Traumjob: Selbstvermarktung ist das A und O!

Interview mit Mathias Roehder
Wir sprechen mit Mathias Roehder, Geschäftsführer von Smile Your Life. Mit ihm sprechen wir über professionelles Bewerbercoaching. Eine angemessene und authentische Selbstvermarktung bei der Bewerbung / dem Vorstellungsgespräch ist der wichtigste Schritt zum Traumjob. Inwiefern die Expertise von Profis dabei weiter hilft, erklärt er im Interview.

Was sind die Ziele und auch vor allem die Herausforderungen von Menschen, die Ihre Hilfe in Anspruch nehmen?

Die Ziele sind, einen Job zu haben, der im Tagespendelbereich liegt oder Remote-Arbeit möglich ist. Meine Klienten möchten gerne einen Vorgesetzen haben, der sie unterstützt und fördert, weil er selbst den situativen Führungsstil beherrscht. Es soll eine offene und wertschätzende Arbeitsatmosphäre vorhanden sein.

Die Herausforderungen sind zu wissen, welchen Job man denn gerne machen möchte, bzw. welche Wege zu diesem Job führen können. Wenn jemand bspw. in die Führung möchte, es diese Möglichkeit im aktuellen Unternehmen nicht gibt, dann rate ich dazu, sich bei Unternehmen zu bewerben, die mindestens 10% / Jahr Umsatzwachstum haben. Solche Wachstumsunternehmen brauchen früher oder später immer neue Führungskräfte und haben daher in der Regel entsprechende Ausbildungsprogramme für angehende Führungskräfte. Und dabei meine ich nicht, dass angehende Führungskräfte nur Leute mit 3-5 Jahren Berufserfahrung sein können, sondern durchaus auch Menschen mit mehr beruflicher Erfahrung.

Weitere Herausforderungen sind überwiegend im Bereich des Mindsets zu finden. „Kann ich mich bei diesem Unternehmen bewerben, obwohl ich die entsprechende Ausbildung nicht habe, aber bspw. als Techniker einen Ingenieursjob mache?“ ist so eine häufig gestellte Frage.

Meine Meinung dazu ist, dass es vorwiegend um Fähigkeiten und nicht um Zertifikate geht. Wenn ein Bewerber nachweisen kann, dass er über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt, dann ist das ausreichend.

Umgekehrt erzählen mir viele Klienten, dass sie noch dieses oder jenes Zertifikat machen wollen, weil das von den Unternehmen gefordert wird. Hier kann ich nur sagen, dass das Zertifikat an sich wenig hilfreich ist, wenn nicht entsprechende Berufserfahrung hiermit gesammelt wurde. Es reicht also bspw. nicht aus, ein Zertifikat als „Scrum Master“ zu machen, um dann einen Job in der IT mit agilen Entwicklungsprozessen zu bekommen. Auch hier gilt wieder: Berufserfahrung geht vor theoretischem Wissen.

Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach Softskills heutzutage?

Wichtiger als jemals zuvor. Der Lebenslauf, bzw. die Bewerbungsunterlagen sind nur die Eintrittskarte zum Vorstellungsgespräch. Danach sollte ausschließlich die Persönlichkeit im Vordergrund stehen und dazu gehört es ja auch, entsprechend zu kommunizieren und sich selbst präsentieren zu können.

Das Thema Empathie bekommt einen immer höheren Stellenwert bei Personalentscheidern. Die heutige Arbeitswelt ist immer mehr durch Teamarbeit und / oder Projektarbeit geprägt. Auch im Bereich interkulturelle Kompetenz steigen die Anforderungen aufgrund der Globalisierung. Es wird auch immer mehr darauf geachtet, dass jemand wirklich ins Team von seiner menschlichen Seite passt und eben nicht nur von der fachlichen Qualifikation her. Agile Prozesse, die immer mehr Unternehmen bei sich implementieren, erfordern auch ein höheres Maß an Empathie. Es wird für Unternehmen immer wichtiger, Mitarbeiter zu finden, die erst einmal verstehen wollen, was der andere sagt und dann darauf reagieren als umgekehrt.

Lücken im Lebenslauf sind nicht gern gesehen. Wie sieht es heutzutage aus? Wird es immer noch als Mangel gesehen oder kann es vielleicht sogar positiv gesehen werden, wenn man beispielsweise auf Reisen war?

Ich würde sagen, hier hängt es stark von der Haltung des jeweiligen Unternehmens ab. Moderne Unternehmen befürworten es, wenn man sich mal eine Auszeit nimmt. Bei vielen KMUs hingegen ist das Verständnis hierfür noch nicht wirklich angekommen. Die Lücke ist kein No Go, um zum Gespräch eingeladen zu werden. Es ist viel wichtiger, wie ich die Lücke im Vorstellungsgespräch kommuniziere. Und vor allem wie authentisch ich dabei bin.

Sowohl ein Bewerbermarkt ist vorhanden als auch gleichzeitig ein Fachkräftemangel. Theoretisch könnten Bewerber sich einfach die für sich passenden Unternehmen heraussuchen und sich eigenständig bewerben. Warum brauchen dennoch viele Bewerber Ihrer Meinung nach ein professionelles Coaching?

In meinen Augen hat sich das stark seit der Corona-Zeit geändert. Viele meiner Klienten waren es gewohnt, dass sie abgeworben wurden und haben so die Situation, sich aktiv bewerben zu müssen nicht kennengelernt. Jetzt kommt es zu Freistellungen oder Entlassungen und dadurch entsteht eine große Unsicherheit. Immerhin sagt da jemand „Nein“ zu mir und das darf man erst einmal verarbeiten. Hier kann ein professionelles Coaching natürlich sehr gut unterstützend und begleitend wirken. Indem man dem Klienten dann aufzeigt, was er alles in den letzten Jahren geleistet hat, indem die Erfolge und konkrete Arbeitsergebnisse herausgearbeitet werden, kommen die Klienten immer mehr in ihre Kraft zurück.

Wenn Sie nicht gerade aus der IT / Life Sciences oder Elektrotechnik kommen, dann würde ich nicht mehr von Bewerbermarkt sprechen. Vor allem, wenn sie über 40 Jahre alt sind. Aktuell stehen wir in Deutschland sowieso vor sehr heraufordernden Zeiten, da steht der Fachkräftemangel in meinen Augen nicht mehr so sehr im Vordergrund. Vielen Branchen wie bspw. die Automobilbranche sind gerade in einem extremen Wandel. Wandel bedeutet Veränderung. Stellen, die dort abgebaut werden, werden auch bei anderen Unternehmen der Automobilbranche nicht automatisch wieder benötigt. Auch hier gilt es wieder, die Eigenverantwortung für seine berufliche Entwicklung zu übernehmen und sich aktiv zu bewerben.

Einige Kandidaten/-innen haben Probleme damit, sich zu präsentieren bzw. gut ins rechte Licht zu stellen. Würden Sie kurz anhand Ihrer Erfahrung aufzeigen, welche Probleme am häufigsten auftreten, bei denen Sie eingreifen und coachen müssen?

Es beginnt damit, sich die Glaubenssätze zu dem Thema „Selbstpräsentation“ des Klienten mal anzuschauen. Wenn ich den Glaubenssatz habe „Eigenlob stinkt“, dann fällt es mir natürlich schwer, mich positiv nach Außen darzustellen, weil ich ja nicht wie ein Angeber wirken will. Nachdem dieser Glaubenssatz verändert wurde, ist es wichtig, den Klienten die Kunst des Storytellings zu vermitteln. Menschen lieben es Geschichten zu hören und dadurch bleibt man als Bewerber natürlich auch viel besser im Gedächtnis.

Hierzu bedarf es einer klaren Struktur und natürlich wieder der Glaube an sich selbst, den man durch ressourcenstärkende Prozesse unterstützen sollte.

Geben Sie uns doch bitte noch ein paar Einblicke davon, wie genau ein Coaching abläuft.

Zunächst einmal gilt es abzuklären, inwiefern der Klient weiß, wie genau der nächste Job aussehen soll. Ist dies so weit klar, mache ich in Schritt 1 des Coachings mit meinem Klienten zusammen ihre Bewerbungsunterlagen zu ihrer persönlichen Verkaufsbroschüre. Das bedeutet, dass der Lebenslauf grundsätzlich unterteilt sein soll nach Aufgaben und Erfolgen. Das Verhältnis von Aufgaben und Erfolgen sollte im Idealfall 1/3 Aufgaben zu 2/3 Erfolgen sein.

Bei den meisten Bewerbern stehen überwiegende Aufgaben. Der Personalentscheider sieht also, welche Aufgaben der Bewerber hat, kann aber nicht erkennen, wie gut er diese Aufgaben erledigt, es sei denn, der Bewerber ist ihm behilflich und zeigt konkrete Arbeitsergebnisse/Erfolge auf. Genau an dieser Stelle komme ich als Coach ins Spiel. Ich helfe meinen Klienten durch gezielte Fragen, sich ihr implizites Wissen wieder bewusst zu machen und dann unterstütze ich auch dabei, dieses explizite Wissen so zu formulieren, dass der Mehrwert des Bewerbers optimal rüberkommt.

Schritt 2 des Coachings ist zu lernen, sich so zu präsentieren, dass das Gegenüber danach eigentlich gar keine andere Wahl mehr hat, mich in die nächste Runde einzuladen oder wenn es die letzte Runde ist, mir ein Vertragsangebot zu machen. Hier geht es also darum, im Rahmen eines ausgearbeiteten Storytellings meinen beruflichen Werdegang als Erfolgsstory zu präsentieren und den so erzeugten positiven Halo-Effekt mitzunehmen durch den weiteren Bewerbungsprozess.

Schritt 3 befasst sich damit, sichtbar für die Headhunter und Personalentscheider zu werden. Es ist sehr wichtig, dass die Inhalte, des Lebenslaufes auch in Xing- und LinkedIn- Algorithmus optimiert dargestellt wird.

Gleichzeitig coache ich meine Klienten darin, wie der optimale Umgang mit Headhunter aussehen sollte. Im Bereich der Personaldienstleister und Headhunter gibt es nämlich starke Qualitätsunterschiede. Ich berate meine Klienten so, dass die Headhunter ihnen keinen Zeit rauben, sondern sie zielgerichtet ins Erstgespräch beim zukünftigen Arbeitgeber bringen.

In Schritt 4 geht es darum, den souveränen Umgang mit schwierigen Fragen im Vorstellungsgespräch zu erarbeiten. Also so Fragen wie „Was war Ihre größte berufliche Niederlage?“ oder auch Fragen die in Richtung Stärken / Schwächen des Bewerbers gehen.

Ich halte gar nichts davon, dass man versucht, seine Schwächen irgendwie als Stärken darstellen zu wollen. Worum geht es denn in einem Vorstellungsgespräch? Um die fachliche und soziale Kompetenz und vor allem Authentizität. Ich kann diese Frage aber nur authentisch beantworten, wenn ich mich selbst in der Tiefe im Rahmen von Persönlichkeitsentwicklung reflektiert habe und ich weiß, wer ich bin und wofür ich stehe.

Hier steht für mich im Vordergrund die Stärken und Schwächen des Bewerbers mal unter der Lupe anzuschauen und auch zu schauen, was ggf. an der ein oder anderen Stelle noch an negativen Glaubenssätzen darunter liegt.

Wenn wir etwas näher auf die Berufseinsteiger und die Professionals eingehen, welche Anforderungen stellen Unternehmen an Bewerber, die neu in die Berufswelt einsteigen und die, die einen Berufs- bzw. Unternehmenswechsel vornehmen möchten?

Unternehmen stellen an Neueinsteiger die Anforderung, dass sie lernwillig sind und bereit sind auch mal die Extrameile zu gehen. Es ist Ihnen wichtig, dass die Neueinsteiger mit dem Unternehmen und deren Produkten / Dienstleistungen sich identifizieren können.

An Bewerber, die einen Unternehmenswechsel vornehmen wollen, ist die Erwartungshaltung, dass die Bewerber Klarheit darüber haben, was Sie wollen und vor allem, warum sie genau zu diesem Unternehmen wollen. Es geht weniger darum, weshalb sie von dem vorherigen Arbeitgeber wegwollen. Im Gegenteil, wenn zu viel über das „weg von“ gesprochen wird, ergibt sich eher eine Energie im Gespräch, die unvorteilhaft für die Bewerber ist.

Herr Roehder, vielen Dank für das Interview.

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Mathias Roehder

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