Individuelle und qualifizierte Beratung gibt es in Läden – Angelika Schindler-Obenhaus und Alexander Gedat

Interview mit Angelika Schindler-Obenhaus und Alexander Gedat
Wir sprechen mit Angelika Schindler-Obenhaus und Alexander Gedat, COO und CEO der GERRY WEBER International AG, über Online-Handel und Nachhaltigkeit in der Modebranche.

Wie groß ist der Einfluss von e-commerce auf das Geschäft in den Ladenlokalen am point of sale? 

Alexander Gedat: Grundsätzlich bauen wir bei GERRY WEBER den E-Commerce sukzessive weiter aus. Corona erleben wir – wie viele Mitbewerber auch – im Online-Vertrieb als Beschleuniger. Durch die Corona-Pandemie bleiben Kundinnen dem stationären Handel fern, die dafür jetzt online unterwegs sind. Das merken wir auch bei GERRY WEBER, TAIFUN und SAMOON. Formate wie zum Beispiel Instore Ordering oder Click & Reserve ermöglichen es unserer Kundin, die Vorteile des E-Commerce teilweise auch im stationären Handel in Anspruch nehmen zu können.

Haben Sie das Gefühl, dass e-commerce (z.B. Amazon) zu einer übermächtigen Konkurrenz für das Einkaufserlebnis im Ladengeschäft werden kann, oder bevorzugen Kunden das klassische „Shopping“?

Alexander Gedat: Nein, nicht grundsätzlich. Wer Wert auf eine individuelle und qualifizierte Beratung legt, kommt nach wie vor in die Läden. Gerade GERRY WEBER steht für Passform und kompetente Beratung. Insbesondere seit Beginn der Pandemie erleben wir, dass die Kundin, die in die Läden kommt, eine ganz klare Kaufabsicht hat und den Dialog mit unseren Mitarbeiterinnen sucht. Das wird u.a. an höheren Umsätzen pro Bon und Kundin sichtbar.

Wie stark ist der Druck auf die Modebranche durch den Ruf nach mehr Nachhaltigkeit?

Angelika Schindler-Obenhaus: Nachhaltigkeit wird in der Modebranche mehr und mehr integraler Bestandteil, auf den zu verzichten sich kein Anbieter mehr leisten können wird. Das Verhalten der Konsument*innen hat sich hier schon stark verändert und – auch hier wirkt Corona als Beschleuniger – erwarten wir, dass die Entwicklung weiter Richtung mehr Achtsamkeit nachhaltige Produkte betreffend geht. Bereits im vergangenen Mai haben wir unsere komplett nachhaltige Linie „I wear I care“ gelauncht und planen hier einen sukzessiven Ausbau.  Seit drei Jahren bieten wir Produkte aus GOTS-zertifizierter Biobaumwolle an. Auch dieses Angebot wollen wir weiter ausbauen.

Ein erneuter „Lockdown“ durch Corona wird den Online-Handel weiter in den Fokus rücken. Wie gut sind Sie dafür gerüstet?

Alexander Gedat: Der Ausbau unseres E-Commerce ist fest in unserer Geschäftsstrategie verankert. Wir investieren hier weiter und setzen auf Technologien aus der Business Intelligence. Technologisch und personell sind wir bestens gerüstet.

Wie stehen Sie zu dem Thema „Billigproduktion aus dem Ausland“ in Ländern wie Indien oder China?

Angelika Schindler-Obenhaus: Wir sind uns der schwierigen Bedingungen und unserer Verantwortung sehr bewusst. Gerry Weber ist seit 2010 Mitglied der Amfori BSCI und 2016 dem Bündnis für nachhaltige Textilien beigetreten. Durch diese Allianzen können wir Einfluss nehmen und Verbesserungen vorantreiben. Darüber hinaus haben wir einen sorgfältigen Prozess zur Auswahl unserer Lieferanten implementiert, bei dem fragwürdige Arbeitsbedingungen ein Ausschlusskriterium bedeuten.

Obwohl von den Kunden offenbar mehr Nachhaltigkeit in der Mode gefordert wird, bevölkern Tausende die Läden für günstige Mode. Wie passt das zusammen?

Angelika Schindler-Obenhaus: Das ist schwierig zu beurteilen und sicherlich teilweise auch individuell begründet. Die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit ist die gesellschaftlich erwartete Antwort und Haltung. Beim tatsächlichen Kaufverhalten spielt offenbar der Preis die größte Rolle, was sicherlich zum Teil auch mit der Höhe des jeweiligen Einkommens in Zusammenhang steht.

Laut Aussage der Vereinten Nationen ist die Modebranche der zweitgrößte Umweltverschmutzer weltweit. Ist das in der Branche ein Thema?

Angelika Schindler-Obenhaus: Umweltverschmutzung ist in der Modebranche selbstverständlich ein großes Thema, das wir auch konkret angehen. Zum einen entwickeln wir verstärkt Initiativen und Ideen im Bereich Recycle, Reuse und Resell. Mit unseren Factory Outlets sind wir hier ebenfalls gut aufgestellt und arbeiten auch dort an einem Konzept zu Recycle und Reuse. Darüber hinaus arbeiten z.B. das Bündnis für nachhaltige Textilien und Siegel wie GOTS intensiv an Verbesserungen, daher haben wir uns diesen Initiativen angeschlossen. 

Frau Schindler-Obenhaus, Herr Gedat, vielen Dank für das Gespräch.

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