Das fungible Gold

Interview mit Önder Çiftçi
Seit die Menschen auf das „Schweiß der Sonne“ gestoßen sind, lässt sie dieses kostbare Gut nicht mehr los. Nicht verwunderlich also, dass es bis heute als sichere Anlagemöglichkeit in Krisenzeiten gilt, zumal der Goldpreis noch nie gegen 0 lief und es höchstwahrscheinlich auch nie tun wird – eben weil es bis heute noch hoch im Kurs steht. Wann ist jedoch der richtige Zeitpunkt für den Einstieg ins Gold-Geschäft? Oder wäre Silber vielleicht doch die bessere Variante? Wir haben den erfahrenen Rohstoffspezialisten und Mitbegründer des bankenunabhängigen Handelsunternehmens Ophirum GmbH in Berlin Önder Çiftçi zu Rate gezogen, um diese und weitere Fragen zu klären.

Gold gilt als sicherer Hafen in Krisenzeiten. Zu Recht?

Gold bietet aufgrund seiner Eigenschaften gerade Anlegern, die ihr Vermögen langfristig sichern möchten, unschlagbare Vorteile. So gab es etwa in der jüngeren Vergangenheit einige Marktphasen, während derer sich Gold-Anleger einfach sicherer fühlen konnten; ein gutes Beispiel dafür ist etwa die Euro-Krise 2011. Aber auch die aktuell herausfordernde Marktlage stellt ein Umfeld dar, in dem Anleger mit Gold als ein Depotbaustein ein sichereres Gefühl haben. Verschärft sich die aktuelle Lage und sorgen Konflikte für Spekulationen über aus heutiger Sicht nahezu undenkbare Herausforderungen, kann das Finanzsystem in Schieflage geraten – gerade dann können physische Edelmetall-Bestände ihre Stärken ausspielen. Gold ist einfach eine einzigartige Anlageklasse: Als Anleger investiere ich damit in einen Sachwert, der greifbar ist. Das ist eine Immobilie zwar auch, aber Gold ist wesentlich fungibler – ich kann es nahezu zu jeder Zeit kaufen und verkaufen, und zwar in der Stückelung, die mir gefällt. Anleger scheinen das tatsächlich verstärkt in Krisen zu realisieren – obwohl Gold an und für sich immer ein Investment wert ist.

Der Goldpreis ist nahe am historischen Hoch. Ist aktuell der richtige Zeitpunkt zum Einstieg?

Ein Hoch ist generell bei keiner Anlage ein Argument, weder für oder gegen einen Kauf beziehungsweise Verkauf, insofern sollte das nicht als Entscheidungsgrundlage dienen. Speziell bei Gold sollte man aber ohnehin nicht in Kategorien wie richtiger oder falscher Zeitpunkt denken. Entscheidend ist, dass man Gold im Fall der Fälle überhaupt besitzt. Wer Gold in dessen einzigartigen Funktion als Wertspeicher und Krisenversicherung zugleich kauft, muss sich keine Gedanken darüber machen, ob er bei 1.700 US-Dollar oder 1.900 US-Dollar einsteigt.

Finden Sie ist Gold geeignet für eine Altersvorsorge?

Alles, was von Wert ist, eignet sich für die Altersvorsorge, ein zeitloses Edelmetall wie Gold ganz besonders. Damit haben Anleger ein Asset im Depot, das wie ein Fels in der Brandung den Turbulenzen des Kapitalmarkts trotzt. Ganz besonders interessant gerade für langfristig orientierte Anleger ist aber ein regelbasierter Goldsparplan. Hier eröffnen sich Anlegern verschiedene Möglichkeiten. Für diejenigen Sparer, die von den Vorteilen eines Gold-Investments profitieren möchten, aber das Edelmetall nicht unbedingt in ihren Händen halten müssen, bietet sich vor allem ein Sparplan in Tresorgold an. Dabei erwerben Anleger ab der ersten Sparrate – abhängig von der Höhe der Sparsumme – Bruchteile eines in Deutschland gelagerten und 100 Prozent versicherten Goldbarren, der auf Wunsch auch ausgezahlt oder in Einzelbarren gewandelt werden kann. Anleger sollten dabei vor allem darauf achten, dass der Edelmetall-Sparplan alle Vorzüge bietet, die sie auch von Aktien- und Fonds-Sparplänen kennen. Dazu gehört etwa die Sparsumme des Sparplans online anzupassen oder auszusetzen.

Neben Gold ist auch Silber ein beliebtes Edelmetall. Worin unterscheiden sich die Investments?

Da ist zuallererst der Preis: Gold ist – zieht man jeweils die Notierung pro Feinunze heran – aktuell mehr als 80-mal so viel wert wie Silber. Ein ganz pragmatischer, für Goldkäufer noch entscheidender Unterschied ist zudem der, dass auf Käufe von physischem Silber Mehrwertsteuer anfällt – beim Erwerb von Gold aber nicht.

Der Silberpreis folgt in der Regel dem Goldpreis. Ist Silber derzeit unterbewertet oder Gold überbewertet?

Viele Marktteilnehmer ziehen zur Beantwortung dieser Frage das sogenannte Gold-Silber-Ratio heran. Diese Kennzahl ist aber allein schon aus dem genannten Grund irreführend, dass sich Gold und Silber in ihren Anwendungen unterscheiden. Überspitzt formuliert haben Äpfel und Birnen mehr gemeinsam als Gold und Silber. Darüber hinaus ist eine vermeintliche Bewertung nur eine Momentaufnahme und sollte nicht als Kauf- oder Verkaufsentscheidung für langfristig orientierte Anleger genutzt werden.

Welche Möglichkeiten haben private Anleger in Edelmetalle zu investieren?

Es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Natürlich können Anleger auf die reine Preisentwicklung in Form von Derivaten spekulieren oder dafür bei entsprechender Risikobereitschaft Goldminenaktien handeln. Der Kauf von physischem Gold ist aber etwas ganz anderes, allein weil der Käufer tatsächlich im Besitz des Edelmetalls ist. Dabei hat er mehrere Optionen, so etwa die Verwahrung im Zollfreilager: Sie ist kostengünstiger als das Schließfach bei der Bank und um ein Vielfaches sicherer als der heimische Tresor. Und dann gibt es ja die schon erwähnten Goldsparpläne, die das klassische Sparen mit der Faszination Gold kombinieren.

Man soll ja immer das Risiko streuen, die Konjunkturprojekte erhöhen ja gerade auch die Liquidität am Markt. Wie sehen Sie mittel- und langfristig die Entwicklung von Gold?

Risikostreuung ist ein gutes Stichwort. Wir empfehlen im Sinne einer zielführenden Diversifikation einen Portfolioanteil zwischen fünf und zehn Prozent in Gold zu investieren. Prognosen für die mittel- oder langfristige Entwicklung sollten dabei nicht ausschlaggebend sein – sie können ja auch falsch sein.

Herr Çiftçi, vielen Dank für das Interview.

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Önder Çiftçi

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