Dr. Sebastian Grabmaier: JDC in der Pole-Position

Interview mit Dr. Sebastian Grabmaier
Dr. Sebastian Grabmaier ist Vorstandsvorsitzender von Jung, DMS & Cie. Im Interview spricht er über Millionen-Investitionen in FinTechs und den weitgehend gescheiterten disruptiven Ansatz.

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Dr. Sebastian Grabmaier: Was die vielen Start-ups angeht, hat eine echte Disruption ja weitestgehend nicht geklappt und die meisten bieten ihre Leistungen nun den etablierten Marktteilnehmern an oder haben bereits aufgegeben. Einige wenige Ausnahmen wie z.B. N26 bestätigen diese Regel. Allerdings hat der FinTech-Hype dazu geführt, dass sich vorhandene Technik- und Prozessdienstleister viel digitaler aufgestellt haben und selbst zum FinTech bzw. InsurTech geworden sind. Zu den Gewinnern gehören beispielsweise Maklerpools wie JDC, die es zwar teilweise schon Jahrzehnte gab, die sich inzwischen aber zu Digitalisierungsplattformen weiterentwickelt haben. Als solche bieten sie digitale Dienstleistungen nicht mehr nur Einzelmaklern, sondern allen größeren Intermediären an wie zum Beispiel den großen firmenverbundenen Vermittlern, den Banken und auch den Versicherungsunternehmen selbst. So nutzten beispielsweise die Rheinland Versicherung und die Nürnberger Versicherungsgruppe bereits unsere JDC-Plattformtechnologie, ebenso wie die Lufthansa, BMW, Boehringer Ingelheim oder Banken wie die Sparda Bank, die Volkswagen Bank oder comdirect.

Was ist Ihr Kerngeschäft, welche die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Dr. Sebastian Grabmaier: Wir haben unsere Wurzeln im traditionellen Maklerpoolgeschäft als Produkt- und Fachkompetenz-Plattform für Vermittler, verfolgen allerdings seit Jahren unsere Advisortech-Strategie – also Technik für Berater und nicht gegen sie. Wir versetzen also durch unsere B2B2C- Plattformtechnologie und -tools Einzelmakler, Verbünde, aber auch große Intermediäre wie Banken oder Versicherungen in die Lage, ihre Endkunden optimal zu betreuen und zu beraten. Unsere selbst entwickelten, innovativen Tools und Features wie zum Beispiel unsere innovative und regulatorisch vollumfängliche Kunden- und Vertragsverwaltungssoftware iCRM mit zahlreichen Vergleichsrechnern sowie Online-Bedarfsanalysen, unsere Finanz- und Versicherungs-App allesmeins mit zahlreichen Vergleichs- und Optimierungsrechnern oder unser digitales Vermögensverwaltungsangebot easyROBI ermöglichen einen komplett digitalen Zugang zum Kunden. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir mit dieser Plattform-Technologie die gesamte Wertschöpfungskette von der Vertriebsarchitektur im Backend bis hin zu kompletten Online-Beratungsstrecken im Frontend abdecken und alles aus einer Hand anbieten können. Damit kommen wir dem digitalen Kauferlebnis, das Kunden im e-Commerce inzwischen gewöhnt sind, schon ziemlich nah. 

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu ihren etablierten Wettbewerbern?

Dr. Sebastian Grabmaier: Mit unserem „Plug-and-Play“-Ansatz kann ein Makler oder auch eine Bank seinen Kunden digitale Versicherungsvermittlung anbieten ohne selbst Kompetenz oder Kapazität in einzelnen Versicherungsthemen aufzubauen oder vorzuhalten. Unsere Intermediär-Kunden erhalten also eine Lösung aus einer Hand, also nicht nur entweder Software oder Prozesse oder Daten. Das ist im Markt derzeit einzigartig und für Vermittler viel vorteilhafter als ein herkömmliches Software- oder Pool-Angebot. Endkunden erhalten das hybride Modell, das sie schließlich bevorzugen, nach individuellem Wunsch also persönlich und digital: Denn künftig werden sich Kunden nicht nur im Internet informieren, sondern dort zunehmend auch Absicherungsprodukte abschließen. Allerdings wird sich das auch künftig nur bei „einfachen“, also eher beratungsarmen Lösungen, anbieten. Wer nach „komplizierteren“ und damit eben auch beratungsintensiven Versicherungen sucht, wird um eine kompetente und persönliche Beratung nicht umhinkommen. Unser Netzwerk aus rund 16.000 kompetenten und erfahrenen Beratern und Vermittlern ergänzt das digitale Angebot ideal.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender, wie agiert ihr Unternehmen?

Dr. Sebastian Grabmaier: Wie eingangs gesagt, kann man den ersten Ansatz bereits als gescheitert ansehen: Trotz Millionen-Investitionen ist es nur ganz wenigen Start-Ups gelungen, ein eigenständiges Kundenangebot aufzubauen. Vielmehr bietet es sich für Digitalisierungsdienstleister an, vorhandenen Marktteilnehmern mit etabliertem Kundenzugang Lösungen zuzuliefern. So setzten wir mit unserem B2B2C-Modell weitestgehend auf Kooperationen: Anstatt viel Geld für Marketing und Endkundenakquise auszugeben, bieten wir unsere marktführenden Digitalisierungs- und Beratungs-Lösungen lieber den großen Point-of-Sale Marktteilnehmern und deren hunderttausenden Kunden an. Für Vermittler macht es einfach keinen Sinn, die tägliche Daten- und Dokumentenversorgung selbst abzubilden und die dazu notwendige IT selbst zu entwickeln. Für sie ist es viel billiger, unsere Plattform-Technologie zu nutzen. Damit gewinnen wir viel schneller Kunden und Verträge als durch eigene Marketinganstrengungen. Diese arbeitsteilige Wertschöpfung entspricht auch der Industrielogik: Ähnlich wie in der Investmentbranche wird es am Ende ganz wenige Unternehmen geben, die die Transaktionen der vielen Produzenten abwickeln und damit steuern. Hier sehe ich die sich aus einem Pool entwickelte digitale Versicherungsplattform der JDC in der Pole-Position.

Wie schnell reagieren Ihre Wettbewerber auf neue Trends, wie hoch ist der Innovationdruck?

Dr. Sebastian Grabmaier: Unser Innovationsdruck kommt nicht von Wettbewerbern, sondern viel mehr aufgrund der ganz individuellen und heterogenen Anforderungen, die unsere Vermittlerkunden aus dem Versicherungs- und Bankenbereich an unsere Plattformtechnologie stellen. Hier entwickeln wir – je nach Kundenwunsch immer wieder neue Features, die dann in unser iCRM oder in allesmeins einfließen und wovon über unsere Plattformtechnologie alle unsere Vertriebspartnern profitieren. 

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Dr. Sebastian Grabmaier: In den nächsten Tagen schalten wir unsere neue PSD2-Schnittstelle frei, mit der wir die Versicherungsdaten eines Kunden einfach und direkt aus dessen Girokonto auslesen können. Damit können wir mit nur zwei Klicks des Kunden das gesamte Versicherungsportfolio dann auf dem PC, Smartphone oder Tablet des Kunden anzeigen und auch Optimierungsvorschläge machen. Durch Datenanalyse können wir unseren Beratern dann Beratungsimpulse geben, beispielsweise indem wir aus den Girokontodaten so genannte „live-changing-events“, also Ereignisse wie Geburt, Eheschließung oder Grundstückskauf auslesen, die einen unmittelbaren Beratungsbedarf auslösen. Im Investmentbereich setzen wir auf unsere Greenfolios, also ein besonderes Kunden-Angebot, das sich ausschließlich aus Umwelt- und ESG-konformen Investments zusammensetzt.

Herr Dr. Grabmaier, vielen Dank für das Gespräch.

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