Ein amerikanisches Unternehmen hat ein günstiges und umweltschonendes Verfahren entwickelt, welches den Verfall von Obst und Gemüse im Handel maßgeblich verringern soll, und sich somit einen immensen Wettbewerbsvorteil verschafft. Wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Patentanmeldung in Deutschland bestmöglich geschützt ist?
Eine Erfindung kann in Deutschland auf verschiedenen Wegen geschützt werden. Wenn die Erfindung nur in Deutschland geschützt werden soll, kommen grundsätzlich eine deutsche Patentanmeldung oder eine Gebrauchsmusteranmeldung in Frage. Im hier erwähnten Beispiel „des günstigen und umweltschonenden Verfahrens“ entfällt letztere Option allerdings, da Verfahren nicht durch Gebrauchsmuster geschützt werden können. Soll die Erfindung auch in anderen Ländern als Deutschland geschützt werden, so können eine europäische Patentanmeldung oder eine internationale Patentanmeldung eine gute Option sein, wobei aus diesen heraus dann sowohl Schutz in Deutschland, als auch in anderen Ländern angestrebt werden kann. Diese sind in der Regel allerdings auch mit höheren Kosten als eine auf Deutschland begrenzte Patentanmeldung verbunden.
Studien zufolge wird der Börsengang von Unternehmen mit angemeldeten Patenten positiv beeinflusst. Dementsprechend kann es für viele börsennotierte Unternehmen und deren Aktionäre von großer Bedeutung sein, dass angemeldete Patente fristgerecht angemeldet sind. Was sind die Fristen für die Anmeldung von Patenten in Deutschland und wie können Sie sicherstellen, dass diese eingehalten werden?
Das rechtzeitige Schützen von Innovationen ist definitiv ein wichtiges Element der Geschäftsstrategie, da diese Innovationen ja nicht selten die Grundlage des Geschäftsmodells bilden. Der Schutz dieser Innovationen sichert somit eine wertvolle Ressource des Unternehmens, auch aus Investorensicht.
Eine Grundvorrausetzung zum Schutz einer Erfindung ist, dass die Erfindung neu ist. Neu wäre sie zum Beispiel nicht mehr, wenn das eigene Unternehmen oder ein drittes Unternehmen die Erfindung der Öffentlichkeit bereits präsentiert hat, beispielsweise im Rahmen einer Messe oder einer Publikation. Daher ist es wichtig, eine Schutzrechtsanmeldung möglichst früh anzustreben.
Weitere Voraussetzung für eine Patenterteilung sind – neben formalen Erfordernissen – insbesondere das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit und eine gewerbliche Anwendbarkeit, wobei letztere fast immer gegeben ist. Wichtig ist auch, dass die Erfindung eine technische Erfindung sein muss, was bei Innovationen z.B. im Bereich von Geschäftsprozessen (Stichwort: Digitalisierung) und der Softwareentwicklung problematisch sein kann. Zuletzt darf die Erfindung nicht von gesetzlich geregelten Ausschlüssen oder Sonderregelungen betroffen sein. Das wäre z.B. der Fall, wenn die Erfindung ein Verfahren zum Klonen von Menschen betrifft.
Unternehmen, insbesondere auch junge Unternehmen wie Start-Ups, sollten daher den Schutz für ihre Innovationen so früh wie möglich anstreben und diesen Aspekt nicht auf die lange Bank schieben. Die für eine Patentanmeldung anfallenden Kosten sind im Vergleich zu den finanziellen Risiken einer nicht geschützten Erfindung sehr gering. Auch kann sich die Investition in ein Schutzrecht schnell auszahlen, z.B. wenn hierdurch neue Investoren überzeugt werden. Im besten Fall beeinflussen Patente und andere Schutzrechte natürlich auch einen späteren Börsengang oder Verkauf des Unternehmens positiv.
Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Patenterteilung?
Patente, aber auch andere gewerbliche Schutzrechte wie Designs oder Marken, sollten idealerweise die Innovationen schützen, die tatsächlich einen Kundennutzen schaffen und somit wichtig für das Geschäftsmodell sind. Im besten Fall versperrt ein entsprechendes Schutzrechtsportfolio anderen potentiellen Wettbewerbern den Zugang zu diesem Geschäftsmodell. Ein gutes Patent sollte auch einen möglichst großen Schutzbereich aufweisen und neben den konkret realisierten Ausführungsformen der Erfindung auch Alternativen zu diesen Ausführungsformen abdecken.
Was sind die wichtigsten Aspekte des Verfahrens zur Anmeldung von Patenten in Deutschland?
Grundsätzlich beginnt ein Erteilungsverfahren mit der Einreichung der Patentanmeldung. Vor der Einreichung einer solchen Anmeldung sollten die Patentansprüche und Beschreibung formuliert werden. Die Patentansprüche legen den zu schützenden Gegenstand durch Angabe von technischen Merkmalen fest. In der Beschreibung sollte die Erfindung in möglichst vielen Ausführungsformen beschrieben werden. In der Regel ist es zum besseren Verständnis der Erfindung sinnvoll, die Ausführungsformen zusätzlich in Figuren darzustellen, die ebenfalls Teil der Anmeldung werden. Es ist sinnvoll, in diesen Prozess einen Patentanwalt einzubinden.
Nach der Anmeldung wird – wenn ein gebührenpflichtiger Prüfungsantrag gestellt wurde – die Patentfähigkeit der Anmeldung, also insbesondere die Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit, durch das deutsche Patentamt geprüft, das hierfür im bekannten Stand der Technik recherchiert. Kommt es zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen der Patentfähigkeit erfüllt sind, wird das Patent erteilt. Andernfalls erlässt es einen Bescheid und begründet, warum der beanspruchte Gegenstand nicht schutzfähig ist. Dem Patentanmelder wird die Möglichkeit gegeben, auf den Bescheid zu erwidern. Dieser kann dann Gegenargumente vortragen und gegebenenfalls den zu schützenden Gegenstand durch Änderung in den Ansprüchen weiter vom bekannten Stand der Technik abgrenzen, allerdings nur im Rahmen der in den Anmeldeunterlagen beschriebenen Merkmale. Wird das Patentamt durch die Erwiderung überzeugt, erteilt es ein Patent. Andernfalls wird es die Patentanmeldung entweder zurückweisen oder ein neuer Bescheid erlassen. Bis zu einer Patenterteilung oder aber einer Zurückweisung kann das Patentamt durchaus mehrere Bescheide erlassen.
Eine Gebrauchsmusteranmeldung wird hingegen nur formal geprüft und bei Erfüllung der formalen Erfordernisse in ein öffentliches Register eingetragen. Es gelten jedoch grundsätzlich dieselben Schutzvoraussetzungen wie für ein Patent. Eine Ausnahme ist jedoch die Neuheitsschonfrist für Gebrauchsmuster. Durch diese Schonfrist stehen dem Schutz eigene Veröffentlichungen und Nutzungen der Erfindung in einem Zeitraum von 6 Monaten vor der Anmeldung nicht entgegen. Das Gebrauchsmuster ist eine gängige Option, um schnell ein eingetragenes Schutzrecht zu generieren. Dies kann z.B. dann für ein Unternehmen sinnvoll sein, wenn es zu Marketingzwecken auf einer anstehenden Messe mit einem Schutzrecht werben möchte. Es gibt aber auch andere sinnvolle Anwendungszwecke.
Patentverletzungen können den Patentinhabern unter anderem erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Wie geht man mit Patentverletzungen in Deutschland um?
Grundsätzlich gilt, dass eine Patentverletzung in Deutschland dann vorliegt, wenn ein Dritter widerrechtlich eine Erfindung benutzt, die durch ein Patent oder Gebrauchsmuster mit Wirkung für Deutschland geschützt ist. Unter die Benutzung fallen insbesondere gewerbliche Handlungen wie z.B. die Einfuhr, das Anbieten, das Herstellen oder das Besitzen eines geschützten Erzeugnisses oder das Anwenden eines geschützten Verfahrens.
Hat der Patentinhaber (oder ein anderer Berechtigter) Kenntnis von einer Patentverletzung, so gibt es verschiedene Möglichkeiten, gegen den potentiellen Verletzer vorzugehen. Beispielsweise kann dieser mit einer Abmahnung ohne die Einbindung eines Gerichts zur Unterlassung der Verletzungshandlung aufgefordert werden. Natürlich kann eine Patentverletzung aber auch durch Inanspruchnahme eines Gerichts verfolgt werden, etwa durch Einreichen einer Patentverletzungsklage, aber auch durch die Beantragung von Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Das auf den jeweiligen Sachverhalt angepasste Vorgehen sollte in jedem Fall mit entsprechenden Experten abgestimmt werden. Das Gericht beurteilt dann, ob eine Patentverletzung vorliegt und inwieweit der Verletzer zum Unterlassen oder zur Entrichtung von Schadensersatz verpflichtet ist. Der Vollständigkeit halber erwähnt werden sollten aber auch Maßnahmen zur außergerichtlichen Einigung mit dem Verletzer, z.B. in Form eines Vergleichs oder Lizenzvertrages.
Deutsche Gerichte sind für die Einreichung von Verletzungsklagen im Übrigen sehr beliebt, da sich die anfallenden Verfahrenskosten im Vergleich zu z.B. Verletzungsverfahren in den USA in Grenzen halten und die Gerichte auch technisch fundierte Urteile treffen. Die in Deutschland gesprochenen Urteile werden häufig als Grundlage für einen außergerichtlichen Vergleich in anderen Ländern herangezogen, in welchen ebenfalls Patentverletzungen vermutet werden.
Wie können Sie sich gegen eine ungerechtfertigte Patentverletzung verteidigen?
Wird man gerichtlich als Patentverletzter angegriffen, so gilt es, in dem Verletzungsprozess nachzuweisen, dass das eigene Produkt bzw. das eigene Verfahren nicht unter den Schutz des angeführten Patents fällt. Insbesondere muss herausgearbeitet werden, dass nicht alle Merkmale der erteilten Patentansprüche verwirklicht sind. Hierfür muss in der Regel vorgetragen werden, was diese Merkmale eigentlich bedeuten und warum das eigene Produkt bzw. das eigene Verfahren die Merkmale mit dieser Bedeutung gerade nicht erfüllt.
Ebenfalls sollte geprüft werden, ob das angeführte Patent überhaupt rechtsbeständig ist. Ist das Patent nicht rechtsbeständig, so hat sich auch die Verletzung erledigt.
Die Rechtsbeständigkeit kann z.B. mit einem sogenannten Nichtigkeitsverfahren gerichtlich überprüft werden, in dem das Patentgericht beurteilt, ob das Patent in der erteilten Form hätte erteilt werden dürfen. Ein solches Verfahren kann mit einem Urteil enden, welches das Patent teilweise oder vollumfänglich für nichtig erklärt.
Stellt sich im Nachhinein im Übrigen heraus, dass die unterstellte Patentverletzung ungerechtfertigt war und hat das beschuldigte Unternehmen in der Folge einen Schaden erlitten, so kann das Unternehmen Schadensersatzansprüche geltend machen.
Was sind die Auswirkungen der neuesten Entwicklungen im Patentrecht auf die Patentanmeldungen und -verletzungen?
Wir beobachten, dass im Rahmen der Digitalisierung auch interessante patentrechtliche Problemfelder entstehen. So werden seit einigen Jahren vermehrt sogenannte computerimplementierte Erfindungen angemeldet. Zu solchen computerimplementierten Erfindungen können z.B. auch Verfahren zählen, die mit künstlicher Intelligenz technische Probleme lösen. Dieser Trend lässt sich unter anderem auf die Bestrebungen der Industrie zurückführen, durch den Einsatz von digitalen Technologien und Geschäftsmodellen einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
Für das deutsche und europäische Patentrecht gilt jedoch, dass Software als solches nicht patentierbar ist und für eine computerimplementierte Erfindung nur dann Patentschutz erlangt werden kann, wenn sie eine technische Erfindung ist (und natürlich auch die weiteren Patentierungsvoraussetzungen erfüllt). Das Vorliegen der Technizität wird in der Regel dann bejaht, wenn erfindungswesentliche Merkmale zu einem technischen Charakter der Erfindung beitragen, was bei digitalen Innovationen unter Umständen nicht einfach zu beurteilen ist. Auch hier kann ein Patentanwalt helfen, diese Merkmale als Teil der Erfindung zu identifizieren und den technischen Charakter der Erfindung in einer Patentanmeldung herauszuarbeiten. Aber nicht nur in den Anmeldeverfahren ergeben sich Herausforderungen bei computerimplementierten Erfindungen. So kann es in Verletzungsverfahren durchaus schwierig sein, den Nachweis zu führen, dass bestimmte computerimplementierte Schritte von einer Verletzersoftware durchgeführt werden.
Eine sehr aktuelle Neuerung im Patentrecht ist die Einführung des sogenannten Einheitspatents. Das Einheitspatent ist ein Patent, welches einheitliche Wirkung für sämtliche EU-Staaten – mit Ausnahme von Spanien und Kroatien – hat. Zudem kann das Einheitspatent mit nur einem Gerichtsverfahren in den genannten EU-Staaten durchgesetzt werden. Im Gegenzug kann das Einheitspatent allerdings auch in allen genannten EU-Staaten mit nur einem Gerichtsverfahren für nichtig erklärt werden. Ein weiterer Vorteil des Einheitspatents wird für viele Unternehmen voraussichtlich darin liegen, dass der administrative Aufwand zur Aufrechterhaltung eines Einheitspatents geringer sein wird als für bisher gängige Patente mit Wirkung für mehrere europäische Länder. Auch können die Aufrechterhaltungskosten für ein Einheitspatent geringer sein als die Aufrechterhaltungskosten einer Vielzahl von nationalen Patenten, dies hängt allerdings von der Anzahl von Ländern ab, in denen der Anmelder tatsächlich den Schutz aufrechterhalten will.
Herr Dr. Ramrath, vielen Dank für das Interview.