Herausforderungen der Windenergie

Windenergie trägt einen wichtigen Beitrag zur Energiewende bei. Doch wie entsteht eigentlich ein Windrad? Gerard Meindertsma, Gründer von WestWind Energy, spricht über die Herausforderungen der Windenergie.

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Transkript / Interview

Janine Mehner: Wie entsteht ein Windpark? Das verrät uns Gerad Meindertsma, Gründer des Unternehmens Westwind aus Kirchdorf heute beim Business Talk am Ku’damm.

Ihr Unternehmen projektiert und betreibt Windkraftanlagen. Welche Schritte müssen denn eingeleitet werden bevor ich überhaupt mit dem Betrieb und mit dem Bau einer Anlage beginnen kann?

Gerard Meindertsma: Ja es ist eine sehr interessante Frage, damit beschäftigen wir uns tagtäglich mit neuen Projekten, das heißt wir suchen erst mal sogenannte weiße Flecken.  Diese Flecken, die identifizieren wir, indem wir geografische Karten nehmen, Naturschutzgebiete, Waldflächen in Niedersachsen, Hochspannungsleitungen et. P.P. auseinander nehmen dann haben wir die weißen Flecken. Wenn es dann also dann sich lohnen würde mehrere Anlagen zu errichten, sprechen wir mit den Grundstückseigentümern als erstes. Mag zwar für viele Leute erst mal dann bedenklich sein: wieso gehen sie nicht an den Gemeinderat, fragen bei dem Bürgermeister. Komme ich aber später noch mal ein bisschen zu, weil es macht eher Sinn dann doch mit den Landwirten und Grundstückseigentümern zu reden, um dort auch die Pachtverträge mit denen zu machen, denn nur wenn wir den Pachtvertrag eigentlich auch als Projektierer baut auch nacheinem Windpark oder er baut ihn auch ebennicht, weil er nämlich keinen Pachtvertraghat.

Dann kämen wir zum zweiten: danach gehen wir bei und reden mit den Gemeindevertretern, in der Regel mit den Rats Damen und Herren und mit den Bürgermeistern, und schauen mal wie denn deren Meinung ist, um auf diesen Flächen Windkraft zu projektieren.Wenn wir die auch im Gespräch überzeugt haben, ist es für uns ein Leichtes, weil in der Regel sagt natürlich dann auch der Rat einer solche Gemeinde: was sagen denn die Grundstückseigentümer dazu? Denn die wissen natürlich auch ohne Grund und Boden wird nichts funktionieren, dann brauchen wir auch nicht das lange Prozedur zu machen, einen Flächennutzungsplan aufzubauen oder eventuell noch ein Bebauungsplan aufzustellen. Das dauert ja schließlich Mminimum 1-2 Järchen und je Gemeinde, ich sag mal, wollen sie auch nicht diese Arbeit auf sich nehmen für umsonst. Das heißt, wenn die Bürger vor Ort, Grundstückseigentümer schon nicht bereit sind einen Windpark errichten zu lassen auf deren Scholle, braucht man sich auch nicht mehr die Gedanken zu machen, um ins Planungsszenario einzusteigen. Wenn wir dann diesen großen Schritt Flächennutzungspläne hinter uns haben, fangen wir auch schon an zu gucken, ob es denn andere Gründe gibt, diese Windkraftanlagen auf dieser Fläche zum Beispiel nicht ausweisen zu können.

Das spielt im Großen und Ganzen eine sehr, sehr große Rolle:  Artenschutz, Bundesnaturschutzgesetz. Da müssen wir über ein Jahr lang sämtliche Vogelarten in diesen Flächenkartieren und auch drum herum, also Minimum 1,5 km drum herum, bei manchen Arten wie Robwelan, Seeadler auch mehrere Kilometer drum herum. Dann haben wir den zweiten Step: ist diese Arbeit erledigt und wir sehen: jawohl, es geht sowohl mit den Menschen, wir haben genügend Abstand zu denWohnhäusern, aber wir haben auch Abstand zu der Vogelwelt. Wenn dann der Flächennutzungsplan irgendwann rechtskräftig ist, gehen wir parallel ins sogenannte Verfahren nach demBundesimmissionsschutzgesetz, denn unsere Windkraftanlagen werden „last not least“ genauso rechtlich behandelt wie ein Atomkraftwerk. Wenn wir dann die Genehmigung haben, die Auswahl der Windkraftanlagen erfolgt ist, wird mit dem Bau eines Windparks begonnen. Dann sind wir am Ziel.

Gehen wir noch mal auf Schritt 1. Das heißt, Sie schauen sich als erstes die Grundstücke an, pachten dann das Grundstück und kümmern sich dann um die Baugenehmigung. Bauen sie bei den Anlagen alles selbst oder greifen sie auch auf Dienstleistungen von Drittanbietern zurück?

Gerard Meindertsma:  Also bei der Planung und das ist ja der Grund-Know-how der Firma Westwind, machen wir das komplett selber. Wir planen von a bis z. Das heißt, wir, so wie ich das gerade erklärt habe, die Schritte, die begleiten wir mit, mit den Gemeinden, mit den Bürgermeistern, weil häufig fehlt denen da das Know-how und die wollen, dass wir das Know-how liefern. Wenn man dieses Know-how nicht hätte, dann wäre das eigentlich schon fatal, wir könnten eigentlich auch nicht unsere Reputation darstellen. Bis zur Genehmigung machen wir das komplett selber. Ab dann bauen wir auch diese Windkraftanlagen oder den Windpark selber aber wir sind keine Manufactor also wir sind kein Fabrikant für Windkraftanlagen. Hier gibt es ja in Deutschland genügend wie Enercon, Westers, Nordex, GE ,Siemens… Ich will kein vergessen. Auch die kleinere Firma Wenses, auch von denen haben wir schon mehrere Anlagen aufgebaut.  Die machen das Geschäft von dem Fundament bis zur Inbetriebnahme des Windparks, aber nach der Inbetriebnahme werden diese Windkraftanlagen auch wieder von uns betreut.

Jetzt haben sie uns diesen gesamten Prozess in der ersten Frage erläutert, also Grundstückssuche, Genehmigung bis zum Bau und Inbetriebnahme.  Wie lange dauert das alles?

Gerard Meindertsma: Das ist eine sehr diffizile Frage. Läuft das alles glatt. Ich sage mal wir hatten in den letzten Vergangenheiten ein paar Verfahren, die sehr super liefen. Das heißt, wir hatten die Grundstückseigentümer sehr schnell auf unserer Seite. Wir hatten aber auch tolle Gemeindevertreter, die dem sehr, sehr positiv gegenübergestanden haben, die also den Flächennutzungsplan makellos, fehlerlos sage ich mir mal auch aufgestellt haben, weil da gibt es ja auch sehr viele Formfehler, die dann also ganz gerne mal begangen werden. Wenn das alles klappt, dann ist es von der Stunde A – Akquise der Flächen bis zum Beginn des Aufbaues vielleicht drei vier Jahre. Das wäre sehr schnell. Die meisten Verfahren dauern bei uns eher fünf oder sechs Jahre und wenn es ganz dumm kommt, dann kann es auch mal acht und zehn Jahre dauern. Sie brauchen also sehr, sehr langen Atem, wenn sie so eine Windparkplanung begehen wollen.

Sie betreiben ja die von Ihnen projektierten Windparks selbst. Was sind davon die Vorteile?

Gerard Meindertsma: Wo fängt man auch wieder bei der Geschichte an?  Also wir haben ‘98 unsere Firma gegründet und unsere ersten vier Anlagen gebaut haben. Dann war das eigentlich eher so eine Sache der besseren Rentenversicherung. Wir haben daraus später dann erst gesehen, dass man das auch als Geschäft machen kann. Die ersten Windparks haben wir auch verkauft: an Gesellschaften, an Betreibergesellschaften, sind aber dann also auf den Zug gesprungen: warum verkaufen, wenn man nicht selber behalten kann. Klar da ist das notwendige Kapital von Nöten. Das Eigenkapital was man sich auch erst im Laufe der Firmengeschichte aneignen muss und verdienen muss. Das darf man nicht vergessen aber wir sehen das so, wenn wir die Windparks verkaufen würden, wäre der Gewinn zwar gleich da, aber er wäre auch nicht langfristig da. Wir sind aber an dem langfristigen Mitverdienen dieses Windparks interessiert und deswegen ist unsere Idee von der Geburtsstunde schon her bekannt, wir betreiben diese Windenergieanlagen selber. Das ist gut für die Firma, weil dadurch behält man in Zeiten wo wir nicht gerade ein Windpark bauen können genügend Geld durch die Einnahmen aus den Windenergieanlagen, die wir früher errichtet haben, und können. Damit können wir unsere Beschäftigten bezahlen, aber auch weitere Planungsschritte unternehmen, die momentan schon ins Geld gehen.

Ja ich denke mal vor allem auch, weil die deutsche Windkraftbranche gerade einige Probleme hat. Was gibt es dafür Gründe?

Gerard Meindertsma: Momentan steckt das Dilemma im Detail. Angefangen ist das Ganze eigentlich mit der Umwandelung oder ich sage mal der Novellierung des EEG 2016, was erst zum 01.01.2017 in Kraft tritt. Viele nennen das auch das EEG 02. Bei diesem EEG ist in der langen Geschichte des erneuerbaren Energiegesetzes oder auch schon davor im Stromgesetz folgendes passiert: es gibt keine fixe Vergütung mehr, sondern wenn man einen Windpark errichten will, muss man zur Bundesnetzagentur gehen und sich an einem so genannten Ausschreibungsmodell beteiligen. Da war der erste Fehler in dem Gesetz, dass man die sogenannten privilegierten Bürgerenergiegesellschaften zum Zuge kommen ließ, die ohne eine Bundesimmissionsschutzgenehmigung an einer solche Ausschreibung teilnehmen lassen ließ. Das hat dazu geführt, dass im gesamten Jahr 2017 alle Ausschreibungen an diese Bürgerenergiegenossenschaften oder Bürgerenergiegesellschaften gegangen sind. Mit der Folge, dass diese Genehmigung bis heute noch nicht errichtet worden sind und womöglich auch in Zukunft nie errichtet werden, heißt auf gut Deutsch. Auch werden gar keine Windkraftanlagen mehr gebaut, und damit fing das Dilemma an. Die Bundesregierung hat dafür über ein Jahr gebraucht, um das zu stoppen. Danach wurden die Bürgerenergiegesellschaften so behandelt wie die Projektierungsfirmen, wie unsere Firma, dass man erste Genehmigung haben muss und dann in die Ausschreibung gehen konnte. Das ist ein Dilemma gewesen womit das ganze Ding anfing zu stottern.

Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass die eindeutigen Regelungen im Artenschutz fehlen. Wir brauchen so etwas wie eine technische Anweisungen Artenschutz, die den Genehmigungsbehörden genau erzählen, wann sie was genehmigen können und wann nicht. Zurzeit ist das so ein bisschen eine Ermessensentscheidung eines jeglichen Mitarbeiters auch der jeweiligen Behörde. Das ist ein bisschen Wildwuchs, weil einer sieht das so, der andere sieht das so, es gibt keine klare Regelung. Es gibt zwar ein Windenergieerlass fast in jedem Bundesland gibt es so etwas, sind unterschiedlich, bei uns in Niedersachsen gibt es auch den Windenergieerlass aber der regelt nicht eindeutig, wie viel Abstände ich denn zu einem Rotmilan Horst halten muss. Und das ist ein Dilemma. Und auch last not least, die nicht nachvollziehen den Flugsicherungsmaßnahmen, nehmen wir nun mal das Beispiel des VRS, dass man da 15 Kilometer Abstand halten muss. Die verhindern heute tausende von Megawatt genehmigte Windkraftanlagen. Das ist nicht erforderlich mehr, kein Flugzeug hält sich an diese VRS. Die haben alle heute satellitengestützte Informationssysteme in ihren Flugzeugen und können damit sehr wohl den nächsten Flughafen erreichen. Und auch die politische Situation. Die neuesten Umfragen des Bundesverbandes Windenergie haben ergeben, dass weit über 70 Prozent der deutschen Bevölkerung für den Ausbau der Windenergie sind. Aber unsere Bundesregierung meint momentan, sie müssen auf Wählerstimmen gehen und müssten solche Regelungen einführen wie 1.000 Meter Abständen zu Häusern, dass das überhaupt nicht erwiesen ist. Das sei mal dahingestellt. Ja diese ganze Problematik zieht dann natürlich noch weitere Probleme hinten ran sodass es jetzt eben auch massenhaft zu Entlassungen kommt, die zumindest auch angekündigt sind.

Ihrer Aussage nach geht es ihrem Unternehmen exzellent, das hört man natürlich gern. Was haben sie anders gemacht als Mitbewerber, die mitunter auch größer sind aber trotzdem in der Krise stecken?

Gerard Meindertsma: Vielleicht liegt in der Größe nicht alles, wir haben eine relativ konservative Unternehmensstrategie, heißt aber nicht, dass wir hier hierarchisch sind, also da sitzt der Chef und die anderen arbeiten mal, sondern dass bei uns ist eigentlich eine Führungseinheit komplett auf Augenhöhe. Die Mitarbeiter fühlen sich bei uns eben Wohl, dafür stehen wir als Unternehmensgründer ein, das ist also eine ganz wichtige Voraussetzung, dass alle Mitarbeiter am gleichen Strang ziehen und das kann man mit, ich sag mal 30 Mitarbeitern besser machen als mit 300. Aber auch eben wir haben ein organisches Wachstum, als der Hype losging mit der Windenergie, haben wir nicht wie viele andere Mitbewerber da irgendwie auf 300-400 Leute gesetzt und auf Teufel komm raus Windkraftprojekte projektiert, sondern wir sind bedächtig herangegangen. Wir sind eher wirklich bei uns um die Kirchturmspitze geblieben und haben dort die Flächen entwickelt. Wir kennen die Bürger vor Ort, wir kennen die Bürgermeister, wir kennen die Landräte, wir kommen gut miteinander klar. Und das ist eine ganz wichtige Voraussetzung, um erfolgreich ein Geschäft zu betreiben in einem Ort wie Kirchdorf. Und wir haben eben eine ganz normale schlanke Unternehmensstruktur. Jeder weiß was er machen muss und jeder setzt sich für die Firma ein und das ist wichtig.

Sie haben nicht nur Anlagen in beispielsweise Kirchdorf oder in Niedersachsen in Deutschland, sondern auch in Australien. Worin unterscheiden sich denn die Märkte?

Gerard Meindertsma: Australien ist ein ganz anderer Markt. Australien ist ein reiner Markt, der das Wort Markt auch wirklich liebt. Wir haben hier in Deutschland das Erneuerbare Energiegesetz, so etwas gibt es in Australien nicht. Wir haben uns in 2004 für Australien entschieden und nicht für Offshore-Projekte, weil wenn wir in Australien Bekannte hatten, die eigentlich gesagt haben: Mensch, das müsste eigentlich auch bei uns laufen. Muss man also auch sehen, dass wir sind Australien die geografischen Vorteile haben gegenüber Deutschland. Wir haben einmal in den Breitengraden gerade im südlicheren Bereich von Australien in Viktoria wo auch unsere Firma sitzt, ausgesprochen gute Winde. Im südlichen Bereich von Viktoria aber auch in Südaustralien erheblich mehr Sonnenstunden als hier in Deutschland. Wir beschäftigen uns dort also seit 2004 mit der Windenergie und mit der Photovoltaik. Auch dort haben wir größere Unternehmen sitzen, die sich aber nur mit der Projektierung von Windenergie beschäftigen. Aber man muss sehen wir haben dort natürlich auch, stand heute 25 Millionen People wohnen nur auf einem ganzen Kontinent. Und wir haben dort Flächen, das bedeutet also für uns, wir können Windparks besser gestalten. Unsere Windparks haben dort nicht die Größe von drei oder vier Windkraftanlagen, unser kleinstes Projekt hat dort 64 Windkraftanlagen.  Die nächsten Projekte hatten 105 und wir haben in diesem Jahr ein Projekt genehmigt bekommen mit 217 Windkraftanlagen in einem einzigen Windpark, dass man natürlich dadurch auch die Gigawattstunden billiger betreiben kann als in Deutschland vor allem, weil das Windangebot auch noch besser ist, heißt auch wir können dort auf dem Markt den Strom direkt marktfähig verkaufen.

Vielen Dank für die ganzen Einblicke.

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