Risikoverteilung zwischen Mieter und Eigentümer nötig – Philipp Wolter (Christie & Co GmbH)

Interview mit Philipp Wolter
Philipp Wolter ist Senior Consultant Investment & Letting bei Christie & Co GmbH. Im Interview spricht er über Hotelimmobilien und schätzt die Entwicklung zur Mietstundung und Vertragsänderung ein.

Viele Gewerbetreibende waren vom Lockdown und weiteren Corona-Beschränkungen betroffen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit geschaffen zeitweise die Mieten zu stunden. Wurde diese Möglichkeit in großem Stil genutzt?

Philipp Wolter: Die Corona-Beschränkungen haben die Hotellerie natürlich hart getroffen, der Tourismus war in Deutschland zeitweise zum Erliegen gekommen und Messen sowie Veranstaltungen wurden abgesagt. Vielen Hotels ist hier die Grundlage in kürzester Zeit weggebrochen und somit war eine Auseinandersetzung mit der Problematik mit dem Eigentümer, Finanzierungspartnern, Lieferanten und vor allem auch den eigenen Mitarbeitern unumgänglich. Die Stundung der Mieten war zu Beginn der Krise notwendig um die unmittelbaren Folgen des Lockdowns und die fehlenden Umsätze abzufedern. Da jedoch auch in den Folgemonaten insbesondere der Stadthotellerie die Geschäftsgrundlage entzogen wurde und auch die gestundeten Pachten zurückbezahlt werden müssen, steht der Branche eine unabsehbare Pleitewelle bevor. Natürlich versuchen die Partner sich privatwirtschaftlich zu einigen, jedoch fehlt ein politischer und rechtlicher Rahmen für eine ausgewogene Lastenverteilung.

Ist es im Zuge der Pandemie vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern gekommen?

Philipp Wolter: Nach unserer Erfahrung findet in erster Linie ein konstruktiver Austausch zwischen Mietern und Vermietern statt. Jeder Eigentümer will den Leerstand seiner Immobilie vermeiden, da besonders die Suche nach neuen Mieter/Pächtern in der Pandemie eine Herausforderung sein kann. Eine partnerschaftliche Lösung auf Augenhöhe zu finden ist definitiv die bessere Variante. Eine Aufteilung des Risikos zwischen Eigentümern und Mietern/Pächtern ist hier der richtige Weg, um sich für die Zukunft stark aufzustellen.

Haben Sie den Eindruck, dass der Dialog um etwaige Mietkürzungen oder Mietanpassungen zwischen Vermietern und Mietern eher konstruktiv oder konfrontativ geführt wird?

Philipp Wolter: Ob die Dialoge zwischen Eigentümern und Mietern/Pächtern konstruktiv oder konfrontativ geführt werden hängt natürlich immer von dem Verhältnis der beiden Parteien ab – hier kann daher keine generelle allgemeingültige Antwort gegeben werden. Es gibt sicherlich auch viele Eigentümer die einer(m) Stundung/Erlass der Pacht/Miete nicht zustimmen, da auch sie unterschiedlichste Verbindlichkeiten haben. Wie auch zuvor beschrieben ist eine partnerschaftliche Auseinandersetzung der Situation erforderlich, um auch in Zukunft weiterhin positiv zusammen zu arbeiten. Was aus heutiger Sicht jedoch bereits feststeht ist, dass in Zukunft bei Verhandlungen über Verträge sicherlich sogenannte „Pandemie-Klauseln“ aufgenommen werden, um für die Zukunft besser gewappnet zu sein.

Hat sich die aktuelle Situation auf die Vertragsgestaltung bei Neuvermietungen und Mietverlängerungen ausgewirkt, z.B. bezüglich der Miethöhe oder Laufzeiten?

Philipp Wolter: Neue Verträge werden in Zukunft sicherlich einer Anpassung unterliegen, wie im Abschnitt zuvor genannt werden hier sicherlich weitere Regelungen, die z.B. Ausfälle des Mieters/Pächters über einen bestimmten Zeitraum betreffen berücksichtigt sowie eine Klausel die Situationen wie die Jetzige genauer regelt. Auch was die bis zuletzt „überhitzten“ Mieten/Pachten angeht wird es in Zukunft sicherlich Anpassungen geben. Die Laufzeiten werden in Zukunft aus meiner Sicht keine Anpassung erfahren. Entsprechend dem Charakter der Asset-Klasse Hotel als Betreiberimmobile werden die Verträge zukünftig flexibler ausgestaltet werden, um ein ausgewogeneres Profit and Risk Sharing zu ermöglichen und somit weniger krisenanfällig zu werden.

Sehen Sie langfristige Folgen für den Gewerbe- und Büroimmobilienmarkt aufgrund der Pandemie?

Philipp Wolter: Corona stellt einen exogenen Schock, nicht nur für die Hotelbranche dar. Natürlich gab es auch in anderen Immobiliensegmenten, also dem von Ihnen genannten Gewerbe- und Büroimmobilienmarkt teilweise überhitzte Märkte auch aufgrund der sehr günstigen Finanzierungsbedingungen. Corona wirkt hier unseres Erachtens als Katalysator. Grundsätzlich sehen wir aber keine grundlegende strukturelle Krise, es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig und wie stark die wirtschaftlichen Auswirklungen sich auf den gesamten Immobilienmarkt auswirken. Langfristig wird sich der Gewerbemarkt sicherlich wieder erholen, wann genau dies geschieht ist jedoch schwer abzuschätzen.

Herr Wolter, vielen Dank für das Gespräch.

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