Thomas Hupp: ETFs sind für private Anleger vollkommen ungeeignet

Interview mit Thomas Hupp
Thomas Hupp ist Finanzberater und Inhaber 4D-Vermögensplanung. Mit ihm sprechen wir über ETFs, ETF-Anleger sowie Vor- und Nachteile.

ETFs (Börsengehandelte Anlagefonds) sind in aller Munde und bringen eine gute Performance. Wie unterscheiden sich aktive und passive ETFs und wie sind die aktiven ETFs entstanden?

Thomas Hupp: Passive ETFs bilden in der Regel einen Index ab und versuchen dessen Performance Rendite und Risiko darzustellen, was ihnen meist nicht gelingt. Der Index z.B. DAX oder EURO STOXX 50 wird nach einfachen Regeln gebildet und ist nach der Größe des Unternehmens aufgrund der Relevanz am Markt ausgerichtet. D.h. In einem passiven ETF werden die Wertpapiere gekauft oder durch Kontrakte nachgestellt, die in dem entsprechenden Index enthalten sind. Dabei wird nicht auf eine Risikostreuung oder vernünftige Branchenallokation geachtet, sondern von den größten Wertpapieren am meisten und von den kleinen am wenigsten und das auch nur von einem ganz kleinen Teil des Gesamtmarktes (Z.B. DAX 30 von 1000 Aktien, die an der Frankfurter Börse gehandelt werden). Ein aktives ETF baut einen oder mehrere Marktfaktoren ein. Z.B. Value-, Größe, Growth, Momentum, Nachhaltigkeit…. Die Wertpapierauswahl wird sozusagen erweitert und es werden Wertpapiere ausgewählt, die z.B. in einem Index enthalten sind und zusätzlich unterbewertet sind, oder nachhaltig sind, oder es werden aus einem Gesamtmarkt die Wertpapiere ausgewählt, die die beste 12 Monatsrendite erzielten. Da ein Index die Richtung eines Marktes anzeigen soll und nicht für Anlagezwecke gebildet wird, haben passive ETFs nur die Marktkapitalisierung (Größe) als Faktor für die Wertpapierauswahl und Gewichtung zur Verfügung. Institutionelle Investoren wollen bei der Auswahl und Gewichtung weitere Faktoren berücksichtigen, z.B. sind gerade die kleinen Unternehmen interessant, da sie mehr Wachtumspotential haben. Oder Unternehmen, die besonders hohe Wachstumsraten haben, sind ebenfalls von Interesse. Auch wollen Investoren nicht nur die Größe als Qualitätsmerkmal eines Wertpapiers, sondern auch die Werthaltigkeit oder Nachhaltigkeit berücksichtigen. In einem passiven ETF sind die Größten enthalten, egal ob Sie Gewinne oder Verluste erzielen, egal ob sie Skandale haben, oder wie sie mit der Umwelt und ihren Mitarbeitern umgehen. Das ist vielen Investoren zu wenig, deshalb wurden aktive ETFs geformt, um mehr Auswahlmöglichkeiten zu bieten. Besonders für institutionelle Anleger, die selbst keine Wertpapierauswahl treffen können. Aktive ETFs können bei der strukturierten Diversifizierung von Portfolien einen Beitrag leisten.

Was für Vor- und Nachteile ergeben sich aus aktiven ETFs, die gegenüber passiven mengenmäßig in der Minderheit sind?

Thomas Hupp: Vorteile sind in der erweiterten Auswahl von Wertpapieren und damit eine bessere Risikostreuung für Anleger, als dies passive ETFs bieten. Durch die Kombination von aktiven ETFs (Growth, Value, Momentum, Nachhaltigkeit) ist eine bessere Diversifizierung möglich. Der große Nachteil sind spreads und Liquidität. Wenn die Liquidität am Markt knapp wird, werden die Kosten beim Verkauf von wenig gehandelten ETFs exorbitant hoch oder können gar nicht verkauft werden.

Sind aktive ETFs nur ein Trick der Finanzbranche, um weiterhin neue, teure Fonds zu verkaufen oder gehören sie in ein diversifiziertes Depot?

Thomas Hupp: Aktive ETFs sind für private Anleger wie auch passive ETFs vollkommen ungeeignet. Denn es benötigt Kenntnisse über Spreads, Liquidität, Marktfaktoren, physische oder swap-basierte ETFs. Auch Kenntnisse über die strukturierte Asset-Allokation sind notwendig, um qualifiziert ETFs auszusuchen. Sie gehören meiner Meinung nach in kein privates Portfolio, sondern sind Instrumente für Vermögensverwalter und Anlageberater, die entsprechende Kenntnisse haben. Die Finanzindustrie hat hier eine Antwort gefunden, um der Kritik der hohen Kosten aktiver Fonds zu entgegnen. Verschweigt aber, dass sich der Anleger nun selbst um Kauf- und Verkauf, um Risikomanagement, um die Länder- und Branchenallokation, sowie um die Währungsabsicherung kümmern muss. Abgesehen davon können ETFs beim Verkauf deutlich teurer sein, als dies aktive Fonds sind.

Können Sie uns erklären, wie ein ETF gehandelt wird und wie dessen Preis bestimmt wird?

Thomas Hupp: ETFs werden an der Börse gehandelt. Die Kauf- bzw. Verkaufsorder wird von der Depotbank aus abgewickelt.  Der Preis wird wie bei allen Wertpapieren über Angebot und Nachfrage bestimmt. D.h. die Börse wertet alle Aufträge Verkauf und Kauf in bestimmten Zeitintervallen aus und bestimmt daraus den Preis, der zu höchsten Umsätzen führt. Dafür erhält sie einen Spread. Je weniger Handel desto höher ist der Spread, also der Unterschied zu Kauf und Verkaufskurs.

Der typische ETF-Anleger investiert meist langfristig. Warum würde sich die Anlageart der aktiven ETFs für diese Art von Anleger weniger lohnen?

Thomas Hupp: Das hängt vom Kapitalmarkt und der Anlagestrategie ab. Wird ein aktives ETF ausgesucht, um einen Marktfaktor wie z.B. Growth zu bevorzugen, um eine höhere Rendite zu erzielen und der Markt auch in diese Richtung sich entwickelt, lohnt sich der aktive ETF gegenüber dem passiven ETF. Will der Anleger aber sein Risiko minimieren und sucht mehrere aktive ETFs aus, liegt der Gewinn nicht unbedingt in mehr Lohn, sondern in weniger Schwankungen.

Herr Hupp, vielen Dank für das Gespräch!

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