Prof. Dr. Dirk Söhnholz: Fokus auf nachhaltigen Geldanlageportfolios

Interview mit Prof. Dr. Dirk Söhnholz
Wir sprechen mit Prof. Dr. Dirk Söhnholz, Geschäftsführer der Diversifikator GmbH. Das Unternehmen bietet Modellportfolios, als Alternative zu klassischen Investmentfonds, an. Der Schwerpunkt liegt dabei auf nachhaltigen Geldanlageportfolios für Vermögensverwalter und Banken.

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Prof. Söhnholz: Bisher konnten auf Fintech fokussierte Unternehmen in Deutschland erst in wenigen Privatkunden-Marktsegmenten signifikante Marktanteile gewinnen. Grundsätzlich wird Finanztechnologie immer wichtiger. Meiner Ansicht nach profitieren vor allem etablierte Unternehmen, zu denen ich auch die sogenannten Bigtechs wie Alibaba etc. zähle, von Fintech-Entwicklungen. Das liegt vor allem an deren Kundenzugang. Im Business-to-Business (B2B) Bereich gibt es aber schon zahlreiche erfolgreiche Fintechs. Viele Fintechs wurden aber schon von etablierten Unternehmen gekauft.

Was ist Ihr Kerngeschäft, welche die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Prof. Söhnholz: Das Kerngeschäft von Diversifikator ist das Angebot von Modellportfolios. Modellportfolios sind eine in Deutschland noch wenig verbreitete Alternative zu Investmentfonds. Sie sind aber wesentlich flexibler und können relativ kostengünstig angeboten werden. Mein Fokus liegt dabei auf nachhaltigen Geldanlageportfolios für Vermögensverwalter und Banken. Es gibt meines Wissens auch international kein direkt vergleichbares Angebot.

Die Diversifikator GmbH wurde 2016 gegründet, um möglichst einfache, robuste, kostengünstige und nachhaltige Geldanlagen anzubieten. In 2016 gab es kaum passive Multi-Asset Portfolios und nur sehr wenige nachhaltige passive Fonds (ETFs) am Markt. Selbst heute fehlt es noch an streng nachhaltigen Fonds für viele Länder und Branchen.

Nachhaltige bzw. verantwortungsvolle Geldanlagen sollen oft sehr individuellen Anforderungen genügen. Aber bei traditionellen Anbietern werden für individuelle Angebote oft hohe Mindestinvestments verlangt. Durch IT-Einsatz kann Diversifikator sehr effizient Länder-, Branchen- und individualisierbare Modellportfolios anbieten. Weil viele Anleger Beratung und/oder Vermögensverwaltungsservices haben wollen, ist das B2B Geschäft der Fokus von Diversifikator (s. APIs). Es werden aber auch Selbstbedienungsmöglichkeiten angeboten.

Einige der 16 Portfolios auf www.diversifikator.com gab es vorher nirgendwo in ähnlicher Form öffentlich zugänglich. Dazu zählen das ESG ETF-Portfolio (ab 2016; ESG steht für Environment, Social, Governance), das ESG Portfolio für deutsche Aktien, das globale ESG Portfolio für Infrastrukturaktien und das globale ESG Portfolio für Immobilienaktien (ab 2017). Alle Portfolios können einfach und kostengünstig mit Tagesgeld kombiniert werden, um verschiedene Risikoklassen zu bilden (vgl. Das Diversifikator Buch).

B2B bietet Diversifikator zusätzliche Portfolios an, z.B. aktuell insgesamt 20 nachhaltige Portfolios für die Deutsche Wertpapiertreuhand GmbH. Mehrere ESG-Portfolios sind auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen ausgerichtet und es wird auch ein Impact-Themen-Portfolio aus ETFs angeboten. Auch diese Art von Portfolios gibt es zurzeit nirgendwo anders. Außerdem veröffentliche ich auf www.prof-soehnholz.com regelmäßig aktuelle Forschungsergebnisse zu professionellen Geldanlagen und speziell verantwortungsvollen Investments.

Daneben bietet Diversifikator Vermögensverwaltern, Stiftungen etc. Hilfe bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien an. Dazu wird ein von mir mitentwickeltes Tool der Deutschen Vereinigung für Finanzanalysten und Asset Manager genutzt ( vgl. https://www.dvfa.de/der-berufsverband/prisc-webanwendung.html).  Außerdem bietet Diversifikator Unterstützung bei der (teil-) automatisierten Implementierung von Portfolios (Robo-Advice) bis hin zu White/Private-Labeling der Diversifikatorangebote. Durch einen most-passive und sehr datensparsamen Ansatz können alle Services von nur 2 Mitarbeitern erbracht werden. 2019 und 2020 wurde Diversifikator als eines der innovativsten 100 Wealthtech Unternehmen weltweit ausgezeichnet.

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu ihren etablierten Wettbewerbern?

Prof. Söhnholz: Anleger erhalten ein breiteres und zudem individualisierbares Angebot von besonders verantwortungsvollen Geldanlageportfolios. Für viele der Portfolios gibt es weder passive (ETF) noch aktive Fondsalternativen. Im Vergleich zu aktiven Fonds sind die Modellportfolios zudem sehr günstig. Vermögensverwalter und Banken können mit Unterstützung von Diversifikator sehr schnell ein sehr breites, tiefes, konsequentes und günstiges Angebot von nachhaltigen Geldanlageprodukten erhalten.

Mit dem Blog auf www.prof-soehnholz.com wird zudem viel Inhalt geliefert. So werden pro Monat etwa 50 aktuelle Forschungsstudien in den Blogbeiträgen aufgeführt und auf besonders interessante aktuelle Entwicklungen mit dem Schwerpunkt nachhaltige Geldanlage hingewiesen. Etwas Vergleichbares gibt es anderswo nicht. Bei Bedarf werden auch Vorträge, Diskussionsveranstaltungen und Unterstützung bei der Großkundenberatung angeboten.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender, wie agiert ihr Unternehmen?

Prof. Söhnholz: Es wir nur ganz wenigen Fintechs weltweit gelingen, einen Markt zu übernehmen. Das passiert wohl nur dann, wenn der entsprechende Markt sehr eng definiert wird. Kooperation mit etablierten Unternehmen ist ganz klar der beste Weg für Fintechs. Diesen Ansatz verfolge ich auch mit Diversifikator.

Wie schnell reagieren Ihre Wettbewerber auf neue Trends, wie hoch ist der Innovationdruck?

Prof. Söhnholz: Traditionelle Wettbewerber reagieren typischerweise sehr langsam auf neue Trends. Erst wenn sie erkennen, das mit den neuen Trends schnell viel Geld verdient werden kann, ändert sich das. Beim Thema Nachhaltigkeit kommt hinzu, dass regulatorische Vorgaben das Angebot fördern.

Nachhaltige Geldanlagen wurden von traditionellen Anbietern sehr lange weitestgehend ignoriert. Erst mit der demnächst in Kraft tretenden Regulierung und durch aktive Nachfrage von Anlegern, das durch großes Medieninteresse gefördert wird, ändert sich das. Viele traditionelle Anbieter werben sogar jetzt damit, dass sie angeblich schon ganz lange nachhaltige Geldanlagen anbieten und schon sehr viele ihrer Angebote besonders verantwortungsvoll seien.

Bei den sogenannten Bigtechs ist das anders. Die probieren oft und früh viel aus. Generell ist der Innovationsdruck in der Geldanlage relativ hoch, weil es so viele Anbieter gibt. Dabei werden aber meist nur Variationen bestehender Produkte oder Services angeboten. Völlig neue Ansätze wie die von Diversifikator sind sehr selten. Der Diversifikator-Pitch „80% anders“ kam dementsprechend bei vielen potenziellen Partnern zunächst nicht besonders gut an.

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Prof. Söhnholz: Wir bereiten gerade unsere ersten Fondsangebote vor. Diese werden regelgebunden sein, strenge ESG-Anforderungen erfüllen und gleichzeitig auf besonders nachhaltige Branchen wie Gesundheit und erneuerbare Energien fokussieren. Solche Impact plus ESG Fonds gibt es bisher nicht. Diversifikator plant außerdem individualisierbare ESG-Portfolios, die auf eigenen ESG Indizes beruhen. Diese sollen direkt online gebildet und getestet werden können.

Herr Prof. Söhnholz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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