Patente – Erfindungen gekonnt schützen

Interview mit Dr. Anja Bartenbach
Wir sprechen heute mit Dr. Anja Bartenbach, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz CBH Rechtsanwälte mbB in Köln, über Patente. Viele Voraussetzungskriterien, Kosten und Fristen sind bei der Anmeldung sowie bei etwaigen Patentverletzungsverfahren zu beachten, die es zu beachten und nicht zu unterschätzen gilt. Doch ist ein Patent erfolgreich angemeldet, gibt es einen umfassenden Schutz vor Fremdherstellung oder -angeboten. Hierzu gibt es zudem einige Neuerungen im Patentrecht. Wie genau die Patentanmeldung erfolgt, welche Punkte dabei beachtet werden müssen, was mit einem Einheitspatent gemeint ist und weiteres erklärt Frau Dr. Bartenbach uns wie folgt. 

Ein amerikanisches Unternehmen hat ein günstiges und umweltschonendes Verfahren entwickelt, welches den Verfall von Obst und Gemüse im Handel maßgeblich verringern soll, und sich somit einen immensen Wettbewerbsvorteil verschafft. Wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Patentanmeldung in Deutschland bestmöglich geschützt ist?

Zunächst können Patentanmeldungen Erfindungen grundsätzlich vor unerwünschter Nachahmung schützen, denn Patente belohnen ihren Inhaber durch ein (zeitlich und räumlich begrenztes) Nutzungsmonopol.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Erteilung eines Patentes nur möglich ist, wenn das erfindungsgemäße Erzeugnis oder Verfahren im Zeitpunkt der Patentanmeldung noch absolut neu ist. Daher ist es wichtig, dass der Inhalt einer Erfindung vor der Patentanmeldung geheim gehalten wird. Geheimhaltung bedeutet, die in der Erfindung verkörperte technische Lehre Dritten nicht in irgendeiner Form mitzuteilen oder sonst wie zur Kenntnis zu bringen bzw. deren Kenntnisnahme zu ermöglichen. Insoweit hat das Unternehmen alles zu unterlassen, was die Gefahr einer Neuheitsschädlichkeit im Sinne des § 3 PatG in sich birgt. Daher sollte das Unternehmen unbedingt entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen mit Kunden und Zulieferern und sonstigen Dritten abschließen, die vor Offenlegung der Patentanmeldung Kenntnis von der technischen Lehre erhalten, um den Erfindungsgegenstand auf diese Weise vor einer vorzeitigen neuheitsschädlichen Offenbarung zu schützen.

Studien zufolge wird der Börsengang von Unternehmen mit angemeldeten Patenten positiv beeinflusst. Dementsprechend kann es für viele börsennotierte Unternehmen und deren Aktionäre von großer Bedeutung sein, dass angemeldete Patente fristgerecht angemeldet sind. Was sind die Fristen für die Anmeldung von Patenten in Deutschland und wie können Sie sicherstellen, dass diese eingehalten werden?

Wenn es sich um eine von Arbeitnehmern des Unternehmens entwickelte Diensterfindung handelt, hat der Arbeitgeber nach § 13 Abs.1 ArbEG die Pflicht, die Erfindung nach deren Meldung „unverzüglich“, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zum Patent anzumelden. Mit der unverzüglichen Schutzrechtsanmeldung sollen frühestmöglich Prioritätsrechte gesichert werden. 

Da unverzüglich nicht gleichbedeutend mit „sofort“ ist, liegt es innerhalb dieses Zeitraums, wenn der Arbeitgeber zuvor die einzelnen Schutzfähigkeitsvoraussetzungen prüft bzw. durch Einschaltung eines Patent- oder Rechtsanwaltes prüfen lässt. Hierzu gehört insbesondere eine Neuheitsrecherche. Auch eine Abstimmung innerhalb des Konzernverbundes gehört zu den sachlichen Prüfungskriterien. Gerade in größeren Unternehmen werden über die Patentabteilung hinaus auch andere Unternehmensbereiche in die Entscheidung über die Schutzrechtsanmeldung eingeschaltet, um so einen möglichst umfassenden Schutz zu gewährleisten. 

Wenn das Verfahren zur Patentanmeldung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt läuft, gibt es gesetzliche und vom Amt selbst gesetzte Fristen. Gesetzliche Fristen können nicht verlängert werden. Dabei handelt es sich z.B. um die dreimonatige Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr nach § 6 Abs. 2 PatKostG. Die vom Amt gesetzte Frist zur Beantwortung von Bescheiden soll bei inländischen Anmeldern mindestens einen Monat, ansonsten mindestens zwei Monate betragen (§ 18 Abs. 1 DPMAV). Bei Angabe von ausreichenden Gründen kann die Frist einmal verlängert werden (§ 18 Abs. 2 DPMAV).

Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Patenterteilung?

Um eine erfolgreiche Patenterteilung zu erreichen, muss die Erfindung die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Neuheit im Sinne des § 3 PatG,
  • erfinderische Tätigkeit im Sinne des § 4 PatG und
  • gewerbliche Anwendbarkeit im Sinne des § 5 PatG.
  • Mit der Anmeldung des Patentes müssen eine technische Beschreibung der Erfindung, die ausformulierten Patentansprüche und ggf. die Zeichnungen zur Erläuterung der technischen Lehre eingereicht werden. Eine Zusammenfassung des Erfindungsgegenstandes und ggf. eine Erfinderbenennung können noch innerhalb von 15 Monaten ab dem Anmeldetag nachgereicht werden. Die Erfindung muss mit Einreichen der Anmeldung komplett dargestellt (offenbart) werden, da eine nachträgliche Erweiterung der technischen Informationen nicht zulässig ist. Allerdings hat der Anmelder innerhalb eines Jahres nach dem Anmeldetag durch Inanspruchnahme einer sog. „inneren Priorität“ noch die Möglichkeit, weitere Details oder auch eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Erfindung zu ergänzen.

    Mit dem Einreichen der Patentunterlagen und der Überweisung der Anmeldegebühren ist der Zeitrang der Anmeldung gesichert. Ab diesem Zeitpunkt wird die Patentanmeldung vorgeprüft, d. h. die Unterlagen werden auf Einhaltung der Formvorschriften und daraufhin analysiert, ob offensichtliche Patentierungshindernisse vorliegen. Um auch tatsächlich ein Patent erteilt zu bekommen, muss ein Prüfungsantrag gestellt und die Prüfungsgebühr von zurzeit 350,00 € gezahlt werden. Erst dann kann das Deutsche Patent- und Markenamt die Prüfung der Anmeldung durchführen und ggf. ein Patent erteilen. Ab dem Anmeldetag ist es innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren möglich, den Prüfungsantrag zu stellen. Zur Aufrechterhaltung der Anmeldung müssen jedoch ab dem dritten Patentjahr sich steigernde Jahresgebühren gezahlt werden.

    Auf Wunsch kann vor dem Prüfungsantrag auch ein kostenpflichtiger Rechercheantrag zur Anmeldung nach § 43 PatG gestellt werden. In diesem Fall wird die Schutzfähigkeit der angemeldeten Erfindung beurteilt und in einem ausführlichen Recherchebericht begründet, der auch die Dokumente enthält, die für die Prüfung der Patentfähigkeit der Erfindung relevant sein können.

    Was sind die wichtigsten Aspekte des Verfahrens zur Anmeldung von Patenten in Deutschland?

    Mit der Veröffentlichung der Patenterteilung im Patentblatt entsteht das Schutz- und Verbotsrecht des Patentinhabers. Das erteilte Patent ist ein Ausschließlichkeitsrecht. Damit ist es anderen Personen beispielsweise untersagt, die Erfindung ohne Zustimmung des Patentinhabers herzustellen und/oder anzubieten. Ein erteiltes Patent wirkt maximal zwanzig Jahre lang, die mit dem Tag nach der Anmeldung beginnen.

    Patentverletzungen können den Patentinhabern unter anderem erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Wie geht man mit Patentverletzungen in Deutschland um?

    Eine Patentverletzung kann in erster Linie auf zivilrechtlichem Wege verfolgt werden, d. h. es kann Patentverletzungsklage bei den Landgerichten erhoben und Unterlassungs-, Schadensersatz- und Vernichtungsansprüche geltend gemacht werden. 

    Ein Klageverfahren kann oft einige Zeit in Anspruch nehmen. Parallel dazu bietet eine einstweilige Verfügung gegen den Patentverletzer vorläufigen Rechtsschutz. Um zu verhindern, dass nachgeahmte oder gefälschte Produkte auf den europäischen bzw. deutschen Markt gelangen, kann ein Antrag auf Grenzbeschlagnahme bei den Zollbehörden gestellt werden. Darüber hinaus ist eine vorsätzliche Schutzrechtsverletzung grundsätzlich strafbar, wird in der Regel jedoch nur auf Antrag verfolgt.

    Wie können Sie sich gegen eine ungerechtfertigte Patentverletzung verteidigen?

    Dem Patentinhaber obliegt es, das erteilte Patent gegen Nachahmer zu verteidigen. Dabei sollte der Patentinhaber so früh wie möglich aktiv werden, um den Patentverletzern die Arbeit so schwer wie möglich zu machen. Hierfür ist es wichtig, den Markt und die Aktivitäten der Wettbewerber zu beobachten, um Patentverletzungen aufzuspüren.

    Was sind die Auswirkungen der neuesten Entwicklungen im Patentrecht auf die Patentanmeldungen und -verletzungen?

    Neben dem deutschen Patentsystem gibt es seit den 70er Jahren auch ein europäisches Patentsystem. Innerhalb dieses Systems gibt es zwei Schutzoptionen: das europäische Patent, bei dem der Anmelder den territorialen Schutzbereich individuell gestalten kann und – in naher Zukunft – auch ein neues europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung, das sog. „Einheitspatent“. Das Einheitspatent ist ein europäisches Patent, das vom Europäischen Patentamt zunächst nach den allgemeinen Bestimmungen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) erteilt wurde und dem nach der Erteilung auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung für das gesamte Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten verliehen wird. Damit entfaltet das Einheitspatent einheitlichen Schutz in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten. Dieses Einheitspatent soll ab 01.06.2023 – so die jetzigen Planungen – Anwendung finden. Das Einheitspatent ist also eine weitere Schutzoption für Erfindungen – neben dem nationalen deutschen Patent und dem europäischen Patent.

    Rechtsstreitigkeiten rund um das neue Einheitspatent werden, ebenfalls ab dem 01.06.2023, vor dem neuen, auf Patente spezialisierten Gericht, Einheitlichen Patentgericht, ausgetragen. Die Urteile des Einheitlichen Patentgerichts entfalten in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten eine einheitliche unmittelbare Wirkung. Dieses Gericht ist ausschließlich zuständig für Streitigkeiten über Einheitspatente wie Verletzungs- und Nichtigkeitsklagen und Anträge auf einstweilige Verfügungen, aber auch vorbehaltlich einiger Ausnahmen – für Streitigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patenten.

    Anmelder haben mit Inkrafttreten des Einheitspatentes künftig in Deutschland die Möglichkeit des Doppelschutzes. Es wird daher möglich sein, für dieselbe Erfindung sowohl ein europäisches Patent bzw. ein Einheitspatent beim Europäischen Patentamt als auch ein nationales Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt zu beantragen und zu erhalten. Der Doppelschutz kann insbesondere im Falle eines Rechtsstreits Vorteile bieten: Wird ein Einheitspatent etwa durch das Europäische Patentgericht für nichtig erklärt, besteht der Schutz in Deutschland aufgrund des nationalen Patentes fort. Unter bestimmten Voraussetzungen unterliegt dieser Doppelschutz jedoch einer Einschränkung bei der Geltendmachung vor deutschen Gerichten (sog. „Einrede der doppelten Inanspruchnahme“).

    Frau Dr. Bartenbach, vielen Dank für das Interview.

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