Susanne Wollanke: „Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen.“

Interview mit Susanne Wollanke
Susanne Wollanke ist selbständige Unternehmensberaterin bei controlling.tv. Mit ihr sprechen wir über Start in die Selbständigkeit, Stolperfallen sowie Tipps.

Wenn man gerade seine Selbstständigkeit starten möchte, kann dies zu einigen Problemen führen. Wie kann eine Gründungsberatung dabei helfen?

Susanne Wollanke: Henry Ford sagte einmal: „Suche nicht nach Fehlern, suche nach Lösungen“. Auch für andere bekannte Unternehmerpersönlichkeiten, scheint es das Wort „Problem“ nicht gegeben zu haben. Genau dort sollte Gründungsberatung ansetzen. Wenn jede vermeintliche Hürde als Schlüssel für den Erfolg einer beginnenden Selbständigkeit angesehen werden kann, ist das die beste Voraussetzung für gesundes Wachstum sowie nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. „Probleme“ werden in unserem Kulturkreis eher negativ bewertet, doch nicht umsonst steckt in diesem Wort der Präfix „Pro“. Es gilt, sich die richtigen Fragen zu stellen und Antworten zu finden für die Dinge, die anders als erwartet laufen und die als treibende Kraft ein enormes Entwicklungspotential bergen. An der Einstellung zu sogenannten „Problemen“ kann ein Gründer schon sehr zeitig im Laufe der Beratung erfahren, wie er mit diesen umgeht. Eine gute Gründungsberatung sollte auch den Weg in die Selbständigkeit durch Beratungsbestandteile ebnen. Viel wichtiger ist jedoch, den Kunden während des Beratungsprozesses ebenso vor Herausforderungen zu stellen, damit er sich in der Rolle eines Unternehmers bereits vorab erfahren kann. Nicht selten sind diejenigen später die erfolgreicheren Firmeninhaber, die aus dieser „Feuertaufe“ gestärkt hervorgehen. Erwartet ein Gründer vom Berater, dass dieser ihm alle Steine aus dem Weg räumt und geht er mit auftretenden Problemen eher in Widerstand, wird dies für die künftige Selbständigkeit eher nicht förderlich sein. Für Steve Jobs beispielsweise gab es den Fakt, dass irgendetwas nicht gehen könnte, einfach nicht. Er weitete selbst unmöglich erscheinende Möglichkeit nahezu unbegrenzt aus, sodass er eine Nachfrage erschuf, deren sich die Kunden zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst waren. Wenn er eine Vision hatte, wusste er, dass diese eintreffen wird und so umgesetzt werden kann, wie diese bereits vor seinem inneren Auge lebte. Groß denken und alles für möglich halten – mit dieser Einstellung stehen die „Sieger“ bereits zu Beginn fest. Wenn sich Gründungsberatung auf die Visionsarbeit klarer Absichten, Wünsche und der Ableitung von Zielen konzentriert und „Probleme“ als positive Triebkraft zum Erreichen der Vision angesehen werden, lernt der Gründer von Beginn an, strategisch zu handeln und zu denken als nur operativ zu reagieren.  Es geht also vielmehr darum, den Gründer bereits im Vorfeld, in eine Art Flow-Zustand zu bringen, in dem er jede Herausforderung als willkommenes Geschenk ansieht, welches er beherzt und mit Freude auspackt und dies als Chance zur Entwicklung ansieht. Wie die Hirnforschung herausgefunden hat, wirkt sich die dadurch gesteigerte Motivation positiv auf die Arbeitsproduktivität, Kreativität und Innovation, Ausdauer, Kooperation sowie Empathie und Verbundenheit aus. Ich spreche gerne vom „unternehmerischen Spirit“, der das gesamte Umfeld und die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens nachhaltig positiv beeinflusst und sowohl Kunden als auch Mitarbeiter in seinen Bann zieht. Wenn dies gelingt, wird sich als Resultat dessen unweigerlich der Erfolg des Unternehmens einstellen.

Welche Dienstleistungen sollte eine professionelle Beratung beinhalten?

Susanne Wollanke: Je nachdem, an welchem Punkt der Gründer auf der Zeitschiene bis zur erfolgten Unternehmensetablierung steht und welche fachlichen und persönlichen Kompetenzen er selbst mitbringt, laufen die Beratungen sehr unterschiedlich ab und beinhalten differente Themen. Professionelle Gründungsberatung orientiert sich aus meiner Sicht an den individuellen Bedürfnissen der Person, die das Unternehmen gründen will, sowie an den Besonderheiten der künftigen Geschäftstätigkeit und Branche. Wenn mehrere Personen an der Gründung beteiligt sind oder bereits zu Beginn Mitarbeiter eingestellt werden müssen, ist es sinnvoll, eine gemeinsame Vision sowie ein einheitliches Wertesystem mit den Beteiligten zu erarbeiten. Ohne hier im Einzelnen alle Themen aufzählen zu wollen, stehen im Mittelpunkt der Beratung die Visionsarbeit und die Entwicklung der Unternehmerpersönlichkeit im Einklang mit der Unternehmensstrategie sowie bei Mehrpersonengründungen die Wertvorstellungen und Interaktionen der einzelnen Personen untereinander. Erst wenn diese „Basics“ klar herausgearbeitet wurden, kann die Beratung mit den klassischen Bestandteilen, die u.a. auch Teil eines Businessplans sind, weitergeführt werden. Diese können neben organisatorisch-personellen Bestandteilen Themen zu Marketing und Vertrieb sowie das gesamte Zahlenwerk der Umsatz-, Kosten-, Rentabilitäts- und Liquiditätsplanung sowie der Kalkulation und Kapitalbedarfsermittlung beinhalten.

Die meisten Gründungsberatungen unterscheiden zwischen Einzelcoachings, also individuelles Gründungs-Coaching und Gruppenberatungen. Was sind die Vor- und Nachteile?

Susanne Wollanke: Gruppenberatungen können der erste Schritt für diejenigen sein, die sich schnelles Wissen über die Hard-Facts der Selbständigkeit aneignen wollen und diese als Unterstützung und Entscheidungshilfe für ihre weiteren Schritte ansehen. Ist der künftige Unternehmer schon weit in seinem Gründungsprozess fortgeschritten und hat er sich diese Informationen bereits über herkömmliche Quellen (Internet, Kammern, Verbände, Unternehmensnetzwerke, …) erschlossen, wird ihm eine Gruppenberatung eher nicht weiterhelfen. Zudem ist die Ausgangsbasis der einzelnen Teilnehmer bei externen Gruppenberatungen in der Regel sehr unterschiedlich, sodass die Erwartungen oft nicht erfüllt werden und sich die meisten im Anschluss an die Gruppenberatung noch für die Durchführung eines individuellen Einzel-Coachings entschließen. Im Einzel-Coaching erhalten die Unternehmer eine auf sie und ihre individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten fokussierte Dienstleistung zur Entwicklung ihrer Unternehmensvision, der während des gesamten Beratungsprozesses „Leben eingehaucht“ wird. Ich bin überzeugt davon, dass die meisten Kunden, die eine individuelle Gründungsberatung durchlaufen haben, fokussierter, effektiver und erfolgreicher in ihre Selbständigkeit starten und es wichtig ist, dass die Gründer während des Prozesses mit Fragen konfrontiert werden, die sie sich selbst nicht gestellt hätten. Damit kann von Beginn an eine Art „Betriebsblindheit“ vermieden werden. Die Gesamtunternehmung sowie die Gedanken und Handlungen des Gründers öffnen sich gesamtheitlich, so dass auch künftig ein weitsichtiges, innovativ-visionäres unternehmerisches Handeln gefördert wird, welches sich ständig wandelnden Markt-, Personal- und Umweltsituationen kreativ anpassen kann.

Welchen Kosten entstehen bei einer Gründungsberatung?

Susanne Wollanke: In einigen Beratungsunternehmen ist es üblich, dass eine Pauschalsumme für die gesamte Gründungsberatung angesetzt wird, in der ein standardisiertes Dienstleistungspaket mit einem stark limitierten Stundenkontingent enthalten ist. Für die Kunden erschließt sich dabei mitunter nicht immer das Aufwand-Nutzen-Verhältnis, da in diesen Fällen oft Standardkonzepte verwendet werden, die die Beratungsunternehmen „aus der Schublade“ ziehen, nur wenige individuell auf die spezielle Gründung zugeschnittene Anpassungen vornehmen und dadurch für den Kunden relativ wenig Beratungsaufwand ersichtlich ist, der mit einer gelegentlich nicht geringen Honorarrechnung vergütet werden muss. Nach Aussage der Kunden hat sich ein Abrechnungskonzept bewährt, bei dem der angefallene Aufwand zu einem festen Stundensatz und mit transparenten Aufwandsüber-sichten abgerechnet wird, die der Kunde regelmäßig zugeschickt bekommt. Je nach Thema, Schwerpunkt und Aufwand der Beratung können die Kunden wählen, wofür sie meine Leistungen individuell in Anspruch nehmen wollen und erhalten eine faire, nachvollziehbare Honorarrechnung je nach angefallenem und vorab durch den Kunden autorisierten Aufwand.

Unter Umständen kann man jedoch auch eine kostenlose Beratung erhalten. Wer kann eine kostenlose Beratung beantragen und wie vergibt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) finanzielle Zuschüsse?

Susanne Wollanke: Die Gewährung finanzieller Zuschüsse über diverse Fördermittelprogramme können abhängig vom Status des Gründers (Gründung aus der Arbeitslosigkeit oder aus dem Angestelltenverhältnis) sowie vom Bundesland sein, in dem der Gründer wohnt und gründen will. Neben den Beratungsförderungen der einzelnen Bundesländer (z.B. in Sachsen über die Sächsische Aufbaubank) existieren überregionale Förderprogramme des Bundes, die über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt werden können, diese jedoch erst nach der erfolgten Gründung für sogenannte Jungunternehmen. Kostenlose Erstberatungen mit einem Umfang von maximal 1-2 Stunden erhalten die Gründer über die Kammern und Verbände. Diese verweisen im Anschluss daran an freiberufliche Gründungsberater, die oft ein kostenloses Erstgespräch durchführen, an welches sich eine kostenpflichtige und evtl. förderfähige Gründungsberatung anschließen kann.

Nicht jeder, der eine Selbstständigkeit anstrebt, braucht eine Gründungsberatung. Wem empfehlen Sie aber dennoch eine Beratung bezüglich der Existenzgründung?

Susanne Wollanke: „Denn der Fehler liegt im Anfang, und der Anfang, heißt es, ist die Hälfte des Ganzen, so dass also ein kleiner Fehler im Beginn entsprechend große Fehler im weiteren Verlauf zur Folge hat.“ Aristoteles. Ich unterscheide Gründer gerne in zwei Gruppen. Den einen gelingt ein „Warmstart“ und die Anderen müssen sich ihr Geschäftsmodell und jeden Kunden von Beginn an hart erarbeiten. Erstere sind nicht selten diejenigen, die bereits über ihr bisheriges Berufsleben Geschäftsbeziehungen in die Selbständigkeit mitnehmen, durch die sie bereits von Beginn an Umsatz generieren können. Ebenso verhält es sich z.B. mit Unternehmen, die vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage sofort Aufträge zu gut kalkulierten Stundensätzen generieren können, wie dies z.B. bei Firmen aus dem Baugewerbe aktuell der Fall ist. Da für viele Gründer der künftige Umsatz das entscheidende Kriterium für ihren unternehmerischen Erfolg zu sein scheint, sollte man meinen, dass für diese eine Gründungsberatung nicht zwingend nötig wäre. Ich würde diese Frage gerne erwidern mit: „Es kommt darauf an. Der Gründer wird dies für sich herausfinden und sich die Frage selbst richtig beantworten.“ Dazu erhalten meine Kunden beim kostenfreien Ersttermin einen Leitfaden für den Weg in die Selbständigkeit. Anhand der dort aufgezählten Themen werden sich die Gründer schnell klar darüber, wo bei ihnen ein konkreter Handlungs- oder Lernbedarf besteht und woraus sich ihr individueller Beratungsbedarf anschließend ergibt. Nicht selten besuchten mich Kunden in meiner Praxis, die außer dem kostenfreien Erstberatungstermin keine Folgeberatung buchen wollten und dann doch eine umfangreiche Gründungsberatung durchlaufen haben. Der Satz von Aristoteles birgt also auch hier viel Wahrheit in sich.

Haben Sie Tipps, wie man eine passende Gründungsberatung finden kann?

Susanne Wollanke: Wie bei allem sonst ist es auch hier am besten, wenn man eine Weiterempfehlung enthält, z.B. über einen anderen Gründer oder Jungunternehmer bzw. über die Verbände und Kammern. Wer diese Möglichkeit nicht hat, sollte sich drei bis fünf Beratungsunternehmen in seiner Nähe über deren Internetauftritte heraussuchen und diese um ein kostenloses Erstgespräch bitten. Das sogenannte „Beratercasting“ hat den Vorteil, dass man genau den Berater findet, bei dem neben der Fachkompetenz auch das Bauchgefühl passt. Wenn sich das eigentliche Kennenlerngespräch eher als eine Werbeveranstaltung für den Berater herausstellt, bei dem der Gründer umgehend zur Vertragsunterzeichnung „genötigt“ wird, sollte man vorsichtig sein. Wird dem Gründer dagegen auf Augenhöhe und mit wirklichem Interesse für seine Anliegen begegnet, ist dies ein gutes Zeichen für eine mögliche weitere Zusammenarbeit. In meiner Beratungspraxis erlebe ich immer wieder, dass das persönliche Verhältnis zum Gründer entscheidend ist für den Erfolg der Beratung. Wir Berater sind dabei oft nicht nur in unserer Kompetenz gefragt, mit Zahlen zu jonglieren und Informationen zu Gründungsfragen weiterzugeben, sondern fungieren nicht selten als Mediator, „Therapeut“ und klassischer Personalcoach. Daher ist man gut beraten, im Vorfeld zu schauen, wie breit der Gründungsberater in seinen Kompetenzen aufgestellt ist und inwieweit auch zwischenmenschliche Resonanzen zwischen Gründer und Berater bestehen.

Frau Wollanke, vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis:eclipse_images
Stock-Fotografie-ID:652426098

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