Notleidende Kredite: „Banken müssen Parameter neu bewerten“ – Lars Schröter (LOANCOS)

Interview mit Lars Schröter
Expertinnen und Experten rechnen aufgrund der Corona-Pandemie mittelfristig mit einer steigenden Anzahl von notleidenden Krediten (Non Performing Loans = NPL). Lars Schröter ist Head of Business Development bei der LOANCOS GmbH und weiß, was dies für die Finanzwirtschaft bedeutet.

Notleidende Kredite sind ein eigenständiges Geschäftsmodell geworden. Zudem wird die Corona-Krise zu vermehrten Firmenpleiten führen. Was heißt das für die Kreditwirtschaft?

Schröter: Die Banken und Sparkassen sind jetzt gefordert, sich intensiv mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu befassen. Dazu gehört es, die bankindividuellen Parameter wie Risiken, Rentabilität, Liquidität und Kapital neu zu bewerten und bisherige Risikomodelle anzupassen. Fraglich erscheint es, ob es den Banken und Sparkassen organisatorisch gelingt, zunehmende Kreditausfälle effizient zu bearbeiten. Im Rahmen der Niedrigzinsphase wurden auf NPL spezialisierte Abteilungen und damit das Wissen zur Bearbeitung abgebaut. Das wieder umzustellen, erfordert enormen Aufwand. Hinzu kommt, dass die Bearbeitung der notleidenden Kredite das Personal von der eigentlichen Kernaufgabe der Bank abhält: der Kreditvergabe. Daher lohnt es sich in den allermeisten Fällen, hierfür externe Organisationen zu engagieren.

Bei einer Welle von Kreditausfällen, wie sie in nächster Zeit zu erwarten ist – müssen wir uns um unsere Bankguthaben Gedanken machen?

Schröter: Die Corona-Krise trifft bestimmte Zweige der Realwirtschaft unmittelbar viel härter als in der Finanzkrise 2009. Die Regierungen weltweit haben aber sofortige Hilfen zur Verfügung gestellt, um die Volkswirtschaften zu stützen. Diese Hilfsmaßnahmen sind mitunter deutlich umfangreicher als in der Finanzkrise. Zudem haben die Banken und Sparkassen nach der Finanzkrise und auch jetzt mehr Risikovorsorge gebildet. Die Frage ist, wann die Kreditausfälle die Bilanzen der Banken betreffen und wie die Auswirkungen auf einzelne Institute zu beurteilen sind.

Halten Sie einen Bank-Run für möglich, speziell in Deutschland?

Schröter: Banken müssen ihre Geschäftsmodelle hinterfragen und ihre mittel- bis langfristigen Risikosituationen neu beurteilen. Nach Aussagen der Bankenaufsicht sind je nach unterstellten Stress-Szenarien zwischen zwei und rund sieben Prozent Kernkapitalverzehr bei den Kreditinstituten zu erwarten. Dass es auch schwache Institute geben kann, die es härter trifft, können wir nicht ausschließen. Es wäre aber übertrieben, von einem Bank-Run auszugehen.

Banken müssen sich, um ihre Bilanzen aufzubessern, von notleidenden Krediten trennen. Gibt es Profiteure?

Schröter: Banken und Sparkassen sollten sich von notleidenden Darlehen trennen, um sich vor allem auf die Kreditneuvergabe zu konzentrieren. Das ist ihr Kerngeschäft und hilft der Volkswirtschaft bei der Wertschöpfung. Bei der Bearbeitung notleidender Kredite sollten Banken überlegen, neue Wege zu gehen und Kräfte zu bündeln. Denn die Bearbeitung von notleidenden Engagements ist ein aufwendiger Prozess. Dieser erfordert Fachwissen und das Know-how von Expertinnen und Experten. Wenn notleidende Kredite möglichst nach einheitlichen Standards, zentral gesteuert und unter Kostenteilung bearbeitet werden, bringt das Sicherheit und Vertrauen in den Prozess und hilft Schuldnerinnen und Schuldnern, gemeinsam mit den Instituten gute Lösungen zu finden. Dazu könnten Banken und Sparkassen ihre notleidenden Engagements in einer gemeinsamen Gesellschaft, unterstützt von einem Servicer, bündeln und bearbeiten lassen. Davon würden alle profitieren.

Hinter jedem Kredit steht entweder ein Mensch, ein Gewerbe oder eine Organisation. Gehen wir nur von Privatpersonen aus: Was sind in Sachen „Non Performing Loans“ das Best-Case- und Worst-Case-Szenario für Menschen, deren Kredit notleidend ist?

Schröter: Der Best Case ist, dass ein Darlehen gar nicht erst notleidend wird. Wichtig ist, die Themen sachlich zu handhaben und die Gesprächsbereitschaft aufrechtzuerhalten. Das Worst-Case-Szenario ist die Insolvenz. Wir empfehlen, in diesem Fall sachverständige Dritte einzuschalten, die das Vorgehen zwischen den Beteiligten moderieren und für beide Seiten eine wirtschaftliche Lösung erarbeiten.

Herr Schröter, vielen Dank für das Gespräch.

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