Warum hat sich der Goldpreis in diesem Jahr trotz hoher Inflation nicht besser entwickelt?
Die Preisfindung bei Gold findet weniger am physischen Markt, sondern vielmehr an den Spot- und Futures-Märkten in den USA statt. Hier kam es in den vergangenen Monaten oftmals zum Abbau von Long-Positionen spekulativ orientierter Investoren. Darüber hinaus haben sich nordamerikanische Investoren in großem Stil von ihren ETF-Beständen getrennt, was zusätzlichen Druck auf den Goldpreis ausübte.
Wegen des starken Dollars hat sich der Preisrückgang des Goldpreises in Euro aber deutlich geringer ausgewirkt. In Euro notiert der Goldpreis aktuell knapp sieben Prozent im Plus auf Sicht von zwölf Monaten, auch in Schweizer Franken liegt er auf Jahressicht noch immer knapp im grünen Bereich.
Eine Anlage in physische Edelmetalle ist aus unserer Sicht aber grundsätzlich nur mit einem langfristigen Ansatz sinnvoll. Blickt man auf die Performance seit dem Jahrtausendwechsel, so hat sich der Goldpreis gegenüber dem Schweizer Franken vervierfacht – gegenüber dem Euro sogar fast versechsfacht. Dies erfolgte nicht linear. Größeren Aufwärtsbewegungen folgten teils langanhaltende Korrekturen. Unter dem Strich hat Gold gemacht, was es soll – nämlich die Kaufkraft auch nach Abzug der Inflation erhalten.
Wie ist der noch stärkere Jahresverlust von Silber zu erklären?
Die Preisfindung bei Silber erfolgt in noch stärkerem Ausmaß als bei Gold an den Futures-Börsen in den USA. Obwohl sich die Aufgelder für Münzen und Barren nahe ihrer Rekordstände befinden und teils kaum mehr Material zu bekommen ist, wird Silber in großem Stil an den Terminmärkten verkauft. Wir gehen angesichts der starken globalen Nachfrage nach Silber (sowohl von Investorenseite als auch von der Industrie) davon aus, dass sich der Silberkurs in den kommenden Monaten und Jahren deutlich erholen wird.
Welche Aussichten sehen Sie für die weitere Preisentwicklung bei den Edelmetallen?
Gold und Silber sind monetäre Edelmetalle. Gold hat dabei die Aufgabe, Kaufkraftverluste durch Inflation über lange Zeiträume hinweg auszugleichen. Das wird es unserer Meinung nach auch in Zukunft tun. Sollte die hohe Nachfrage nach Silber weiterhin anhalten, rechnen wir mit einer spürbaren Erholung des Preises in den kommenden zwölf bis 18 Monaten. Üblicherweise sind die Schwankungen in beide Richtungen beim Silber aber ungleich höher als beim gelben Edelmetall. Die Anleger brauchen hier sicherlich stärkere Nerven.
Bitte beschreiben Sie die Nachfrage-Situation bei pro aurum.
In den vergangenen Monaten hat die Gold- und Silbernachfrage tatsächlich wieder sehr stark angezogen. In den pro aurum Filialen gab es teilweise lange Warteschlangen. Bestandskunden nutzten Kursrückgänge in Euro für Nachkäufe und Neukunden stiegen angesichts niedrigerer Preise in den Edelmetallmarkt ein. Die alles überlagernden Themen in der Beratung waren und sind die deutlich beschleunigte Inflation und die geopolitische Gefahrenlage. Knapp 90 Prozent der Kunden sind aktuell auf der Käuferseite. Die durchschnittliche Ordergröße liegt derzeit bei ca. 10.000 Euro.
Welche Möglichkeiten haben private Anleger in Edelmetalle zu investieren?
Edelmetalle können physisch oder in Form von börsennotierten Wertpapieren gekauft werden. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeiten zum Erwerb eines ETF an der Börse, der teilweise oder in Gänze mit physischer Ware hinterlegt ist. Es gibt gute Argumente für alle Produktgruppen und so ist es wahrscheinlich ratsam, sein Edelmetallportfolio auch mit einer guten Mischung daraus zu bestücken. Börsengehandelte Papiere haben einen deutlich niedrigeren Spread – also Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs – als Münzen und Barren. Bei physischer Ware haben die Anleger jedoch keinerlei Kontrahentenausfallrisiko, was in den aktuell nervösen Zeiten ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.
Herr Summa, vielen Dank für das Interview.