Carsten Bauer: Ganzheitliche Betreuung der Immobilie in allen Lebenszyklusphasen

Interview mit Carsten Bauer
Carsten Bauer ist Abteilungsleiter für den Servicebereich Gebäudemanagement bei der AWO Kreisverband-Siegen Wittgenstein/Olpe. Mit ihm sprechen wir über den Aufgabenbereich des Facility-Managements, die Aufgabe eines guten Projektleiters sowie die Ausbildung eines Facility-Managers.

Was früher vielleicht mal der „Hausmeister-Service“ war, hat sich heutzutage zu einem komplexen Aufgabenbereich entwickelt. Können Sie den Unterschied einmal kurz erklären?

Carsten Bauer: Der „Hausmeister-Service“ hat sich um das operative Geschäft gekümmert. Einfache Prüfung und Wartung von technischen Anlagen und Gebäudeteilen, Gartenpflege, Winterdienst, kleinere Reparaturen und auch die Organisation der Instandhaltung und Instandsetzung der Immobilien waren die Hauptaufgaben.

Beim Facility Management geht es um eine ganzheitliche Betreuung der Immobilie in allen Lebenszyklusphasen, von der Planung über die Nutzung und ggf. Umnutzung bis hin zum Abriss. Der Facility Manager ist nicht erst in der Betriebsphase, sondern meist schon vor der Errichtung eines neuen Gebäudes mit im Boot. Neben dem operativen Bereich sind auch strategische Gesichtspunkte hinzugekommen, Energie- und Umweltaspekte nehmen einen viel stärkeren Platz ein und auch die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzgebers ist anspruchsvoller in der Umsetzung geworden.

Ein guter Projektleiter ist das „A und O“ eines reibungslosen Betriebsablaufes, wobei dieser die menschlichen und technischen Aspekte (Zeit, Ressourcen, Personal und Kommunikation) miteinander verbinden muss. Wie ist da Ihre Erfahrung?

Carsten Bauer: Eine gute Projektleitung ist ausgesprochen wichtig für einen geschmeidigen Betriebsablauf. Die Interaktion mit den anderen am Prozess beteiligten Personen ist die Voraussetzung für eine gute Koordination, die Einhaltung von Terminen und die Zielerreichung. Die Projektleitung muss dafür über ein breites Spektrum von Kompetenzen verfügen, von der persönlichen Kompetenz über die Sozialkompetenz bis hin zur Methoden- und Umsetzungskompetenz. Diese sind fast genauso wichtig wie die fachspezifischen Qualifikationen, Fachwissen und Erfahrungen.

Effiziente Prozesse dienen einem reibungslosen Ablauf bei der Betreuung von Liegenschaften. Was qualifiziert ein Facility- und Projektmanagement zu größeren und anspruchsvolleren Aufgaben?

Carsten Bauer: Eine prospektive Arbeitsweise. Man sollte organisatorisch und im zeitlichen Ablauf über den Tellerrand hinausschauen können.

Was sind die großen Trends für die Zukunft in Hinblick auf die technische, wirtschaftliche, soziale Entwicklung in der Gesellschaft und im eigenen Unternehmen? Welche Entwicklungspotentiale lassen sich daraus ableiten und wie können wir diese optimal umsetzen?

Carsten Bauer: Im Unternehmen ist man zentrale Anlaufstelle für alle Fachbereiche, was die Infrastruktur anbelangt. Durch das große Spektrum an Aufgaben ist es günstig, wenn das Facility Management fachlich breit aufgestellt ist.

Eine hohe Ausbildungsqualität und verschiedene Kompetenzbereiche, die laut IFMA (International Facility Management Association) Bestandteil des Facility Managements sind, kann man sich ja nicht „im Vorbeigehen“ erwerben. Wie sieht die Ausbildung eines Facility-Managers aus?

Carsten Bauer: Bevor der Studiengang FM an den Hochschulen etabliert wurde, kamen die Mitarbeiter aus dem Bereich technische Gebäudeausrüstung, Hoch- und Tiefbau sowie aus der Immobilienverwaltung.

Facility Management kann man in Deutschland heute an Universitäten, Fachhochschulen und im Fernstudium mit dem Abschluss Bachelor und Master studieren. In den Fachbereichen Bauingenieurwesen und Architektur gibt es Facility Management als Vertiefungsrichtung.

Für Quereinsteiger aus dem Immobilienbereich oder technischen Berufen gibt es Qualifikationsmaßnahmen der Handwerkskammern, um sich Teilinhalte des FM anzueignen. Zu nennen wäre hier zum Beispiel der Fachwirt für Gebäudemanagement. Um dem ständig steigenden Anforderungsprofil des Berufes gerecht zu werden, ist eine kontinuierliche Fortbildung sinnvoll, um das Wissen aktuell zu halten.

Das Berufsbild „Facility-Management“ ist mittlerweile IT-lastig geworden, wenn man z.B. Computer Aided Facility Management (CAFM) als digitale Komponente berücksichtigt, um notwendige Daten zu erfassen und auszuwerten. Schreckt das potenzielle Interessenten an diesem Beruf ab oder weckt es eher Interesse?

Carsten Bauer: Die Arbeit im Facility Management ist heutzutage, aufgrund der Komplexität und des Umfangs, ohne eine wirklich gut funktionierende Datenbanksoftware nicht zu leisten, zumindest nicht im erforderlichen Umfang. Durch die fortschreitende Digitalisierung hat sich auch der Arbeitsmarkt auf diesen Bedarf eingestellt. Das CAFM ist in diesem Zusammenhang ein Werkzeug, welches die Arbeit vereinfachen und strukturieren soll. Insofern ist CAFM ein Aspekt des Berufsfeldes, welches weitere Interessentengruppen anspricht, die bisher vielleicht keine berufliche Verbindung zum FM sahen.

Die Bedeutung des Facility Managements wächst in Zeiten von immer komplexer werdenden Unternehmensstrukturen. Das Bewirtschaftungsvolumen liegt im 3-stelligen Milliardenbereich. Wie geht diese Entwicklung weiter?

Carsten Bauer: Die immobilienbezogenen Kosten sind ein großer Kostentreiber und nehmen bei den Unternehmen, nach den Personalkosten, den zweiten Platz bei den Ausgaben ein, das können bis zu 10 % der Bilanzsumme sein. Der Trend geht zur Abdeckung aller Lebenszyklusphasen des Gebäudes und zu komplexeren und strategischen Aufgaben. Aus diesem Grund werden die Facility Services ihren Stellenwert behalten. Trotz der wirtschaftlichen Gesamtsituation ist mit einem geringen Wachstum der Branche zu rechnen.

Herr Bauer, vielen Dank für das Gespräch!

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