Beate Happold: Ziel einer Anfechtungsklage

Interview mit Beate Happold
Beate Happold ist Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei in Dornstadt. Mit ihr sprechen wir über Anfechtungsklage, Ziel dieser Klage sowie Verwaltungsakt.

Bei der Anfechtungsklage handelt es sich um eine Klageart aus dem Gebiet des Verwaltungsrechts, also aus dem Öffentlichen Recht. Welches Ziel wird mit einer Anfechtungsklage verfolgt?

Beate Happold: Die Anfechtungsklage ist eine der Klagearten im Verwaltungsprozess. Sie ist in § 42 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) geregelt. Die Verwaltungsgerichtsordnung ist die Prozessordnung, die für alle Klagen vor deutschen Verwaltungsgerichten, Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht gilt. Durch die Anfechtungsklage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Derjenige, der durch einen Verwaltungsakt in einem ihm zustehenden subjektivöffentlichen Recht verletzt wird, kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts verlangen, wenn dieser rechtswidrig ist. Nicht jeder kann also eine derartige Klage erheben, sondern nur derjenige, der sich auf bestimmte gesetzliche Regelungen berufen kann, die ihm bzw. seinen Rechtsgütern einen besonderen Schutz verleihen. Damit soll eine Popularklage verhindert werden, d. h. es soll damit ausgeschlossen werden, dass jedermann gegen Handlungen des Staates bzw. der Behörden gerichtlich vorgehen kann. Rechtswidrig ist ein Verwaltungsakt dann, wenn er nicht auf einer gesetzlichen Grundlage basiert, diese falsch angewandt wird oder selbst gegen höherrangiges Recht verstößt. Denn die für den Staat handelnden Behörden, die Verwaltung sind als vollziehende Gewalt gem. Art 20 Abs. 3 unseres Grundgesetzes an Gesetz und Recht gebunden.

Der Verwaltungsakt ist in § 35 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz legaldefiniert. Was stellt der Verwaltungsakt dar und können Sie uns einige Beispiele nennen?

Beate Happold: Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 S 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Das ist die Legaldefinition. Ein Verwaltungsakt ist zunächst abzugrenzen von einem bloßen behördeninternen Handeln, das keine Rechtswirksamkeit nach außen entfaltet. Vor der Erteilung einer Baugenehmigung, die einen Verwaltungsakt darstellt, wird von der Baurechtsbehörde bspw. auch die Naturschutzbehörde beteiligt. Dies ist ein rein behördeninterner Vorgang. Spricht sich diese gegen die Genehmigung aus und wird die Genehmigung deshalb von der Baurechtsbehörde nicht erteilt, ist nur die Ablehnung der Baugenehmigung nicht aber das Votum der Naturschutzbehörde angreifbar, denn nur die Ablehnung der Baurechtsbehörde hat in diesem Fall Verwaltungsaktcharakter. Nur sie wird nach außen bekanntgegeben. Vereinfacht kann man sagen, dass eigentlich die meisten Handlungen, mit denen der Bürger etwas bei der Verwaltung beantragt, durch Verwaltungsakt beschieden werden. Neben der Baugenehmigung sind beispielsweise auch Bescheide betreffend Subventionen wie die Bafa- Förderung zur Elektromobilität, zum Elterngeld, zum BaföG Verwaltungsakte. Auch ein Schulzeugnis, ein Prüfungszeugnis oder die Gaststätten- oder Gewerbeerlaubnis, die Ernennung zum Beamten, die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand oder auch ein Verbot der Hundehaltung sind Verwaltungsakte. Das Spektrum der Verwaltungsakte ist genauso groß wie das der gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts.

In der Regel hat eine Anfechtungsklage eine gute Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. Können Sie uns erklären, was eine Anfechtungsklage erfüllen muss, damit diese zulässig ist?

Beate Happold: Eine Anfechtungsklage ist dann zulässig, wenn der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist und ein Verwaltungsakt vorliegt, der angegriffen werden kann. Sie muss, in der Regel nach einem erfolglos vorgeschalteten Widerspruchsverfahren innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Klagefrist von einem Monat nach Zustellung des Verwaltungsakts bzw. Widerspruchsbescheids erhoben werden. Weitere Voraussetzung der Zulässigkeit ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt, durch seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen, bereits unter 1. Angesprochenen subjektiven Rechten verletzt zu sein.

Worauf muss jemand Ihrer Einschätzung nach noch achten, wenn es um eine Anfechtungsklage geht?

Beate Happold: Eine Anfechtungsklage kann in der Regel, es sei denn ein Gesetz sieht Ausnahmen hiervon vor, erst erhoben werden, wenn ein vorhergehendes Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist. Bereits in diesem muss zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und zur Beeinträchtigung des subjektiven Rechts des Betroffenen argumentiert werden. Ein derartiges Verfahren sollte als Chance begriffen werden, die rechtliche Auseinandersetzung bereits in diesem Verfahren zu erledigen. Dies ist deshalb wichtig, weil sich ein anschließendes gerichtliches Verfahren über eine Anfechtungsklage üblicherweise über mehrere Jahre hinweg hinzieht und dieser „Schwebezustand“ bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung oft unbefriedigend ist. Zu prüfen ist im Zusammenhang mit der Erhebung einer Anfechtungsklage im Hinblick auf die Verfahrensdauern vor den Verwaltungsgerichten immer auch, ob ein paralleles Vorgehen im Wege eines Eilrechtsschutzes (ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung) erforderlich und möglich ist.

Frau Happold, vielen Dank für das Gespräch!

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