Bernd Dirksen – Berufsunfähigkeit kann jeden treffen

Interview mit Bernd Dirksen
Bernd Dirksen befasst sich bei seiner Arbeit für die LVM Versicherung in Münster seit vier Jahrzehnten mit Lebens-, Renten- und insbesondere auch mit Berufsunfähigkeitsversicherungen. Wir sprechen heute mit ihm über den Wert der Arbeitskraft – und darüber, wie man diese mithilfe einer Berufsunfähigkeitsversicherung absichern kann.

Wie funktioniert eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Bernd Dirksen: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung greift, wenn der Versicherte gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage ist, seinem zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen – und das voraussichtlich auf Dauer. Wer mindestens die Hälfte seiner Leistungsfähigkeit verloren hat, erhält dann eine vereinbarte monatliche Rente. Ob diese Berufsunfähigkeit beispielsweise aus einem Unfall oder aus einer Krankheit resultiert, ist irrelevant. Genauso, ob der Versicherte einer anderen Arbeit gewachsen wäre. Insbesondere hier unterscheidet sich die Berufsunfähigkeitsversicherung gravierend von der Absicherung über die gesetzliche Rentenversicherung in Form einer Erwerbsminderungsrente. Denn die ist in voller Höhe lediglich für diejenigen vorgesehen, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können, und zwar in einem beliebigen Beruf. Und das auch nur unter bestimmten Bedingungen.

Für wen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig?

Bernd Dirksen: Kurz gesagt: Für jeden Einzelnen, der auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist oder es später einmal sein wird. Den meisten ist der Wert ihres Autos bewusst. Ihrer Einrichtung. Einer Reise. Oder eines Handys. Deswegen sind sie bereit, in die jeweilige Absicherung zu investieren. Den Wert der eigenen Arbeitskraft dagegen machen sich viele nicht bewusst. Eine einfache Rechnung für jemanden, der bereits im Beruf steht, lautet: das monatliche Bruttoeinkommen mal zwölf nehmen – und das Ergebnis mit der Anzahl der Jahre bis zur Rente multiplizieren. Gehaltssteigerungen und Inflation sind hier sogar noch außenvorgelassen. Je nach Einkommen und Alter landet man ganz schnell im mittleren sechsstelligen Bereich, meist wird’s sogar siebenstellig.

Was ist der richtige Zeitpunkt, um eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen?

Bernd Dirksen: Ob und zu welchen Bedingungen jemand einen Berufsunfähigkeitsschutz erhält, ist ganz wesentlich von seinem Gesundheitszustand abhängig. Den muss er in einem Fragebogen dokumentieren. Liegen viele oder sogar schwerwiegende Vorerkrankungen vor, kann der Versicherer einen sogenannten Risikozuschlag verlangen – sprich: Es wird deutlich teurer. Oder aber das Risiko ist dem Versicherer zu groß und er schließt manche Krankheitsbilder komplett aus. Es gilt also das Motto „Je früher, desto besser“. Was nicht bedeutet, dass sich der Versicherer umso ausgiebiger bereichert. Stattdessen verteilen sich die kalkulierten Beiträge auf einen längeren Zeitraum und fallen entsprechend niedriger aus. Aus diesem Grund bieten viele Versicherer inzwischen übrigens sogar schon für Schüler eine Möglichkeit der Berufsunfähigkeitsabsicherung an. Das klingt zunächst einmal ziemlich erklärungsbedürftig. Es beschert dem einen oder anderen aber durchaus eine Absicherung, auf die er später aus gesundheitlichen Gründen keine Chance mehr hätte.

Für wen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung denn überhaupt sinnvoll?

Bernd Dirksen: Ganz häufig höre ich die Frage: „Ja wie soll ich denn schon am Schreibtisch berufsunfähig werden?“ Als könnten nur Menschen, die körperlich arbeiten, von einer Berufsunfähigkeit betroffen sein. Den ersten Platz unter den Ursachen für Berufsunfähigkeit nehmen seit geraumer Zeit Nervenerkrankungen ein: Sie machen inzwischen ein Drittel aller Fälle aus. Hierunter fallen beispielsweise psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout – die können einfach jeden treffen. Gleiches gilt für Probleme mit dem Skelett- und Bewegungsapparat oder für Erkrankungen wie Krebs, die auf den Plätzen zwei und drei rangieren. Gerade rund um Berufsunfähigkeitsversicherungen kursieren einfach sehr viele falsche Annahmen. Beispielsweise auch, dass sie kein Thema für Beamte sind.

Sind Beamte denn nicht über ihren Dienstherrn ausreichend abgesichert?

Bernd Dirksen: Mit einem Beamtenstatus verbindet man Sicherheit – meist sogar auf Lebenszeit. Gerade was die Absicherung der Arbeitskraft anbetrifft, ist das aber ein Irrglaube: Für Beamte auf Widerruf oder Probe kann eine Dienstunfähigkeit sogar existenzbedrohend werden. Beamte auf Lebenszeit stehen im Fall der Fälle zwar besser da, je nach individueller Situation müssen sie bei einer Dienstunfähigkeit aber zumindest mit erheblichen finanziellen Folgen rechnen. Entsprechend empfiehlt sich auch für Beamte die Absicherung der Arbeitskraft. Und zwar mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die eine sogenannte Dienstunfähigkeitsklausel enthält.

Und worauf müssen Beamte bei einer solchen Dienstunfähigkeitsklausel achten?

Bernd Dirksen: Berufsanfänger sollten genau hinschauen, ob die Absicherung wirklich während der gesamten Beamtenlaufbahn besteht – also nicht nur für Beamte auf Lebenszeit, sondern auch für Beamte auf Widerruf und Probe. Darüber hinaus beinhalten einige Dienstunfähigkeitsklauseln, dass der Versicherer im Fall der Fälle nicht selbst die Dienstunfähigkeit überprüft. Stattdessen schließt er sich – sofern Versicherungsschutz gegeben ist – einfach der Entscheidung des Dienstherrn an. Eine solche Regelung erspart Betroffenen in einer sehr belastenden Situation nicht nur Aufwand: Sie schont auch die ohnehin schon strapazierten Nerven.

Vielen Dank, Herr Dirksen für das Interview.

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