Dr. Stephanie Herzog: Enterbung muss in Form einer letztwilligen Verfügung passieren

Interview mit Dr. Stephanie Herzog
Dr. Stephanie Herzog ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Peter & Partner Rechtsanwälte in Würselen. Mit ihr sprechen wir über Enterbungen, Gründe hierfür sowie Anforderungen des Gesetzgebers.

Enterbungen kommen immer wieder in den besten Familien vor. Was sind Gründe aus denen Erblasser die Nachfahren enterben möchten?

Dr. Stephanie Herzog: Die Gründe sind vielfältig. Verheiratete oder Personen, die mit einem Partner zusammenleben, enterben ihre Kinder oft nur, um den Partner für das Alter abzusichern. Man erwartet, dass die Kinder sich gedulden, bis der Partner auch verstorben ist. Auf der anderen Seite kommen Enterbungen vor, weil der Kontakt stets oder zumindest in der letzten Zeit nicht mehr gut war, weil man menschlich vom anderen enttäuscht war oder weil sich die Lebenskonzepte zu stark unterscheiden. Manchmal ist es aber schlicht die Idee, das andere als die gesetzlichen Erben besser mit dem Vermögen umzugehen wissen oder man bestimmte Vorgaben z.B. über eine Stiftung umgesetzt wissen möchte.

Eine rechtmäßige Enterbung muss mehrere Ansprüche erfüllen. Welche Anforderung stellt der Gesetzgeber hieran?

Dr. Stephanie Herzog: Die Enterbung als solche ist nicht an eine irgendwie geartete Begründung gebunden; vielmehr ist der Erblasser frei darin. Grenzen setzt nur das Pflichtteilsrecht und die Formvorschriften. Die Enterbung muss in Form einer letztwilligen Verfügung passieren. Das ist entweder ein Testament oder ein Erbvertrag. Ersteres muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Alternativ kommt ein notarielles Testament in Betracht. Beim Erbvertrag ist der Gang zum Notar unabdingbar.

Dass Angehörige leer ausgehen, ist in den meisten Fällen höchst unwahrscheinlich. Was regelt das Pflichtteilsrecht genau und wer ist pflichtteilsberechtigt?

Dr. Stephanie Herzog: Leer ausgehen tun die nächsten Angehörigen nicht, da sie durch das verfassungsrechtlich verbürgte Pflichtteilsrecht geschützt sind. Zu den solcherart geschützten Angehörigen gehören aber nur der Ehepartner, die Kinder bzw. bei vorverstorbenen Kindern die Enkel und bei kinderlosen die Eltern. Allen anderen stehen keine Pflichtteilsansprüche zu. Pflichtteilsansprüche schützen aber auch bei den genannten nächsten Angehörigen nicht vor einer Enterbung. Vielmehr gewährt das Pflichtteilsrecht nur Zahlungsansprüche gegen die zu Erben eingesetzten. An die Vermögensgegenstände kommt der Pflichtteilsberechtigte also nicht ran. Er erhält nur die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils vom Nettonachlass und unter bestimmten Voraussetzungen von Dingen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren verschenkt hat. 

Nach deutschem Erbrecht gibt es Erben mehrerer Ordnungen. Können Sie uns die verschiedenen Ordnungen erklären?

Dr. Stephanie Herzog: In der Tat richtet sich die gesetzliche Erbfolge der Anverwandten nach Ordnungen. Dabei stellen die Kinder und Kindeskinder die erste Ordnung dar, die Eltern und deren Abkömmlinge (also Geschwister, Nichten, Neffen) bilden die zweite Ordnung, die Großeltern und deren Abkömmlinge (also Cousins und Cousinen und deren Kinder) gehören zur dritten Ordnung. Solange der Verstorbene Verwandte der ersten Ordnung hinterlässt, erben die der zweiten und dritten Ordnung nicht. Sind keine Verwandten der ersten Ordnung da, so erben die der zweiten, schließen aber die der dritten Ordnung aus. Die Verwandten der dritten Ordnung kommen also nur dann zum Zuge, wenn weder Verwandte der ersten noch der zweiten Ordnung beim Tod da sind. So funktionierte das dann auch mit der vierten Ordnung entsprechend. Danach wechselt das Gesetzt zum Gradualsystem und lässt die erben, die nach der Zahl der vermittelnden Geburten am nächsten mit dem Erblasser verwandt sind. Sind auch solche Anverwandte nicht vorhanden, erbt der Staat. Neben dem Verwandtenerbrecht steht das Ehegattenerbrecht.

Was ist denn der Unterschied zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge?

Dr. Stephanie Herzog: Die gesetzliche Erbfolge ist wie unter 4. dargestellt, vom Gesetz vorgegeben. Sie tritt nur dann ein, wenn der Verstorbene keine Verfügung von Todes wegen, also kein Testament oder Erbvertrag hinterlässt. Setzt er in einem Testament oder Erbvertrag Erben ein, so erben diese; es gilt dann die testamentarische Erbfolge.

Wann ist das Testament formwirksam?

Dr. Stephanie Herzog: Ein Testament muss entweder eigenhändig ge- und unterschrieben sein und sollte eine Angabe zu Ort und Datum enthalten. Alternativ kann es auch vor einem Notar errichtet werden. Um wirksam testieren zu können, muss man (noch) testierfähig sein. Das sind grundsätzlich alle über 16 Jahren (zwischen 16 und 18 muss man allerdings die notarielle Form wählen), die nicht an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, einer Geistesschwäche oder einer Bewusstseinsstörung leiden.

Frau Dr. Herzog, vielen Dank für das Gespräch!

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