Felix Anthonj: Etablierten Playern bei der Transformation helfen

Interview mit Felix Anthonj
Felix Anthonj ist Geschäftsführer von Flexperto. Im Interview spricht er über verschiedene Ansätze von Fintechs und die Vorteile eines kooperativen Geschäftsmodells.   

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Felix Anthonj: Der These, dass das Gros der Fintech-Szene den etablierten Finanzdienstleistern den Rang ablaufen möchte, muss ich zunächst einmal widersprechen. Die meisten Fintechs, die ich kenne, wollen den etablierten Playern bei der Transformation helfen. Leider haben zahlreiche kleine und große Banken sowie Versicherungen, viel zu spät erkannt, dass die digitale Transformation mehr als nur ein Buzzword ist.

Die wirtschaftlichen Folgen sind aktuell vielmals nicht mittelbar in Form einer Reduktion von Marktanteilen erkennbar, weil mit dem Bestandsgeschäft noch genügend Geld verdient wird. Außerdem befriedigen die alternativen Angebote neuer Wettbewerber, wie zum Beispiel die von Digitalversicherern oder digitalen Banken, heute noch nicht den Bedarf einer kritischen Masse der deutschen Konsumenten. Marktanteile ließen sich bisher nur in Nischen gewinnen. Im Übrigen ein typischer Prozess bei Innovationen, wenn Sie sich das Amazon Beispiel vor Augen führen, die ebenfalls mit Büchern gestartet sind. Daher sollten sich die Vorstände auch keinesfalls ausruhen.

Viele Vorstände haben die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen leider trotz Corona immer noch nicht verstanden. Aus meiner Erfahrung in der Zusammenarbeit mit digitalen Vorreitern und den sogenannten „Laggern“, erwarte ich einen schleichenden Abstieg insbesondere der mittelgroßen und kleinen Banken und Versicherungen. Manchmal frage ich mich, wo bleibt der Mut und die Vision? Aber viele dieser etablierten Gesellschaften haben eben keine Unternehmer und Unternehmerinnen an der Spitze, die man in Zeiten von grundlegenden Veränderungen aber dringend auch in diesen Unternehmen bräuchte.

Was ist Ihr Kerngeschäft, welche die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Felix Anthonj: Flexperto ist Europas führende Onlineberatungslösung. Wir geben Vertriebsmitarbeitern und Beratern all die digitalen Werkzeuge und Kommunikationskanäle, die Sie benötigen, um ihre Kunden online und persönlich zu beraten und zu betreuen. Das reicht von der Online Terminvereinbarung direkt über die Webseite, über das Gespräch zwischen Kunde und Berater mittels Audio- und Videochat, das Teilen von Dokumenten und gemeinsame Bearbeiten, bis hin zum digitalen Vertragsabschluss mittels E-Signatur. Datenschutzkonform, einfach zu integrieren und komplett web-basiert. Mittlerweile nutzen über 15.000 kleine Unternehmen und über 50 Großkunden die Lösung, darunter etablierte Finanzdienstleister, z.B. MLP, DEVK, HUK-Coburg, Dr. Klein oder auch die Berliner Volksbank, aber auch immer mehr Energiedienstleister, wie die EWE aus Oldenburg und Innogy, oder auch große Telekommunikationsunternehmen, wie die Deutsche Telekom vertrauen auf unsere Technologie für den persönlichen Kundendialog im Internet.

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu ihren etablierten Wettbewerbern?

Felix Anthonj: Flexperto fokussiert sich auf Anwendungsfälle im Vertrieb, statt auf die interne Kommunikation, wie das bei Teams, Gotomeeting oder Webex der Fall ist. Zudem legen wir als deutscher Anbieter sehr großen Wert auf IT-Sicherheit und Datenschutz. Daten werden ausschließlich in Deutschland oder Europa verarbeitet und wir sind komplett DSGVO, MiFIDII und auch FinVermV konform.

Besonders in der Corona-Krise samt Kontaktbeschränkungen und Lock down haben wir mitbekommen, dass Unternehmen ihren Vertrieb schnell digitalisieren wollten. Oft wurde voreilig auf „kostenlose“ Alternativen gesetzt. Für die professionelle Online-Kunden-Beratung im Unternehmen empfehlen wir aber wärmstens darauf zu achten, dass die Lösung für den Kundendialog geeignet ist, für den Kunden zum Beispiel keine Downloads oder Plugins notwendig sind, die Integration in Bestandssysteme oder auch die Homepage einfach umsetzbar ist und eine entsprechende Begleitung bei der Einführung zur Verfügung gestellt wird. Digitale Beratung ist weit mehr als ein einfacher Videochat.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender, wie agiert ihr Unternehmen?

Felix Anthonj: Flexperto setzt sich bereits seit Jahren dafür ein, die Kooperation zwischen den etablierten Anbietern und Startups zu beschleunigen. Der gemeinsame Austausch bereichert und fördert Innovation. Wir veranstalten daher jedes Jahr die Digisurance-Konferenz in Berlin, die Vertretern beider Welten eine Plattform für Austausch und Präsentation gemeinsamer Projekte bietet. Agiert wird unter dem Motto „Fakten statt Fiktion“. In diesem Jahr fand die Digisurance auf Grund der aktuellen Situation zum ersten Mal online statt. Fintech ist aber auch nicht gleich Fintech. Es gibt Dienstleister und es gibt diejenigen, die selbst die Position der Platzhirsche einnehmen wollen. Insofern muss die Frage, welches Modell zielführender ist, immer differenziert und im Hinblick auf die Zielstellung der Unternehmen beantwortet werden.

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Felix Anthonj: Wir arbeiten aktuell verstärkt an inkrementellen Verbesserungen, z.B. an einer überarbeiteten Online-Terminbuchung oder auch an zusätzlichen Funktionen im Online-Sitzungsraum. So ist es beispielsweise nun möglich, Gespräche FinVermV und Mifid-2 konform aufzuzeichnen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Integrationsfähigkeit unserer Lösung. In Kürze werden wir zum Beispiel eine Standard-Integration mit Salesforce anbieten. Das passt gut zu unserem neuen Partner, der T-Systems, die flexperto in ihr Angebotsportfolio mit aufgenommen hat. Auch das Thema Instant Messaging treiben wir mit Hochdruck voran, da dieser Kanal aktuell noch immer kaum datenschutzkonform von den Vertrieben genutzt wird und wir einen hohen Bedarf von Kundenseite sehen.

Herr Anthonj, vielen Dank für das Gespräch.

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