Dr. Markus Käpplinger ist Partner im Frankfurter Büro von Allen & Overy LLP. Mit ihm sprechen wir über den zweifelhaften Ruf von Private-Equity-Unternehmen, Kritik in der Branche sowie die Arbeit von Private-Equity-Unternehmen.

Private-Equity-Unternehmen werden im Volksmund häufig als Heuschrecken bezeichnet. Woher kommt dieser zweifelhafte Ruf?
Dr. Markus Käpplinger: Diese Bezeichnung geht auf den Politiker Franz Müntefering zurück, der im Jahr 2005 Private-Equity-Investoren mit einer Heuschreckenplage verglich. Allerdings hatte Herr Müntefering damals schon bestimmte Einzelfälle vor Augen, nicht die gesamte Branche. Das ist in der Debatte freilich oft untergegangen.
Halten Sie die Kritik denn für gerechtfertigt?
Dr. Markus Käpplinger: Nein, der Heuschrecken-Debatte lag seinerzeit die eine oder andere Krise von Unternehmen zugrunde, die von Private Equity aufgekauft worden waren. Wir reden hier aber wirklich über Einzelfälle, die natürlich insbesondere dann, wenn es sich um bekannte Traditionsfirmen handelt, gerne von den Medien aufgegriffen werden. Das führt zu einer Verzerrung des Bildes: So gab es auf Basis einer jüngst veröffentlichten Statistik der Deutschen Beteiligungs AG in den letzten zehn Jahren in Deutschland ca. 370 sog. Buy-outs, also Aufkäufe von Unternehmen durch Private-Equity-Investoren, wobei diese Zahl nur die Transaktionen mit einem Unternehmenswert zwischen 50 Mio. bis 250 Mio. Euro betrifft. Die Zahl der Unternehmen, die von diesen 370 Unternehmen mittlerweile insolvent sind, dürfte vermutlich, wenn überhaupt, im einstelligen Bereich liegen. Richtig an der Kritik ist aber, dass die Private-Equity-Investoren den Kaufpreis für das Unternehmen neben Eigenkapital auch mit Fremdkapital finanzieren, das von Banken oder in jüngerer Zeit auch sog. Debtfonds gewährt wird. Den Fremdkapitaleinsatz benötigen die Private-Equity-Fonds zwingend, um die Rendite auf das von ihnen eingesetzte Eigenkapital auf attraktive Niveaus für ihre Investoren zu „hebeln“. Und unter dem Fremdkapital fallen natürlich Zinsen zugunsten der Banken an, die laufend von den aufgekauften Unternehmen zu bedienen sind. Gerät dann ein Unternehmen in die Krise, kann es vorkommen, dass es die Zinslast nicht mehr bedienen kann. Ein solches Geschäftsmodell mag man kritisieren, letztlich ist es aber nichts Anderes als wenn Sie privat ein Haus kaufen und den Ankauf über einen Kredit finanzieren, also ein ganz normaler Vorgang des Wirtschaftslebens.
Wie agieren und arbeiten Private-Equity-Unternehmen wirklich? Welchen Bedarf decken sie?
Dr. Markus Käpplinger: Private-Equity-Investoren haben wie alle Investoren die Absicht, den Wert ihrer Anlage zu steigern, um später einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. Es wird daher typischerweise kein Geld aus dem Unternehmen entnommen. Im Gegenteil: Viele Private-Equity-Häuser verfolgen Wachstums- und sog. Buy-and-Build-Strategien, bei denen Investitionen im Vordergrund stehen, etwa für den Zukauf weiterer Add-ons, also anderer (kleinerer) Unternehmen, die das Geschäftsmodell des ursprünglich erworbenen Unternehmens ergänzen oder ausbauen. Damit leisten Private-Equity-Investoren einen volkwirtschaftlich wichtigen Beitrag zur Konsolidierung von Industrien. Meist kommt es unter Führung der Private-Equity-Investoren auch zu erheblichen Effizienzsteigerungen der Unternehmen. Jüngstes Erfolgsbeispiel ist hierfür der Schuhhersteller Dr. Martens, der sich in der Krise befand, dann von Private Equity aufgekauft wurde und mittlerweile erfolgreich an der Börse notiert. Und last but not least sind Private-Equity-Investoren starke Teilnehmer auf dem Markt für Unternehmensveräußerungen und tragen zu dessen Liquidität bei, von der dann auch die Verkäufer der jeweiligen Unternehmen erheblich profitieren, die das so verdiente Geld dann wieder in den Geldkreislauf investieren können.
Woher kommt eigentlich das Geld, dass Private-Equity-Firmen investieren?
Dr. Markus Käpplinger: Das ist eine gute Frage, die in der Diskussion leider oft ausgeblendet wird. Das Geld kommt meist von großen institutionellen Investoren, wie etwa Lebensversicherungen oder Pensionsfonds. Diese stehen in der weiter fortdauernden Niedrigzinsphase unter hohem Anlagedruck und suchen händeringend nach Investments mit halbwegs vernünftiger Rendite, um ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Versicherten und Beitragszahlern, also den normalen Bürgern, erfüllen zu können. Diese dringend benötigten Rendite bieten Private-Equity-Fonds. Und damit schließt sich der Kreis: Läuft das Investments des Private-Equity-Fonds in ein Zielunternehmen gut, kann der Fonds hohe Renditen erwirtschaften und diese an die Versicherungen und Pensionsfonds ausschütten.
Risikokapitalgeber sind auf Rendite aus. Ist das eine Chance oder eher ein Risiko für einen Übernahmekandidaten?
Dr. Markus Käpplinger: Renditesteigerungen erzielt man in der Regel nur durch Effizienzsteigerungen und/oder geschicktes Unternehmenswachstum, etwa durch Unternehmenszukäufe. Das ist natürlich eine Chance – aber wie immer im Leben gilt: Keine Chance ist ohne Risiko.
Während sich der US-Kongress mit einer stärkeren Regulierung der Branche befasst, wird in Europa um Risikokapital geworben. Wie steht es um den europäischen Private-Equity-Markt im internationalen Vergleich?
Dr. Markus Käpplinger: Die Branche ist mittlerweile auch in Europa ziemlich stark reguliert. Und im internationalen Vergleich ist der europäische Private-Equity-Markt sehr aktiv, gerade der deutsche Mittelstand bietet sehr attraktive Anlagemöglichkeiten. Aber natürlich ist der Zahl der Private-Equity-Fonds und deren Größe in Europa deutlich geringer als etwa in den USA. Das ist aber auch historisch bedingt: Private Equity gibt es in den USA seit den 80igern. In Europa haben sich solche Fonds erst um die Nuller-Jahre etabliert.
Hat der Brexit Auswirkungen auf die europäische Private-Equity-Szene?
Dr. Markus Käpplinger: Im regulatorischen Bereich ja: Private-Equity-Fonds, die bisher aus dem Vereinigten Königreich heraus verwaltet wurden und an Anleger in der EU vertrieben werden sollen, müssen sich darum kümmern, dass sie eine Vertriebslizenz für die EU bekommen. Allerdings gibt es hier Übergangsvorschriften, so dass derzeit kein dringender Handlungsbedarf besteht.
Im Bereich der Unternehmensübernahmen sehe ich dagegen keine Auswirkungen. Ob sich das mittelfristig ändert, etwa weil sich die ökonomischen Gleichgewichte zwischen Großbritannien und der EU in die eine oder andere Richtung verschieben, bleibt abzuwarten.