passiert, wenn die Ukraine in Zukunft mit dem Wiederaufbau beginnt? Woher kommen die Rohstoffe? Woher die Handwerker?
Große, gut aufgestellte Immobilienunternehmen werden also weiter gestärkt. Dessen muss man sich als Käufer im Klaren sein. Für Mieten bedeutet dies, dass sie weiter steigen werden, da sich auch die Preise für die Vermieter konstant erhöhen.
Inwieweit haben Menschen mit weniger Einkommen Zugang zu Finanzplanung, und welche Maßnahmen könnten ergriffen werden, um dieses Paradoxon zu überwinden?
Jeder Mensch in Deutschland hat Zugang zu Finanzplanung. Was man jedoch unterscheiden muss, ist die Art der Planung/ Beratung. Menschen mit weniger Einkommen und weniger Vermögen brauchen keine hochkomplexe Finanzplanung inkl. diverser Steuerstrategien, da diese schlichtweg keinen Effekt hätte. Der erste Schritt wäre es, sich selbst ein gewisses Grundwissen anzueignen, um die Basics zu verstehen. Daran anknüpfend kann man sich dann spezifischere Beratung suchen. Klassische Makler oder Honorarberater können hier geeignet sein.
Das Problem ist also nicht Beratung an sich zu bekommen, sondern zu verstehen, warum diese benötigt wird und woran man passende Beraterinnen und Berater erkennt. Hier sehe ich zum einen meine gesamte Branche in der Pflicht mehr über die Wichtigkeit von Finanzberatung-/ und Planung kundzutun. Aber auch die Politik, diese könnte mehr Basics in der Schule vermitteln und eine gewisse Affinität für das Thema Finanzen schaffen. Diese werden wir brauchen, denn die Rente ist ja nun mal nicht mehr sicher und alle Menschen werden später auch zu einem Großteil von ihrem Vermögen leben müssen.