Paul Schneider: Erneuerbare Energien rund um die Uhr einsetzen können

Interview mit Paul Schneider
Paul Schneider ist Wasserstoffbotschafter bei der EWE Aktiengesellschaft in Strausberg. Mit ihm sprechen wir über wichtige Rolle des Wasserstoffs, Energieeffizienz sowie Umweltwirkungen.

Wasserstoff soll zukünftig eine wichtige Rolle einnehmen. Wie kann Wasserstoff im Verkehr eingesetzt werden und wie energieeffizient sind Wasserstoff betriebene Autos?

Paul Schneider: Wasserstofffahrzeuge sind Elektrofahrzeuge (Fuel Cell Electric Vehicle), nur mit Brennstoffzelle und Wasserstofftank statt Batterie (Battery Electric Vehicle). Die Mobilität ist nur eines der zahlreichen Anwendungsfelder für Wasserstoff und der Bereich PKW wiederum nur ein Teil der Mobilität, wenn auch der immer wieder am heißesten diskutierteste. Einsetzbar ist Wasserstoff in allen Gewichtsklassen, vom PKW über Schwerlast- bis zum Schienenverkehr. Am sinnvollsten allerdings ist unseres Erachtens der Einsatz im Schwerlast- und Schienenverkehr, da dort die batteriebetriebene Mobilität ihre Grenzen hat. In beide Bereiche investieren wir übrigens und bauen die Infrastruktur. Schon jetzt betreibt EWE das größte öffentliche Ladenetz für Elektrofahrzeuge im Nordwesten Deutschlands. Unsere mehr als 1.000 Ladepunkte werden dabei mit 100 Prozent Ökostrom versorgt. Da eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur die Basis für einen noch stärker wachsenden Elektromobilitätsmarkt ist, erweitern wir unser Ladenetz stetig, auch um Wasserstofftankstellen. Damit liefern wir die perfekte Basis, um Mobilitätslösungen umzusetzen, egal in welcher Gewichtsklasse.

Fahrzeuge können auf zwei Arten Wasserstoff nutzen. Können Sie uns die beiden Arten einmal erklären?

Paul Schneider: Wasserstoff kann einerseits direkt in einem wasserstofffähigen Verbrennungsmotor eingesetzt werden. Die Funktionsweise ist analog der Funktionsweise eines Benzinverbrennungsmotors. Die zweite Möglichkeit ist, Wasserstoff in einer Brennstoffzelle in Strom umzuwandeln und mit diesem Strom den Elektromotor anzutreiben.

Beim Bau der Motoren unterscheidet sich der Wasserstoffmotor stark vom klassischen Verbrennungsmotor. Er benötigt andere Ressourcen, die bei einem Verbrennungsmotor nicht notwendig sind. Welcher Bedarf ergibt sich jetzt bei Rohstoffen und welche weiteren Umweltwirkungen gibt es?

Paul Schneider: Wir konzentrieren uns auf den Wasserstoff-Einsatz in Brennstoffzellen zum Antrieb von Elektromotoren. Zu Rohstoffketten bei Verbrennungsmotoren können wir leider keine Aussage treffen. Wenden Sie sich diesbezüglich am besten an einen Hersteller.

Aktuell sind erst zwei Fahrzeugmodelle mit Brennstoffzelle in Deutschland erhältlich. Wo werden die Autos tanken können und welche Förderungen gibt es für Wasserstoffautos bereits heute?

Paul Schneider: Aktuell gibt es drei serielle Fahrzeugmodelle von Hyundai, Toyota und Stellantis. Diese können an den deutschlandweit 100 Wasserstofftankstellen des Betreibers H2Mobility (www.h2.live) betankt werden. Der Aufbau eines weiterführenden Wasserstofftankstellennetzes ist in Arbeit. Zur Förderung: Zum einen partizipieren Wasserstoff-Elektrofahrzeuge von der 0,5-Prozent-Dienstwagenregelung, zum anderen gibt es auch eine direkte Förderung über die NOW (Nationale Organisation Wasserstoff) von etwa 40 Prozent der Mehrkosten bezogen auf die Anschaffung eines vergleichbaren Modells mit Verbrennungsmotor (Benzin oder Diesel).

Vor allem die Klimaneutralität soll durch Wasserstofffahrzeuge gefördert werden. Doch wie fällt die Klimabilanz tatsächlich aus und wie viel spart die umweltfreundliche Alternative endgültig ein?

Paul Schneider: Wasserstoff wird als Energieträger genutzt, um erneuerbare Energien rund um die Uhr einsetzen zu können. Ohne Wasserstoff würde ein Erneuerbare-Energien-System nicht verlässlich und versorgungssicher sein. Die Klimabilanz über die gesamte Wasserstoffwertschöpfungskette fällt dann besonders positiv aus, wenn Bestandsinfrastruktur wie Gasnetze und Kavernen für Transport und Speicherung genutzt werden. Die oft genutzte reine Sicht auf die Endanwendung im Mobilitätsbereich verfälscht leider die Klimabilanz, da es die vorgelagerte Strominfrastruktur (Netze, Umspannwerke, Stromspeicher) sowie die fehlende Verfügbarkeit und die Volatilität von erneuerbaren Energien nicht berücksichtigt.

Um Wasserstoff im Verkehr zu etablieren, müssen noch einige Schritte gegangen werden. Wie hoch würden die volkswirtschaftlichen Umstellungskosten auf Wasserstoff im Straßenverkehr ausfallen?

Paul Schneider: Die Anforderungen an eine Wasserstoff-Tankstelleninfrastruktur unterscheiden sich je nach Anwendung. Der Einsatz im Schwerlastverkehr lässt sich über relativ wenige Tankstellen realisieren. Beim Individualverkehr werden weitaus mehr Wasserstoff-Tankstellen benötigt. Unseres Erachtens ist es volkswirtschaftlich sehr viel günstiger, den Ausbau von Elektroladesäulen durch den Ausbau eines flächendeckenden Wasserstoff-Tankstellennetzes zu ergänzen, als ausschließlich auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu setzen. Die volkswirtschaftlichen Kosten für den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur würden nur einen Bruchteil der Ausbaukosten für die Strom-Infrastruktur betragen. Zudem kann eine Wasserstoff-Infrastruktur den fehlenden Ausbau kompensieren und somit das Gesamtsystem volkswirtschaftlich günstiger gestalten.

Herr Schneider, vielen Dank für das Gespräch!

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