Katharina Bednarz: Grüner Wasserstoff ist der entscheidende Energieträger für die Energiewende

Interview mit Katharina Bednarz
Katharina Bednarz ist Geschäftsführerin der H2Energy Solutions. Mit ihr sprechen wir über wasserstoffbetriebene Autos, Einsetzbarkeit im Verkehr sowie Unterschied zum klassischen Verbrennungsmotor.

Wasserstoff soll zukünftig eine wichtige Rolle einnehmen. Wie kann Wasserstoff im Verkehr eingesetzt werden und wie energieeffizient sind Wasserstoff betriebene Autos?

Katharina Bednarz: Zunächst einmal herzlichen Dank für die Möglichkeit, dass wir uns hier zum Thema Wasserstoff in der Mobilität äußern dürfen. Bevor wir Ihre Fragen beantworten, möchten wir vorausschicken, dass wir sowohl rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (Batterie Electric Vehicles, BEVs), als auch Fahrzeuge mit Brennstoffzellen (Fuel Cell Electric Vehicles, FCEVs) für eine wichtige Lösung der Dekarbonisierung des Verkehrs halten. Die Entscheidung für welche Lösung sich Nutzer entscheiden, sollte jedoch nicht ideologisch aufgeladen, sondern offen diskutiert und akzeptiert werden. Die derzeitige Debatte um dieses Thema scheint uns allerdings bisweilen sehr emotional geführt zu werden, was möglicherweise den Blick für Fakten und Argumente verstellen kann. Zudem glauben wir, dass die beste Maßnahme zur Dekarbonisierung ein Verzicht oder zumindest großflächige Einschränkung des Individualverkehrs darstellt und wir daher ganz neue Verkehrskonzepte insbesondere für die Städte brauchen. Bei FCEVs handelt es sich genauso um Elektroautos wie BEVs. Sie haben ebenso einen Elektromotor, der mit Strom versorgt wird. Dieser Strom wird jedoch nicht aus einer großen Batterie, sondern wird an Bord durch die Umwandlung von Wasserstoff in Strom und Wasser erzeugt. Wasserstoff stellt eine bereits erprobte und effiziente Alternative zu Brennstoffen auf fossiler Basis dar. Er kann insbesondere mittels Nutzung von sog. Fuel Cells, also Brennstoffzellen, in allen Bereichen des Verkehrs und zur Fortbewegung eingesetzt werden. Hierzu zählen Wasserstoff-betriebene PKW, LKW, Busse aber auch Züge, und in Zukunft auch Schiffe und möglicherweise sogar Flugzeuge. Auch sich die Nutzung von H2 in Nutzfahrzeugen wie z.B. Gabelstaplern und anderen Nutzfahrzeugen etabliert. Die Energieeffizienz kann dabei folgendermaßen erklärt werden. Stellt man auf die Brennstoffzelle ab so ergibt sich im Vergleich zu klassischen Verbrennungsmotoren: hier genügt es jedoch nicht, nur auf die eigentliche Energieeffizienz der Motoren zu achten, sondern bedarf es mit Blick auf die CO2-Emmissionen von klassischen Verbrennungsmotoren einer Gesamtbetrachtung. Wasserstoff ist dabei trotz noch hoher Kosten dem Verbrennungsmotor eindeutig überlegen. FCEV, insbesondere PKW, konkurrieren mit BEVs. Die direkte Speicherung und Nutzung von Strom im Elektroauto ist trotz Stromverluste bei der Ladung der Batterie energieeffizienter als die Nutzung des Stroms zur Umwandlung in Wasserstoff und dann die erneute Umwandlung in Strom in der Brennstoffzelle. Die Herstellung von grünem Wasserstoff benötigt insgesamt ca. 40% mehr Energie als die direkte Nutzung in einem BEV. Allerdings kann z grüner Wasserstoff gespeichert werden und kann somit Produktionsüberschüsse bei Wind- und Sonnenkraftwerken nutzen, ohne dass dieser Strom exportiert oder ggf. überhaupt nicht produziert wird. Insbesondere vor dem Hintergrund des zu erwartenden Zubaus an alternativen Quellen zur Stromerzeugung wird die Speicherung von Energie einen immer größeren Raum einnehmen. Zudem kann grüner Wasserstoff auch dort produziert werden, wo durch regional Gegebenheiten günstiger hergestellt werden kann, z. Bsp. im Süden Europas oder Nordafrika. Von dort kann er dann nach Deutschland transportiert und vielfältig genutzt werden. Grüner Wasserstoff ist damit der entscheidende Energieträger für die Energiewende, nicht nur im Verkehr, er wird deshalb auch im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie als der Garant zur Erreichung der gesetzten Klimaschutzziele und somit einer sauberen Zukunft gesehen.

Fahrzeuge können auf zwei Arten Wasserstoff nutzen. Können Sie uns die beiden Arten einmal erklären?

Katharina Bednarz: Es ist möglich, Wasserstoff direkt als Treibstoff im Verbrennungsmotor zu nutzen. Diese Form der Nutzung ist jedoch aufgrund des geringeren Wirkungsgrades gegenüber allen anderen Varianten -Elektromotor oder Brennstoffzelle -, der bei der Verbrennung ungewünschten schädlichen Emissionen in Form von Stickstoffoxiden ökologisch nicht sinnvoll und daher aus unserer Sicht zu vernachlässigen. Dieses gilt ebenso für sogenannte „E-Fuels“ also auf Wasserstoffbasis hergestellte Treibstoffe, die in der Nutzung verbrannt werden. Die mehr verbreitete Variante haben wir bereits genannt, die Nutzung des Wasserstoffs mittels einer Brennstoffzelle. FCEVs erzeugen, wie bereits oben gesagt, den erforderlichen Strom während der Fahrt aus dem mitgeführten Wasserstoff. Das muss man sich grob gesagt folgendermaßen vorstellen: Bei der ursprünglichen Herstellung von Wasserstoff wird im Rahmen der sogenannten Elektrolyse Wasser mittels Stroms in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Der im Fahrzeugtank befindliche gasförmige Wasserstoff wird durch eine Reaktion mit Luftsauerstoff aus der Umgebungsluft in der Brennstoffzelle wieder zu Wasser umgewandelt. Der bei der Reaktion entstehende Strom wird dann für den Antrieb genutzt oder in einer Batterie gespeichert. Die bei diesem Vorgang einzige Emission ist reines Wasser beziehungsweise Wasserdampf.

Beim Bau der Motoren unterscheidet sich der Wasserstoffmotor stark vom klassischen Verbrennungsmotor. Er benötigt andere Ressourcen, die bei einem Verbrennungsmotor nicht notwendig sind. Welcher Bedarf ergibt sich jetzt bei Rohstoffen und welche weiteren Umweltwirkungen gibt es?

Katharina Bednarz: Als notwendige Ressource ist natürlich zunächst einmal Wasserstoff zu nennen, idealerweise „grüner Wasserstoff“, welcher also aus Strom von erneuerbaren Ressourcen (Windkraft, Solarenergie etc.) hergestellt worden ist. Bei der Herstellung des grünen Wasserstoffs werden als unmittelbare Ressource neben Strom auch große Mengen an Wasser benötigt. Man benötigt für die Herstellung von einem kg H2 neun Liter Wasser. Für die Brennstoffzelle an sich wird zudem Platin benötigt. Dies wird zudem auch für die Herstellung des Wasserstoffs bei der Elektrolyse benötigt. Die kleinen Akkus der FCEV benötigen auch Batterierohstoffe wie Lithium und Kobalt. Diese fallen aber aufgrund ihrer geringen Größe gegenüber reinen batterieelektrischen Fahrzeugen nicht besonders ins Gewicht.

Betrachtet man die Umweltwirkungen der Herstellung und Nutzung des Wasserstoffs sowie die Einsparungseffekte, insbesondere des für das Klima schädlichen CO2-Abgas-Belastung, so ist die Umweltbilanz eindeutig positiv. Ein sicher eher psychologisch positiver Effekt ist die Reinigung der Umluft durch ein FCEV. Da der Wandlungsprozess eine absolut saubere Luft ohne Feinstaub benötigt, wird die zugeführte Außenluft stark gefiltert. Die nach dem Prozess entweichende Luft ist daher frei von fast allen schädlichen Partikeln und ist deutlich reiner als die Umgebungsluft. Somit reinigt ein FCEV sogar aktiv die Umwelt.

Aktuell sind erst zwei Fahrzeugmodelle mit Brennstoffzelle in Deutschland erhältlich. Wo werden die Autos tanken können und welche Förderungen gibt es für Wasserstoffautos bereits heute?

Katharina Bednarz: Es stimmt, denn als serienmäßige Neuwagen sind das der Toyota Mirai 2 und der Hyundai Nexo, aber auch andere Hersteller sind dabei, Fahrzeuge mit Brennstoffzellen zu entwickeln. So erprobt beispielsweise derzeit BMW mit dem X5 ein FCEV. Allerdings sind diese Fahrzeuge derzeit noch deutlich teurer als vergleichbare BEVs und werden wegen des hohen Preises auch nicht immer gefördert. Trotzdem fahren wir selber einen Hyundai Nexo und sind ausgesprochen zufrieden damit. In der täglichen Nutzung stellt sich nämlich für den Fahrer nicht so sehr die Frage nach der Effizienz der Wasserstoffherstellung, sondern vor allem nach der praktischen Nutzbarkeit. Vorausgesetzt man lebt in der Nähe einer der derzeit 91 Wasserstofftankstellen in Deutschland (17 zusätzliche sind im Bau), ist ein FCEV eine sehr anwenderfreundliche Möglichkeit vollelektrisch zu fahren. Der Tankvorgang dauert nicht länger als bei einem herkömmlichen Verbrenner und bietet eine ähnlich große Reichweite. Der Preis von 9,50 kg/H2 ergibt damit auch den Preis für 100 km, da der Verbrauch (natürlich auch abhängig von der Fahrweise) bei ca. 1kg/100km liegt. Damit sind die Kosten bei den heutigen Spritpreisen rund 50% niedriger als bei einem vergleichbaren Dieselmodell. Dieses ist allerdings immer noch teurer als eine Batterieladung von der eigenen Wallbox und die möglichweise sogar aus der eigenen Solaranlage gespeist wird. Aber wer hat schon diese Möglichkeit? Der Kostenunterschied schmilzt zudem dahin, wenn man Langstreckenfahrten in Betracht zieht. Ein BEV-Fahrer wird sich auf Reisen immer an den verfügbaren Schnellladestationen orientieren und ist somit ebenso abhängig von einer entsprechenden Routenplanung. An der Ladestation selber – je nach örtlicher Verfügbarkeit – wird man zukünftig sicher mit nicht weniger als 100kWh, ggf. mit neuen Automodellen bis zu 350 kWh laden wollen, um die Standzeiten zu minimieren.  Aber zu welchen Kosten? Beispielsweise bietet Ionity ein EU-Preismodell von  0,79 Euro pro kWh an. „Mit diesem Preis kostet ein Ladevorgang über 60 kWh, wie er beispielsweise mit den Long-Range-Varianten des Tesla Model 3, einem Audi e-tron quattro, Porsche Taycan oder künftig auch einem VW ID.3 Pro S mit 77-kWh-Batterie möglich ist, über 47 Euro. Je nach Verbrauch des Fahrzeugs reicht diese Strommenge für rund 200 bis 350 Kilometer“. Für diese Strommenge muss man auch beim Schnellladen mindestens 20-30 Minuten warten und lädt dann meistens auch nur bis zu einem Ladestand von 80% der Batterie, um selbige zu schonen. Betrachten wir dagegen den Tankvorgang bei unserem Nexo dauert dieser nur 5 Minuten, bringt aber eine nutzbare Reichweite von mindestens 500km, welche ca. 50 Euro kostet. Zudem hat ein FCEV keine Reichweitenverluste bei kaltem Wetter. Bei vielen Fahrten quer durch Deutschland, bzw. auch europäische Nachbarländer hatten wir weder Einschränkungen bei Mobilität oder zusätzlichen zeitlichem Aufwand. Soviel aus der eigenen, sehr guten Erfahrung.

Die wahren Vorteile bringt aber die Brennstoffzelle im Personen- und Schwerlastverkehr. Bereits heute stellen immer mehr öffentliche Verkehrsbetriebe auf FCEB (Fuel Cell Electric Buses) um. Diese bewähren sich gegenüber rein batteriebetriebenen Bussen durch eine größere Reichweite, schnellere Betankungszeiten und damit insgesamt eine höhere Verfügbarkeit. Zudem steht das Gewicht der Batterie für einen Bus von über 3 to, mit der eine theoretische Reichweite von bis zu 350km generiert werden sollen, unverhältnismäßig hoch und entspricht dem Gewicht von 40 Fahrgästen. Aus unserer Sicht wiegen jedoch die Vorteile eines FCEV noch höher beim Schwerlasttransport. Hier werden Batterien mit Gewichten bis zum 5to benötigt, um eine Reichweite jenseits von 600km zu ermöglichen. Dieses Gewicht geht als Nutzlast verloren, die Aufladezeiten auch mit Schnellladern bis zu 400 kWh dauern immer noch Stunden und bei kaltem Wetter sind Einbußen bei der Reichweite zu erwarten. In einer zeitlichen eng getakteten Nutzung von LKWs in der Langstrecke ist daher die reine Batterietechnologie wenig brauchbar. Allerdings kann man sich die Nutzung von BEV-LKWs in lokal geringeren Reichweiten innerhalb von Städten und als Zubringer gut vorstellbar.

Vor allem die Klimaneutralität soll durch Wasserstofffahrzeuge gefördert werden. Doch wie fällt die Klimabilanz tatsächlich aus und wie viel spart die umweltfreundliche Alternative endgültig ein?

Katharina Bednarz: In die Klimabilanz fallen zunächst die Bilanzen für Herstellung und Entsorgung. Entscheidend ist aber die Gesamt-Klimabilanz, die neben der Fahrzeugherstellung und -entsorgung auch die Pkw-Nutzung und damit die Treibhausgasemissionen durch die Stromherstellung berücksichtigt. Sofern hier Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt wird, wirkt sich das positiv auf die Klimabilanz aus. Bei LKW und Bussen kommt kann man darüber hinaus festhalten, dass die Klimabilanz aufgrund der intensiveren Nutzung der Fahrzeuge noch besser ausfällt. Zahlen dazu veröffentlicht zum Beispiel das Umweltbundesamt auf seiner Webseite. Kritisch bleibt jedoch, aus welchem Strom oder Strommix der Wasserstoff hergestellt wird.

Um Wasserstoff im Verkehr zu etablieren, müssen noch einige Schritte gegangen werden. Wie hoch würden die volkswirtschaftlichen Umstellungskosten auf Wasserstoff im Straßenverkehr ausfallen?

Katharina Bednarz: Aus unserer Sicht wäre vermutlich der wichtigste Schritt das Netzwerk für Wasserstofftankstellen weiter zu verdichten. Geplant sind mittelfristig rund 400 Tankstellen, was schon eine deutliche Verbesserung der Versorgung darstellen würde. Damit würde sich bestimmt auch die Verbreitung der FCEVs erhöhen, was langfristig durch die Skalierung zu niedrigeren Beschaffungspreisen für diese Fahrzeuge widerspiegeln könnte. Die Frage, ob auf Wasserstoff umgestellt wird, stellt sich aus unserer Sicht heute nicht mehr, sondern nur noch die Frage des Wie und wann. Damit Deutschland seine Vorreiterstellung in diesem Bereich behält, muss die Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger und -speicher zur Priorität machen, dies gilt neben der CO2-intensiven Industrie, wie z.B. der Stahl-, Chemie- und Glasindustrie, auch für die Mobilität. Die im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie bereitgestellten Mittel sind hierbei insbesondere der Mobilität gewidmet. Angesichts der mit der Umstellung eingesparten CO2-Emissionen und den Klimazielen, die auch Deutschland anerkannt hat, müssen die Kosten für die höheren Kosten für eine Umstellung in Kauf und entsprechend eingepreist werden. Über Anschubfinanzierungen und Förderprogramme versucht der Staat dabei, die bisher noch schleppende Umstellung zu beschleunigen. Wir als H2Energy Solutions engagieren uns mit der Entwicklung von Projekten in Deutschland und in der Türkei. Weitere Informationen über uns, unsere Projekte und Partner finden Sie auf unserem Internetauftritt unter www.h2energy.solutions .

Frau Bednarz, vielen Dank für das Gespräch!

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