Im Todesfall geht das gesamte Vermögen des Verstorbenen auf den oder die Erben/-in über. Wieso dauert es trotz der gesetzlichen Regelungen mitunter sehr lange, bis die Erben auf die Konten des Erblassers zugreifen können?
Die Nachlassgerichte sind leider in der Regel chronisch unterbesetzt, eine Verzögerung ergibt sich aber oft auch schon daraus, dass die Ausfertigung der Sterbeurkunden manchmal mehrere Wochen dauert. Die Banken und Sparkassen unterscheiden sich leider auch sehr beim Umgang mit Erben. Einige sind übervorsichtig bis schikanös, andere handhaben das wesentlich großzügiger. Bei einigen benötigen auch die Rechtsabteilungen manchmal Wochen für die Bearbeitung, und manchmal muss man denen rechtliche Zusammenhänge und Hintergründe erst erklären.
Besonders lange könnte es dann dauern, wenn die Bank einen Erbschein verlangt. Wo genau lässt sich dieser Schein beantragen und was bescheinigt er genau?
Der Erbschein kann bei einem Notar oder direkt beim Nachlassgericht beantragt werden, der Unterschied in den Kosten liegt nur in der Mehrwertsteuer. Im Erbschein wird nur die Erbfolge geregelt, also der gesamte Nachlass und seine Verteilung auf die Erben nach Bruchteilen oder Prozenten. Vermächtnisse tauchen darin gar nicht auf, das ist dann nämlich die Aufgabe und Verpflichtung der Erben in der Abwicklung. Wenn Sie also nach einer letztwilligen Verfügung Geld, eine Immobilie, einen Sachwert wie einen PKW oder ein Nutzungsrecht wie einen Nießbrauch erhalten sollen, wenden Sie sich bitte auch schon vor Vorliegen des Erbscheins an die Erben.
Vorsorge- und Generalvollmacht werden oft synonym genannt, da es sich juristisch eigentlich um das gleiche Dokument handelt. Können Sie uns erklären, wo der Unterschied zwischen Vorsorge- und Generalvollmacht liegt?
Der Unterschied zwischen einer Generalvollmacht und einer Vorsorgevollmacht besteht (nur) darin, dass die Generalvollmacht ab Unterzeichnung gilt, während die Vorsorgevollmacht erst mit einem darin definierten bestimmten Ereignis wirksam wird. Zu unterscheiden ist auch zwischen einer notariellen und einer sonstigen Vollmacht. Erstere benötigen Sie immer dann, wenn es um einen beurkundungspflichtigen Vorgang wie eine Grundstücksübertragung oder Einräumung eines Nießbrauchs geht. Beachten Sie bitte auch, dass die Banken und Sparkassen in aller Regel diese Vollmachten für Konten nicht anerkennen, sondern verlangen, dass Vollmachtgeber und Bevollmächtigter vor Ort ein entsprechendes Formular unterzeichnen. Denken Sie bitte auch an eine Patientenverfügung!
Eine weitere Möglichkeit, die Erbenstellung gegenüber der Bank nachzuweisen, ist die Vorlage eines eröffneten Testaments. Welche Vor- und Nachteile hat das klassische Testament?
Ein Testament kann entweder notariell oder handschriftlich abgefasst werden. Wenn es um eine Grundstücksübertragung geht, geht der Vollzug ohne Erbschein nur mit einem eröffneten notariellen Testament, sonst reicht in aller Regel das Eröffnungsprotokoll. Ein notarielles Testament wird automatisch in die Verwahrung beim Nachlassgericht genommen und muss dann dort unter Vorlage des Hinterlegungsscheins von allen Unterzeichnern gemeinsam abgeholt werden, ein privatschriftliches Testament können Sie beispielsweise in ihrem Schließfach hinterlegen und so natürlich auch wesentlich einfacher widerrufen, ändern oder ergänzen. Stellen Sie dann bitte sicher, dass es auch gefunden wird! Dabei hat es sich bewährt, Kopien an anderen Stellen, beispielsweise auch bei den Erben zu haben, in denen der Ort der Hinterlegung genannt ist. Jeder, der etwas in Händen hat, was eine letztwillige Verfügung sein könnte, ist verpflichtet das Schriftstück unverzüglich beim Nachlassgericht, also dort, wo der oder die Verstorbene zuletzt wohnhaft war, abzugeben.
Wer weiß, dass er Erbe ist, muss einiges regeln. Was sollte man als Erbe unverzüglich tun?
Man muss unverzüglich vorhandene Testamente beim Nachlassgericht abliefern, das wird aber erst tätig, wenn auch die Sterbeurkunde eingereicht wird. Man sollte insbesondere prüfen, ob der Nachlass nicht überschuldet ist, weil für die Ausschlagung eine 6-Wochen-Frist läuft. Vorsicht ist geboten bei postmortalen Vollmachten für Banken, wenn man nicht Alleinerbe ist. Dann sollte man auf keinen Fall Geld selbst entnehmen, auch nicht für Auslagen. Die meisten Banken und Sparkassen führen aber eindeutig die Erben betreffende Kosten wie für die Bestattung auch ohne Vorliegen eines eröffneten Testaments aus. Wenn Sie pflichtteilsberechtigt sind, empfehle ich eine sogenannte Stufenmahnung. Darin wird der Erbe aufgefordert, bis zu einem gewissen Datum Auskunft zu erteilen und den sich daraus ergebenden Betrag auf ein anzugebendes Konto zu überweisen. So setzen Sie die Gegenseite in Verzug mit der rechtlichen Konsequenz, dass sie den Betrag verzinsen und insbesondere Ihren Anwalt, den Sie dann einschalten, bezahlen muss.
Herr Pommerening, vielen Dank für das Interview.