Kfz-Unfall: eigener Gutachter wichtig – Mirko Mirkovic (KFZexperte24)

Interview mit Mirko Mirkovic
Mirko Mirkovic ist Inhaber und KFZ-Sachverständiger von KFZexperte24. Im Interview spricht er über die richtige Auswahl eines Gutachters und in welchen Fällen ein eigener Gutachter hinzugezogen werden sollte.

Es gibt in Deutschland zwei große Verbände, dem ein KFZ-Sachverständiger angehören kann. Den VKS (Verband unabhängiger Sachverständiger) und den BVSK (Bundesverband). Worin liegt der Unterschied zwischen beiden und welchem sollte man Ihrer Meinung nach angehören?

Mirko Mirkovic: In erster Linie handelt es sich bei beiden Verbänden um unabhängige Kfz-Sachverständigenverbände. Beide haben nämlich das gleiche Ziel: Den Zugang für Verbraucher zu einem kompetenten, qualitätsbewussten und vor allem versicherungsunabhängigen Kfz-Sachverständigen zu erleichtern.

Der Vorteil für den Verbraucher liegt darin, dass der Kfz-Sachverständige über sach- und fachliche Kompetenzen verfügen muss, um Mitglied in einem dieser Verbände werden zu können. Als Basis dient ein Ingenieur-, Techniker- oder Meisterausbildung. Darüber hinaus müssen sich Kfz-Sachverständige ständig Fort- und Weiterbildungen unterziehen. Nur so wird ein Höchstmaß an Qualität bei der Gutachtenerstellung gewährleistet.

Denn was viele nicht wissen: Der Beruf „Kfz-Sachverständiger“ ist kein geschützter Beruf. Dementsprechend gibt es auf diesem Gebiet auch leider viele schwarze Schafe, die über keine nötigen Ausbildungen verfügen und der Kunde somit womöglich auf eigenen Kosten sitzen bleiben kann, wenn das Gutachten fehlerhaft ist.

Es gibt aber eben nicht nur Verbände sondern auch Prüforganisationen wie zum Beispiel der TÜV Rheinland oder auch die DEKRA Gesellschaft. Auch hier gibt es Kfz-Sachverständige (wie in meinem Fall), die meistens in der Firmeneigenen Akademien (z. B. beim TÜV Rheinland, 6 Monate, Vollzeit) ausgebildet werden und berechtigt sind, den Titel bzw. das Prüfzeichen „TÜV zert. Kfz-Sachverständiger“ zu führen. Hier wird gewährleistet, dass der Kfz-Sachverständige über Ausbildungen (Ingenieur, Techniker oder auch Meister) verfügen muss, um an der Ausbildung teilnehmen zu können.

Welchem Verband man angehören sollte, kann man so nicht sagen. Beide Verbände können gewisse Qualitätsstandards gewährleisten. Die BVSK ist jedoch der größte Verband und in der Versicherungsgesellschaft der bekannteste. Für den Verbraucher ist es wichtig, sich vorher zu informieren, welchen Abschluss der Sachverständige hat und ob dieser auch versicherungsunabhängig arbeitet und natürlich über Qualifikationen verfügt. Versicherungsabhängige Kfz-Sachverständige arbeiten zugunsten der gegnerischen Versicherungen. Das bedeutet, der Schaden am Fahrzeug des Unfallgeschädigten wird nicht in voller Höhe beziffert. Auf diese Weise spart die gegnerische Versicherung jede Menge Geld und die Gefahr, dass der Unfallgeschädigte auf seine Kosten sitzen bleibt ist sehr wahrscheinlich.

Worin unterscheidet sich ein guter Sachverständiger von einem schlechten?

Mirko Mirkovic: Diese Frage kann man nicht pauschalisieren. Aber ein guter Kfz-Sachverständiger sollte über eine Ausbildung zum Ingenieur, Techniker oder auch Meister sowie weitere Qualifikationen verfügen. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass dieser einem Verband angehören muss. Auch ein Sachverständiger, der eine Gutachterausbildung bei einer der o. g. Prüforganisationen absolviert hat, verfügt über fachliche Kompetenzen. Selbstverständlich zählen auch langjährige Erfahrungen mit dazu.

Es gibt bestimmt auch „schwarze Schafe“ innerhalb der Branche. Das Wort „Gefälligkeitsgutachten“ hört man hin und wieder. Können Sie zu diesem Thema etwas sagen?

Mirko Mirkovic: Wie oben genannt, gibt es auch in der Kfz-Sachverständigenbranche „schwarze Schafe“. Das Wort „Gefälligkeitsgutachten“ bedeutet nichts anderes, vereinfacht gesagt, als ein „falsches Gutachten“. Neben Gutachten für Unfallschäden, gibt es auch beispielsweise Oldtimergutachten, Privatgutachten (Wertgutachten z. B. für das Finanzamt oder die Versicherung für die Beitragsberechnung).

Jedoch möchte ich auf das Unfallgutachten eingehen, da fehlerhafte Gutachten hier relativ häufig vorkommen:

Beispiel: Der Gutachter wird von einem Unfallgeschädigten beauftragt, das verunfallte Fahrzeug zu begutachten. Hier hat der Kfz-Sachverständige Pflichten zu erfüllen, wie z. B. bei einem Totalschadenfall ein sogenanntes „Restwertgebot“ einzuholen. Ein Restwertgebot ist der Wert, der bei Nichtwiederherstellung des Fahrzeugs für das objektiv verbleibende Fahrzeug am regionalen Markt zu erzielen ist. Gemäß BGH-Urteil ist der Sachverständige verpflichtet, mindestens 3 Angebote von örtlichen und seriösen Händlern einzuholen.

Der Sachverständige muss sich im Klaren sein, dass dieses Gutachten für die gegnerische Versicherung bestimmt ist und dass dieser aufgrund einer nicht sorgfältigen Begutachtung (z. B. falsches oder nicht wahrheitsgemäßes Restwertgebot) bei der Abwicklung des Versicherungsfalls (in dem Fall für den Verbraucher) Vermögensschäden entstehen können. Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Aus diesem Grund ist es ratsam einen Kfz-Sachverständigen hinzuziehen, der nicht nur kompetent ist, sondern auch über Fach- und Sachwissen verfügt.

Ein KFZ-Besitzer, der bei einem Unfall oder Problemen mit der Werkstatt einen Sachverständigen hinzuzieht, ist eigentlich auf der sicheren Seite. Ich denke mir, viele scheuen aber die damit verbundenen Kosten. Wie ist das geregelt?

Mirko Mirkovic: Zuerst das Wichtigste: Nach einem unverschuldeten Unfall benötigt der Kfz-Besitzer ein Gutachten, um die Schadensersatzansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend machen zu können. Die Kosten für den Kfz-Sachverständiger und das Unfallgutachten gehören nach der Rechtsprechung (BGH) mit zum Schadensumfang und werden von der gegnerischen Versicherung übernommen. Der Unfallgeschädigte kann einen Gutachter und einen Anwalt seiner Wahl beauftragen. Auch die Kosten für den Anwalt muss die gegnerische Versicherung übernehmen.

Diese Rechte und Möglichkeiten kennen die meisten Unfallgeschädigten leider nicht. Auch ein Rechtsanwalt kann hinzugezogen werden, der die Schadensersatzansprüche bei der gegnerischen Versicherung geltend machen wird. Auch hier muss die Versicherung die Kosten für seine Tätigkeit übernehmen. Schließlich soll zwischen dem Geschädigten und der gegnerischen Versicherung Waffengleichheit sichergestellt werden. Ein Kunde alleine gegen eine große Versicherungsgesellschaft, da ist man schnell verloren. Es wird empfohlen immer einen Rechtsanwalt mit zu beauftragen.

Beim Bagatellschäden (Schäden bis ca. 800€) wird nur ein Kurzgutachten erstellt. Ein Kurzgutachten enthält eine kurze Beschreibung, eine Kalkulation und die dazugehörigen Fotos. Auch müssen die Kosten für ein Kurzgutachten von der Versicherung übernommen werden.

Kommt es zu einer Quotelung, beispielsweise beide Unfallteilnehmer tragen zu je 50% Teilschuld, so übernimmt die Versicherung auch nur die Hälfte der Kosten für die Tätigkeiten des Sachverständigen und des Anwaltes. Die andere Hälfte der Kosten muss der Beauftragte übernehmen. Man sollte vorab mit einem Sachverständigen die Kosten absprechen. Manchmal werden die Kosten rabattiert oder gar komplett weggelassen. Gibt es dagegen Probleme mit der Werkstatt und der Gutachter kann den Fehler nachweisen, so kann es durchaus möglich sein, dass die Werkstatt die Kosten für den Gutachter übernehmen muss.

Wie sieht es denn mit der Gewährleistung aus? Wenn ich vor dem Autokauf eines Gebrauchtwagens ein Gutachten machen lasse und der Wagen dann aber gravierende Mängel hat. Wer kommt dann für Schäden/Reparaturen auf?

Mirko Mirkovic: Das ist eine sehr schwierige, aber berechtigte Frage. Zunächst: Der Gutachtenauftrag ist ein Werkvertrag. Im Rahmen eines Werkvertrages ist der Sachverständige auch verpflichtet, Aufklärungs- und Beratungspflichten vorzunehmen, die im Zusammenhang mit dem Gutachten stehen. Die gesetzlichen Gewährleistungen für Dienstverträge betragen 2 Jahre. Generell kann gesagt werden, dass ein Sachverständiger für Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein unrichtiges Gutachten erstellt wurde, das dann zu einem fehlerhaften Urteil führt. Aufgrund dieses falschen Gutachtens kann es für eine Prozesspartei dann zu einem Vermögensschaden kommen und der Sachverständige kann in Haftung genommen werden. Die Haftung muss aber begründet sein und es muss dem Sachverständigen ein entsprechender Fehler in seinem Gutachten nachgewiesen werden. Das wäre meiner Meinung nach in der Praxis sehr schwierig. Mir sind derzeit keine Fälle bekannt, weder bei mir noch bei meinen Kollegen.

Ein Gutachter unterliegt der staatlichen Prüfung. Müssen Sie eigentlich regelmäßig oder turnusmäßig Schulungen machen oder Fachprüfungen ablegen, um immer auf dem neuesten Stand zu sein?

Mirko Mirkovic: Hier muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ein Kfz-Gutachter keiner staatlichen Prüfung unterliegt, da dieser Beruf kein geschützter Beruf ist bzw. gesetzlich nicht geregelt ist. Um diese Tätigkeit ausüben zu können, sollte man über fachliche Qualifikationen verfügen. Ich wurde in der TÜV Rheinland Akademie ausgebildet und werde alle 2 Jahre rezertifiziert. Mein Prüfzeichen ist auf meiner Website sichtbar (in diesem Fall bis 2022 gültig) und auf der TÜV Rheinland Website für jeden abrufbar. Es besteht keine Pflicht, Schulungen oder Fachprüfungen abzulegen. Jedoch unterziehen sich viele Gutachter Schulungen oder bilden sich selber aus. Dies geschieht durch Online-Schulungen und auch in Zusammenarbeit mit Partnern (Werkstätten, Karosseriebauern, Lackierereinen etc.) um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Wie finde ich als Laie einen guten und geeigneten KFZ-Gutachter?

Mirko Mirkovic: Hierfür gibt es keine allgemeingültige Antwort. Jedoch können einige Anhaltspunkte Ihnen bei der Auswahl eines Sachverständigen helfen:

  • Mitgliedschaft in einem größeren anerkannten Verband wie der BVSK, VKS oder Sachverständige die Prüfzeichen (TÜV Rheinland, DEKRA, ADAC etc.) führen dürfen.
  • Sachverständige die öffentlich bestellt und vereidigt sind.
  • Gutachter die einen seriösen Webauftritt haben und die nötigen Qualifikationen aufweisen können.
  • Gute Bewertungen im Netz haben z. B. Google, Provenexpert, Facebook etc.
  • Auch mal bei Freunden und Bekannten nachfragen.

Herr Mirkovic, vielen Dank für das Gespräch.

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