Dalia El-Shaal: Der Naturkosmetik-Markt bleibt auf dem Vormarsch

Interview mit Dalia El-Shaal
Dalia El-Shaal ist CEO von Miss Planty & Fachkosmetikerin für Naturkosmetik. Mit ihr sprechen wir über Kosmetikprodukte, Vorteile von Naturkosmetik sowie nachhaltige Rohstoffe.

Welche Kriterien müssen Kosmetikprodukte erfüllen, um sie auf dem deutschen Markt als Naturkosmetik anbieten zu können?

Dalia El-Shaal: Allgemein gilt für alle Kosmetikprodukte, die auf in Verkehr gebracht werden: Kosmetikprodukte, die auf dem deutschen Markt angeboten werden, müssen zuallererst den Richtlinien der EU-Kosmetikverordnung entsprechen. D.h. sie müssen von einem Labor auf ihre Sicherheit geprüft sein, die Firmenanschrift des in Verkehr bringenden Unternehmen angeben, eine Chargennummer haben, den Füllinhalt angeben (z.B. 50 ml), eine Mindesthaltbarkeit aufweisen, wenn das Produkt länger als 31 Monate haltbar ist – ansonsten reicht die Verwendungsdauer nach Öffnen, INCI (Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe) in absteigender Reihenfolge sowie die deutsche Übersetzung dazu. Außerdem müssen allergene Bestandteile sowie Nanopartikel aufgelistet sein. Ebenso müssen Gefahrenhinweise wie „Nicht für Kinder unter 3 Jahren verwenden“ etc. deutlich lesbar auf die Verpackung gedruckt sein.

Die Kriterien, die Naturkosmetik-Produkte erfüllen müssen, variieren von Siegel zu Siegel (Cosmos, NaTrue, ICADA, ECOCERT), sodass dort individuell angefragt werden muss, welche Richtlinien bzw. Auflagen ein Produkt erfüllen muss, um ebendieses Siegel erhalten zu können.

Allgemein lässt sich aber festhalten, dass zertifizierte Naturkosmetik (kein Greenwashing á la Garnier und Co.) folgende Dinge erfüllt:

– sie ist tierversuchsfrei

– sie enthält keine synthetischen und schädlichen Inhaltsstoffe wie Silikone, Parabene, Farb- oder Duftstoffe.

– sie steckt i.d.R. in umweltschonenden/recyclebaren Verpackungen

– sie enthält je nach Zertifizierungsstufe (Naturkosmetik vs. Biokosmetik) einen festgelegten Mindestanteil an Bio-Inhaltsstoffen

– zudem sind die Inhaltsstoffe rein natürlich oder naturidentisch (vgl. ätherische Öle vs. Parfümöle)

Was sind die Vorteile von Naturkosmetik für die Anwenderinnen und Anwender? Was unterscheidet sie von herkömmlichen Kosmetikprodukten? 

Dalia El-Shaal: Vorteile von Naturkosmetik für Verbraucher:Innen:

– haut- und umweltfreundlich

– keine synthetischen und schädlichen Inhaltsstoffe wie in 1 erwähnt

– Naturkosmetik wirkt langfristig statt kurzfristig wie konventionelle Kosmetika. Heißt, dass sie langfristig Haarschäden etc. oder Anti-Aging-Effekte bekämpft.

Was ist Ihnen bei der Herstellung der Kosmetikprodukte besonders wichtig? Wie wichtig sind nachhaltige Rohstoffe, Verpackungen usw.?

Dalia El-Shaal: Bei der Herstellung meiner eigenen Kosmetikprodukte sowie in den Naturkosmetik-Workshops, die wöchentlich stattfinden, lege ich großen Wert auf Hygiene. Das ist das A&O, um ein Produkt möglichst keimfrei herzustellen. Als nächstes lege ich Wert auf schonend kaltgepresst Öle wie Mandel- oder Sesamöl, anstatt raffinierte Öle zu verwenden, da diese bereits bei der Herstellung so stark erhitzt wurden, dass sämtliche sekundäre Pflanzenstoffe, die wir uns in der Pflege eigentlich zunutze machen wollen, „ausgekocht“ wurden und die Öle die Haut somit nicht hinreichend pflegen. Im Hinblick auf den CO2-Abdruck einiger Produkte ist es natürlich besser, möglichst heimische Öle wie Raps- oder Distelöl in der Kosmetik zu verwenden und Rohstoffe, die von weit her kommen wie Baobaböl, zu meiden. Andererseits lässt sich aus der Vielfalt an Ölen abgestimmt auf den eigenen Hauttypen eben oftmals eine sehr viel bessere Creme herstellen, als wenn man nur heimische Öle und Pflanzenwässer verwendet hätte. Bei der Verpackung setze ich persönlich, sowohl in den Workshops als auch für die Herstellung meiner eigenen Pflegeprodukte, auf Glasbehältnisse. Spezielle Behältnisse für Deoroller, Bodysprays oder Cremes kann man beispielsweise sowohl vor Ort bei Miss Planty kaufen, als auch über den Onlineshop beziehen. So können alle Rührbienchen plastikfreie Kosmetika entweder im Alleingang zu Hause oder im Rahmen der Workshops herstellen.

Welches Ihrer Produkte ist am beliebtesten?

Dalia El-Shaal: Da ich im Rahmen der offenen Workshops ein monatlich wechselndes Programm habe, kann ich das so pauschal nicht sagen, welche Produkte am beliebtesten sind. Bei den privaten Workshops, die ich ebenfalls anbiete, bei denen beispielsweise eine Gruppe Mädels für ihren JGA zusammenkommen oder die für ein nachhaltiges Ferienprogramm von Jugendgruppen gebucht werden, sind die Dauerrenner wohl mit Abstand der Lippenpflegestift, die Deocreme, das Körper-Peeling sowie die feste Körperbutter. Letztere nutzt man zum Eincremen auf der nassen Haut unter der Dusche. Das ist nicht nur praktisch, sondern spart auch eine Menge Zeit.

Stellen sie auch Kosmetikprodukte speziell für Männer her und wie schätzen Sie den Markt hierfür ein?

Dalia El-Shaal: Ich persönlich stelle keine fertigen Kosmetika her, um sie bei mir im Geschäft zu verkaufen. Viel mehr versteht Miss Planty sich als Unverpackt-Laden für kosmetische Rohstoffe. Rührbegeisterte finden also die Zutaten bei mir im Laden in unverpackter Form als auch im Onlineshop, um ein Produkt ihrer Wahl herzustellen. Zudem biete ich die verschiedenen Workshops an (offen und privat), zu denen sich Interessierte jederzeit anmelden können. Derzeit sind meine Teilnehmer:Innen hauptsächlich weiblich, wobei ich in Zukunft auch plane, Männer-Workshops anzubieten mit Bartpflege-Produkten und Co. Ich denke, dass der Markt hierfür da ist, da ich auch einige männliche Kunden habe, die ihre Rohstoffe bei mir einkaufen. Ein steigendes Pflegebewusstsein ist nun schon seit einigen Jahrzehnten bei den Herren der Schöpfung zu beobachten, weswegen es da sinnvoll ist, dem Mann von heute ein entsprechendes Produkt-Angebot im Rahmen eines Workshops zu machen.

Was denken Sie wie sich der Naturkosmetik-Markt insgesamt in den nächsten Jahren entwickeln wird? Welche Rolle spielen dabei Discounter Eigen-Marken oder Kosmetikkonzerne, die verstärkt in diesen Markt drängen? 

Dalia El-Shaal: Ich schätze, dass der Naturkosmetik-Markt sich auch in den nächsten Jahren positiv entwickeln wird, da uns Themen wie Klimawandel und Co. auch in den kommenden Jahren beschäftigen werden, sodass ein Bewusstsein für nachhaltige Produkte in der deutschen Bevölkerung bleibt. Außerdem hat auch die Corona-Krise bewirkt, dass die Menschen sich nicht nur gesundheitsbewusster ernähren, sondern auch die Produkte für ihre Körperpflege verstärkt unter die Lupe nehmen als noch vor 2 Jahren. Auch Discounter-Eigenmarken wie Cien von Lidl oder Biocura von Aldi setzen vermehrt auf Naturkosmetik und lassen diese auch von namhaften Siegeln wie Natrue zertifizieren, sodass wir es hier nicht etwa mit Greenwashing zu tun hätten. Auch andere Kosmetikriesen haben längst verstanden, dass der Wandel und die Forderung nach mehr Transparenz hinsichtlich der Inhaltsstoffe bei Kunden/Kundinnen unumkehrbar ist und es daher sinnvoller ist, eine eigene grüne Kosmetiklinie neben dem Angebot konventioneller Kosmetik auf den Markt zu bringen. Zusammenfassen lässt sich also sagen: Der Naturkosmetik-Markt bleibt also auch in Zukunft auf dem Vormarsch.

Was hat Ihr Unternehmen für die nächsten Jahre geplant?

Dalia El-Shaal: Für die nächsten Jahre sind eine stetige Sortiments-Erweiterung geplant, sodass noch viel mehr kosmetische Rohstoffe unverpackt bei Miss Planty eingekauft werden können. Dies ist unser Beitrag für eine stetig umweltbewusstere und plastikfreie Konsumgesellschaft. Außerdem möchte ich mich auf lange Sicht breiter aufstellen: So sollen zukünftig nicht nur Kosmetika für Mann/Frau in den Workshops hergestellt werden, sondern auch Produkte für Haustiere wie Hund und Katze.

Da ich selbst vor kurzem Mutter geworden bin, befasse ich mich zudem intensiv mit dem Thema „Babykosmetik“, sodass ich auch hier ein Produkt-Angebot für (werdende) Mutter schaffen will á la „DIY-Feuchtetücher“, „Wundbalsam für den Po“ oder „Babyshampoo“. Mein großer Traum ist es zudem, meine eigene Pflegeserie herauszubringen, weswegen ich meine Rezepte derzeit stetig optimiere, bis sie bald hoffentlich nahezu perfekt sind und meinen eigenen (hohen) Ansprüchen an Kosmetik genügen. Genügend Interessenten und Abnehmer habe ich durch meine zahlreichen Workshops ja bereits (lacht).

Frau El-Shaal, vielen Dank für das Gespräch!

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Dalia El-Shaal

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