Dropshipping – lohnt sich der Onlinehandel-Trend?

Interview mit Dr. Susanne Creutzig
Das sogenannte Dropshipping ist ein neuer Trend im E-Commerce Bereich. Hierbei kann man ohne viel Startkapital in den Onlinehandel einsteigen. Klingt zunächst verlockend, ist jedoch sehr tückisch und mit vielen möglichen Problemen versehen. Dr. Susanne Creutzig, eine erfahrene Rechtanwältin und Mitinhaberin der Kanzlei Creutzig & Creutzig PartG in Köln, erklärt uns, wie genau das Dropshipping-Modell funktioniert, welche Hindernisse gegeben sind und vor allem welche rechtlichen Fragen abgeklärt sein müssen, um einen erfolgreichen Online-Handel als Dropshipping-Partner betreiben zu können. 

Dropshipping hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Können Sie uns das Geschäftsmodell genauer erklären?

Unter „Dropshipping“ verbirgt sich eine besondere Form des Direkt- oder Streckenhandels im Bereich des E-Commerces. Diese Streckengeschäfte werden mittlerweile häufig vorgenommen, wenn Onlinehändler kein eigenes Warenlager unterhalten. Die Shopbetreiber übernehmen lediglich die Bestellannahme und Abrechnung des Kundengeschäfts. Sobald eine Bestellung eingeht, schließen sie mit einem Hersteller oder Großhändler selbst einen Vertrag über die Ware. Dieser hat u.a. zum Inhalt, dass der Hersteller oder Großhändler die Ware direkt an den Kunden versendet. Der Shopbetreiber hat also keinerlei physischen Kontakt zu der Ware.

Welche Vor- und Nachteile hat das Geschäftsmodell Dropshipping und warum ist es vor allem für KMU interessant?

Die Kunden profitieren beim Geschäftsmodell „Dropshipping“ in aller Regel von einem vielfältigen, kostengünstigen Angebot an Waren. Sie tragen allerdings das Risiko, dass die erworbenen Produkte nicht die erwünschte Qualität aufweisen, nicht die in der EU gültigen Standards erfüllen bzw. sich bisweilen sogar als Fälschungen herausstellen. Denn je nachdem wo der Hersteller der Ware geschäftsansässig ist, gibt es weniger strenge Vorschriften bei der Herstellung von Produkten als hierzulande.

Für KMUs ist das Geschäftsmodell häufig als Einstieg in den E-Commerce interessant. Es bietet den Vorteil, dass die Unternehmen ohne hohen Kapitaleinsatz das Betreiben eines Onlineshops austesten können. Kapital wird regelmäßig nur dann gebunden, wenn ein Kunde eine Bestellung aufgibt und das Unternehmen die Ware selbst beim Hersteller oder Großhändler erwirbt. Insoweit kommt es gegenüber dem herkömmlichen Onlinehandel zu erheblichen Kosteneinsparungen, insbesondere im Bereich Anmietung von Räumlichkeiten, Personal, Logistik, Verpackung und Lagerhaltung. 

Auf der anderen Seite können Shopbetreiber mit diesem Geschäftsmodell in der Regel nur geringe Margen erwirtschaften. Denn der Lieferant lässt sich seine Dienstleistungen normalerweise entsprechend gut vergüten. Zudem sind die Shopbetreiber – was ihren Ruf belangt – von einer ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäfte durch den Hersteller/Großhändler abhängig. Gibt es hier Schwierigkeiten in Bezug auf die Produktqualität oder die Versendung der Ware, wirkt sich dies unmittelbar auch auf das Verhältnis der KMUs zum Kunden, mithin der Kundenzufriedenheit, aus. Daher sind die Kommunikation und das Vertrauensverhältnis zum Lieferanten von besonderer Bedeutung.

Wer seine Ware mittels Dropshipping-Methode vertreiben möchte, muss einen Vertrag mit dem Dropshipping-Partner abschließen. Dabei müssen typische Risiken der Lagerung und des Versands von den Waren berücksichtigt werden. Nach welcher Rechtsordnung werden entsprechende Verträge abgeschlossen, wenn der Dropshipping-Partner im Ausland bzw. im Nicht-EU-Ausland sitzt?

In Bezug auf den Vertrag zwischen Shopbetreiber und Hersteller/Großhändler gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Insofern gibt es für die Verträge keine einheitlichen Regelungen, sondern sie werden nach dem Bedürfnis und der Verhandlungsmacht der Vertragspartner ausgestaltet. 

Was das anwendbare Recht angeht, so kann es bei grenzüberschreitenden Verträgen kollidierende Rechtsnormen geben. Werden diesbezüglich keine oder nur unklare vertragliche Regelungen getroffen, kann dies im Streitfall zu erheblichen Kosten für gutachterliche Stellungnahmen von Rechtsexperten zum anwendbaren Recht bzw. zu den kollisionsrechtlichen Normen führen.

Es empfiehlt sich daher, im Vorfeld klare Regelungen zu treffen und sich auf die Anwendbarkeit eines Landesrechts zu einigen. Aus ökonomischen und Rechtssicherheitsgründen vereinbaren viele deutsche Shopbetreiber deutsches Recht mit deutschem Gerichtsstand.

Grundsätzlich muss der Händler die Ware, die der Kunde im Rahmen des gesetzlichen Widerrufsrechts zurücksendet, selbst zurücknehmen. Welche Probleme ergeben sich im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Widerrufsrecht für Verbraucher?

Da der Shopbetreiber beim Dropshipping in der Regel keine Lagerkapazitäten hat, ist ihm meist daran gelegen, die Ware nicht selbst zurückzunehmen. Insofern gibt er regelmäßig in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen davon abweichende Regelungen vor. Häufig muss der Kunde danach – die Rechtswirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers einmal unterstellt – das Produkt direkt und auf eigene Kosten an den Lieferanten außerhalb Europas zurückschicken. Dass dies mitunter mit erheblichen Kosten verbunden ist, liegt auf der Hand. Über die Höhe der voraussichtlichen Kosten muss der Händler den Kunden allerdings vor dem Kauf informieren.

Schließlich können sich auch datenschutzrechtliche Probleme im Hinblick auf die Weitergabe von personenbezogenen Kundendaten an einen nicht am Kaufvertrag beteiligten Dritten stellen. Was muss der Händler hier beachten und auf welche Absätze kann er sich im Notfall stützen?

Der Shopbetreiber muss beim Dropshipping personenbezogene Daten der Kunden an den Hersteller/Großhändler weitergeben, damit dieser den Kauf abwickeln und den Vertrag erfüllen kann. Dies ist nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Anforderungen auch zulässig. Der Shopbetreiber darf allerdings lediglich die zur Vertragserfüllung notwendigen Daten weitergeben, also in der Regel nur den Vor- und Nachnamen sowie die Lieferanschrift des Kunden. Für die Weitergabe zusätzlicher Daten, wie z.B. der E-Mailadresse oder Telefonnummer, bedarf es einer gesonderten datenschutzrechtlichen Rechtfertigung, im Zweifel also der vorherigen Einwilligung des Kunden. Außerdem muss der Shopbetreiber gemäß Art. 13 DSGVO in seiner Datenschutzerklärung aufführen, dass er die Kundendaten an einen Dritten weitergibt. 

Frau Dr. Creutzig, vielen Dank für das Interview.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Dr. Susanne Creutzig

Dr. Susanne Creutzig

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos