Patente kurz erklärt

Interview mit Dr. Malte Köllner
Patentanmeldungen, -verletzungen und Neuestes über Patente ist das Thema heute, worüber wir mit Patentanwalt und Partner der Kanzlei Köllner & Partner mbB in Frankfurt Dr. Malte Köllner sprechen. Grundwissen und neueste Entwicklungen im Reich der Patente werden durch seine Expertise vermittelt und die wichtigsten Fragen aufgeklärt. 

Ein amerikanisches Unternehmen hat ein günstiges und umweltschonendes Verfahren entwickelt, welches den Verfall von Obst und Gemüse im Handel maßgeblich verringern soll, und sich somit einen immensen Wettbewerbsvorteil verschafft. Wie können Sie sicherstellen, dass Ihre Patentanmeldung in Deutschland bestmöglich geschützt ist?

Da würde ich zunächst sagen: „Don’t put all eggs in one basket!“ Wenn das Unternehmen sich auf eine einzige Patentanmeldung verlassen würde, bestünde das Risiko, dass diese vielleicht in einem Angriff durch einen Wettbewerber vernichtet wird. Klüger wäre es zu versuchen, verschiedene Aspekte des Verfahrens durch verschiedene Patentanmeldungen abzusichern. Dazu bietet das Patentrecht einige Möglichkeiten, die ich hier vielleicht nicht ausführen möchte, weil sie zu juristisch technisch sind.

Solche Aspekte lassen sich wahrscheinlich entdecken. Vielleicht gehören zu dem Verfahren noch Maschinen oder Chemikalien. Diese Dinge könnte man sich einzeln schützen lassen, was es einem Wettbewerber schwerer macht, alle diese Patente aus dem Weg zu räumen.

Klug wäre es auch noch, neben der Patentanmeldung weitere Schutzformen in die Strategie mit aufzunehmen. So könnte man sich für das Verfahren zum Beispiel einen Namen ausdenken, eine Marke, und versuchen eine Brand um das Verfahren aufzubauen. Eine solche Marke könnte man sich natürlich auch schützen lassen.

Studien zufolge wird der Börsengang von Unternehmen mit angemeldeten Patenten positiv beeinflusst. Dementsprechend kann es für viele börsennotierte Unternehmen und deren Aktionäre von großer Bedeutung sein, dass angemeldete Patente fristgerecht angemeldet sind. Was sind die Fristen für die Anmeldung von Patenten in Deutschland und wie können Sie sicherstellen, dass diese eingehalten werden?

Es gibt eine Reihe von Fristen, die einzuhalten sind, wenn die Patentanmeldung aus dem Ausland nach Deutschland getragen wird, zum Beispiel aus Amerika. Entsteht die Anmeldung aber durch eine Entwicklung in Deutschland selbst, gibt es keine Fristen zur Anmeldung. Eine Erfindung entsteht und wird angemeldet. Da kann es keine Fristen geben. Es ist natürlich entscheidend, dass man der Erste ist, der die Erfindung macht und anmeldet. Zögern zwischen Erfindung und Hinterlegung der Patentanmeldung kann sich bitter rächen.

Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Patenterteilung?

Juristisch gesprochen muss die Erfindung neu sein und außerdem nicht naheliegend. Außerdem gibt es Patente nur für technische Erfindungen und dort auch mit ein paar Ausnahmen. Um aus einer Erfindung ein Patent zu machen, sollte man insbesondere vorneweg eine gründliche Recherche zum existierenden Stand der Technik machen. Was gibt es in dem Bereich alles schon, und worin unterscheidet sich die Erfindung von dem, was es alles schon gibt? Das ist eine der wesentlichen Erfolgsvoraussetzungen für eine Patentanmeldung. Die weitere wesentliche Voraussetzung ist, dass die Patentanmeldung selbst von ausgezeichneter Qualität ist und eine Vielzahl von rechtlichen Aspekten berücksichtigt. Auch wenn Sie an dieser Stelle vielleicht gerne etwas anderes lesen würden, das Schreiben einer Patentanmeldung ist ein kompliziertes Handwerk, das man in einer mehrjährigen Ausbildung gelernt haben muss. Laien werden scheitern.

Was sind die wichtigsten Aspekte des Verfahrens zur Anmeldung von Patenten in Deutschland?

Auch wenn eine selbst durchgeführte Recherche vor der Anmeldung keine gesetzliche Vorschrift ist, empfiehlt sie sich auf jeden Fall. Dann würde ich sagen, man sollte sich einen Profi, also einen Patentanwalt oder eine Patentanwältin, suchen, der bzw. die die Patentanmeldung schreibt. Den Entwurf des Patentanwalts sollte man sehr gründlich lesen und etwaige Unstimmigkeiten oder Unklarheiten auf jeden Fall bereinigen lassen. Sie kennen sich mit ihrer eigenen Erfindung besser aus als der Patentanwalt. Scheuen Sie sich nicht, Hinweise zu geben.

Ist die Patentanmeldung einmal fertig geschrieben und beim Amt hinterlegt, sollte man auf jeden Fall auf eine schnelle Recherche oder Prüfung durch das Amt hinwirken und sofort einen entsprechenden Antrag stellen. Dann erhält man innerhalb einiger Monate eine Einschätzung der Erfolgsaussichten durch das Amt. Die sollte man mit seinem Patentanwalt oder seiner Patentanwältin gemeinsam auswerten. Hat man das alles getan, ist man schon auf einem guten Weg. Dann kann man auch überlegen, ob es sich lohnt, in Anmeldungen der Erfindung auch im Ausland zu investieren.

Patentverletzungen können den Patentinhabern unter anderem erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Wie geht man mit Patentverletzungen in Deutschland um?

Man kann in Deutschland – genauso wie in anderen Ländern – mit Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen oder Klagen gegen Patentverletzungen vorgehen. Das ist natürlich nicht ganz billig. So wie das Gerichtssystem für Patentverletzungen in Deutschland derzeit aufgebaut ist, hat man als Patentinhaber eine realistische Chance, zumindest einen Anfangserfolg zu erzielen. Das deutsche Verfahren bevorteilt in der Anfangsphase den Patentinhaber. Das ist ungerecht, aber es ist im Moment so.

Auf Messen kann man auch versuchen, Zoll oder Polizei einzuschalten. Diese Institutionen sind durch Spezialisten auf Messen vertreten und können extrem hilfreich sein.

Auf längere Sicht darf man allerdings nicht vergessen, dass ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der eigenen Rechte aus dem Patent teuer ist, und dass man vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist. Man wird nicht immer mit einem befriedigenden Ergebnis aus einem solchen Verfahren herauskommen. Insbesondere werden sich angegriffene Patentverletzer mit einem Angriff auf das Patent zu Wehr setzen. Da kann es passieren, dass man am Ende sein Patent verliert.

Wie können Sie sich gegen eine ungerechtfertigte Patentverletzung verteidigen?

Ich nehme an Sie meinen gegen einen ungerechtfertigten Vorwurf der Patentverletzung. Man wird also zu Unrecht beschuldigt, ein Patent verletzt zu haben. Was macht man dann? Natürlich sollte man zunächst das Gespräch mit dem Patentinhaber suchen. Es ist aber nicht selten so, dass die unterschiedlichen Ansichten nicht zur Deckung gebracht werden können. Man kann dann versuchen, sich mit dem Patentinhaber irgendwie zu einigen, zum Beispiel eine Lizenz an dem Patent zu erwerben. Des Öfteren kann man dem Vorwurf einer Patentverletzung aber auch dadurch entgehen, dass man sein Produkt so abändert, dass es nicht mehr unter das Patent fällt. Das gelingt nicht immer, manchmal aber schon. Das muss man im Detail prüfen. Haben alle guten Worte nichts genützt, wird man wohl das Patent mit einer Nichtigkeitsklage angreifen müssen.

Was sind die Auswirkungen der neuesten Entwicklungen im Patentrecht auf die Patentanmeldungen und -verletzungen?

Da muss man zunächst einmal schauen, was die neuesten Entwicklungen sind. Da gibt es verschiedene. 

Eine brandaktuelle Entwicklung ist diejenige, dass am 1. Juni das neue einheitliche europäische Patentgericht seine Arbeit aufnimmt. In Zukunft können Patentverletzungen in einer ganzen Reihe von europäischen Ländern mit einem einzigen Verfahren verfolgt werden. Das ist sicherlich eine große Erleichterung. Das stärkt die Position der Patentinhaber. Die andere Seite der Medaille ist aber auch, dass Patente dann in den gleichen Ländern mit einem einzigen Verfahren vernichtet werden können. Man wird sehen, wie sich das auswirkt. Die Tinte ist noch nicht trocken.

In Deutschland hat es einige Entwicklungen gegeben, den Vorteil des Patentinhabers in der frühen Phase abzuschwächen und auch in der frühen Phase wieder Gerechtigkeit zwischen Patentinhaber und Verletzer herzustellen. Dazu wird einerseits das Nichtigkeitsverfahren durch Setzen gewisser Fristen beschleunigt, andererseits hat das Bundespatentgericht Verstärkung in Form eines neuen Nichtigkeitssenats erhalten. Gerechtigkeit ist ein hohes Gut, und diese Entwicklung ist auf jeden Fall zu begrüßen.

Auf der anderen Seite hat es sehr interessante Musterfälle im Bereich der künstlichen Intelligenz gegeben. Was ist, wenn nicht ein Mensch die Erfindung macht, sondern eine künstliche Intelligenz. Diese Fälle sind auch vielfach durch die Presse und Medien gegangen. Die künstliche Intelligenz, die dort Erfindung gemacht hatte, hörte auf den Namen DABUS. Vielleicht haben Sie das ja auch schon mitgekriegt. Ich habe diese Fälle mit initiiert. Pünktlich sozusagen zum erwarteten Börsenhype der künstlichen Intelligenz, hat auch das Patentrecht sich mit Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz beschäftigt. Die Ergebnisse sind durchaus erfreulich. Auch wenn eine Maschine eine Erfindung macht, kann es dafür ein Patent geben. Ich denke, das ist zukunftsweisend.

Herr Dr. Köllner, vielen Dank für das Interview.

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Dr. Malte Köllner

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