Christopher Suffner: Zirkuläre Wertschöpfung ist unerlässlich

Interview mit Christopher Suffner
Christopher Suffner ist Geschäftsführer von Quantum Yang in München. Mit ihm sprechen wir über Rohstoffknappheit, steigende Kosten für Material sowie Circular Economy.

Das Konzept der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) gilt als Wirtschaftsmodell der Zukunft. Können Sie uns dieses Modell genauer erklären?

Christopher Suffner: Die Klimakrise, die Rohstoffknappheit, sowie die steigenden Kosten für Material & Energie erfordern bereits seit längerem ein Umdenken unser Wertschöpfungsketten für Produkte & Dienstleistungen. Um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden, bedarf es einem gestärkten Bewusstsein für den gezielten Einsatz von Ressourcen unter ständiger Berücksichtigung der Auswirkungen für Mensch und Natur. Die zirkulare Wertschöpfung verfolgt das Ziel, nachhaltige Produkte & Dienstleistungen durch ein kreislauforientiertes Design zu entwickeln, um schadstoffhaltige Emissionen, Abfälle und Energieverbrauch so minimal wie möglich zu halten. Die dabei entstehenden Produkte bleiben wertvolle Nähr- und Rohstoffträger, deren Grundstoffe stetig wiederverwendet werden können. Dabei gilt, den kompletten Herstellungsprozess in den nachfolgenden Wertschöpfungsphasen zu betrachten: In der Design-Phase werden bereits die Weichen für die Obsoleszenz und damit die Nachhaltigkeit des Produktes gestellt. Bislang werden 80% der Umweltauswirkungen in dieser Phase konzipiert. Das Produkt-Design ist dann die Basis für den effizienten Einsatz alternativer Rohstoffe, die Produkt-Lebensdauer, Möglichkeit zum Reparieren und Recyceln und nicht zuletzt für die Wiederverwendbarkeit recycelter Ausgangsstoffe. Die Produktions-Phase fokussiert sich auf material- und energieeffiziente Herstellungsprozesse. Die Vermeidung von Materialausschuss und umweltschädlicher Produktionsprozesse sind ebenso wichtig wie bspw. Der Einsatz von erneuerbaren Energien und die Nutzung von Abwärme. In der Distributions- Phase geht es darum die Wege zum Kunden mittels nachhaltiger Verpackung (z.B. Mehrwegverpackung) & klimaneutrale Logistik zu gestalten. Bei der Nutzungs-Phase wird der Lebenszyklus des Produktes verlängert. „Product-sharing“ oder „sharing-Economy“, also teilen statt besitzen, macht das Produkt auch für weitere Kunden zugänglich bzw. nutzbar. Auch die Reparatur und Umfunktionierung von Produkten verlängert die Lebensdauer. Ist ein Produkt am Ende seines Lebenszyklus, wird es in der Rückführung- und Recyclingphase eingesammelt und entsprechend für die Wiederverwendung vorbereitet, um als Rohstoff in neue Produktionskreisläufe zurückzufließen.

Immer wieder bekommt man zu hören, dass die lineare Wirtschaft ausgedient hat. Wie schätzen Sie das ein?

Christopher Suffner: Um eine Versorgung zu gewährleisten und die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen, ist die Modernisierung der Wirtschaft und Industrie mittels einer zirkulären Wertschöpfung unerlässlich. Das globale Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum und der damit einhergehende weltweite Ressourcenverbrauch erfordert ein Umdenken unseres bisherigen linearen Wirtschaftens „take-make-use-dispose“. Die Gesellschaft ist damit immer mehr zu einer Wegwerfgesellschaft verkommen. Ein Blick auf den Ressourcenverbrauch verdeutlicht dies. 2021 erreichten wir schon am 29. Juli den „Earth Overshoot Day“. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits alle nachwachsenden Ressourcen verbraucht, welche die Erde in einem ganzen Jahr erneuern kann. (Quelle www.footprintnetwork.org) Bis 2050 benötigen wir nach Aussagen der UN gleich 3 Planeten Erde, um den weltweiten Verbrauch an Ressourcen zu bedienen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der Treibhausgasemissionen auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen ist. (Quelle: EU Action Plan Circular Economy, 11.03.2020) Laut einer Studie der Weltbank produzieren wir aktuell jährlich 2,01 Milliarden Tonnen Abfall, welchen wir u.a. zu großen Teilen verbrennen und als Treibhausgase wieder der Atmosphäre zuführen; von dem Plastikmüll in den Weltmeeren mal ganz abzusehen. Daher ist es unbedingt erforderlich die lineare zu einer kreislauforientierten Wertschöpfung zu erweitern. Die Circular Economy ist somit ein wesentlicher Bestandteil zur Umsetzung des „European Green Deals“, der nicht zuletzt die europäische Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft umgestalten soll.

Das Wirtschaftsmodell Circular Economy wird immer als nachhaltig betitelt. Auf welche Weise fördert die Circular Economy die Ressourcenschonung und wie erhöht sie die Wertschöpfung?

Christopher Suffner: Der bewusste Einsatz von Primärrohstoffen und deren Wiederverwendung als Sekundärrohstoffe spart nicht nur Material-, Energie und letztlich auch Kosten ein, sondern ist im gleichen Zuge auch eine große Chance Importabhängigkeiten zu reduzieren. Ein geringerer Import von Primärrohstoffen bedeutet neben geringeren Emissionen auch ein Reduzieren der Kosten für Transport, Vermeidung von Lieferengpässen und letztlich mehr Flexibilität. Zudem steigt die inländische Wertschöpfung mit der lokalen Aufbereitung der Sekundärrohstoffe.

Die Liste von den Einsatzmöglichkeiten des Modells ist lang. Wie können Unternehmen die Circular Economy im eigenen Unternehmen integrieren?

Christopher Suffner: Der Einsatz von nachhaltigen Rohstoffen & Energien in der Produktion ist kontinuierlich zu prüfen und zu fördern. Aber allem voran schafft das Bewusstsein der Mitarbeiter die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung und ist damit ein wichtiger Meilenstein für die Integration. Zur Umsetzung der Circular Economy bedarf es einer umfassenden Analyse des gesamten Geschäftsmodells inklusiver aller Prozesse & Materialflüsse der Wertschöpfung. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, Prozesse zu gestalten, die sowohl die Langlebigkeit der Produkte als auch die Rücknahme und Wiederverwendbarkeit bzw. Rückgewinnung von Rohstoffen sicherstellen. Beispielsweise können mit der fortschreitenden Digitalisierung und den technischen Möglichkeiten von heute Stoffströme und Wertschöpfungsprozesse jederzeit erfasst, analysiert und optimiert werden. Die Möglichkeit einer digitalen Vermarktung, als auch die erleichterte Beschaffung von Sekundärrohstoffen wäre ein Ansatz wie Unternehmen gar aus unterschiedlichen Branchen zukünftig kooperieren und zusammen profitieren könnten. Vielleicht benötigt ein Unternehmen den Rohstoff, welcher gerade in einem anderen Unternehmen als Abfall entstanden ist.

Know-How, Fördermöglichkeiten und Praxisanwendung unterstützen die Umsetzung von zirkulären Wirtschaften in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Welche Chancen bietet das vor allem für KMU und wie können diese von dem Wirtschaftsmodell profitieren?

Christopher Suffner: Neben der wirtschaftlichen Herausforderung erfordert eine Umsetzung der Circular Economy vor allem erstmal Mut und Entschlossenheit. Bzgl. der Finanzierung gibt es bereits Förderungsmöglichkeiten die gerade KMU´s auf ihrem Weg zur Circular Economy unterstützen. Kleine und mittelständische Unternehmen haben oftmals den Vorteil auf Grund der höheren Flexibilität ihrer Unternehmens-Strukturen, bessere Möglichkeiten ihre Prozesse umzustellen. Daraus ergibt sich die Chance heute schon eine Vorreiterrolle einzunehmen, in dem sie sich mit nachhaltigen Produkten frühzeitig vom Markt differenzieren. Mit der Herstellung von langlebigen Produkten, kann das Vertrauen des Kunden gewonnen und vielmehr noch eine langfristige Kundenbeziehung aufgebaut werden. Mit der Nutzung von Sekundärrohstoffen haben sie außerdem die Chance sich von Importen und damit von geopolitischen Risiken unabhängiger zu machen.

Viele denken, dass Nachhaltigkeit immer an einen hohen Preis geknüpft ist. Wie wird die Circular Economy finanziert und ist das Stigma, dass Nachhaltigkeit hohe Kosten mit sich bringt, wirklich wahr?

Christopher Suffner: Zunächst verzerrt die Tatsache, dass der Preis für die „Verschwendung“ von Ressourcen und die Auswirkungen auf Mensch und Natur bis dato einen viel zu geringen Wert hatte, die Sichtweise. Steigende Rohstoff-, Energie- und Emissionskosten, sowie Lieferengpässe und regulative Reformen werden dieses Bild aber immer mehr korrigieren. Die Umstellung zur Circular Economy und die angestrebten Veränderungen ist ein Investment von dem Unternehmen mittel- und langfristig profitieren und um ihre Zukunft am Markt zu sichern. Die Kreisläufe unserer Ressourcen zu schließen hat nicht nur Vorteile für die Umwelt, sondern bietet den Unternehmen vor allem große wirtschaftliche Chancen. Aus „Abfall“ werden wertvolle Sekundärrohstoffe und damit wieder neue Produkte. Vor allem bietet sie aber auch die Möglichkeit für Unternehmen, Innovationskräfte zu schöpfen, um neue Geschäftsfelder als auch Arbeitsplätze zu generieren. Zusammengefasst bedeutet nachhaltiges Produktdesign und Produzieren daher langfristigen Erfolg für Unternehmen und unsere Wirtschaft.

Herr Suffner, vielen Dank für das Gespräch!

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