Vertrieb leidet unter administrativen Aufgaben – Christian Sickel

Interview mit Christian Sickel
Seit 20 Jahren unterstützt Christian Sickel mit seinem Team mittelständische Unternehmen in der Optimierung ihres Vertriebs. Im Interview spricht der Sales-Experte über die wichtigsten Eigenschaften erfolgreicher Verkäufer und häufige Fehler von Managern im Umgang mit ihren Sales-Teams.

Neukundengewinnung ist die größte Herausforderung für viele Unternehmen. Was sind die wichtigsten Basics für einen erfolgreichen Vertrieb?

Christian Sickel: Als Erstes braucht man im Vertrieb ein übergeordnetes Ziel. Z. B. Was? Wieviel? Wovon? Bis wann? Diese übergeordnete Zielsetzung sollte mittel- und langfristig definiert sein. Im nächsten Schritt wird aus der strategischen Ausrichtung eine taktische Umsetzung abgeleitet. Also: Was müssen wir dafür tun? Wo sind unsere Stärken? Wie gehen wir in der Kommunikation intern wie extern vor und vieles mehr. Wenn man es in kurzen Worten zusammenfassen will: Man braucht einen klaren und konkreten Plan für die Ausrichtung des Vertriebs, den man dann in möglichst klare (Handlung-)Details übersetzt. In dieser Übersetzung werden alle Bereiche (z. B. Personalführung und -entwicklung, Organisation, Marketing, etc.) einbezogen.

Welche sind die wichtigsten Vertriebskanäle?

Christian Sickel: Grundsätzlich gibt es immer den direkten Vertriebskanal, wie beispielsweise Vertrieb, Key Account Management oder eigene Verkaufsniederlassungen, Tele-Sales (intern) und den indirekten Vertriebskanal, wie Händler, Handelsvertreter, externe Call-Center, usw. 

Wie kann man die relevanten Vertriebskanäle für das eigene Unternehmen identifizieren?

Christian Sickel: Neben der Umsatzrendite ist in dem Zusammenhang wichtig, die Steuerung und Einflussnahme zu betrachten. Es kann sein, dass der direkte Vertriebskanal eine Umsatzrendite von 6 % und der indirekte eine Umsatzrendite von 8 % hat. Auf den ersten Blick würde man den indirekten Kanal bevorzugen. Die Frage ist, ob dort schon die Folgekosten für Reklamationen etc. eingerechnet sind.

Direkte Vertriebskanäle kann man einfacher steuern und genauere Prognosen abgeben, wohingegen man auf die indirekten Kanäle als Unternehmen weniger Einfluss hat. Das ist dann häufig eine Black-Box, weil diese indirekten Kanäle meist eigenständige Unternehmen sind, eigene Vorstellungen haben und auch Produkte anderer Hersteller verkaufen. Je nachdem, wie diese Unternehmer ihr Geschäft handhaben können auch Imageschäden für das eigene Unternehmen entstehen.

Hier müssen Unternehmen eine Grundsatzentscheidung treffen, wie viel Prozent sie in direkte Kanäle geben und wie viel in die Indirekten.

Ein Bereich, der zu meinen persönlichen Favoriten im direkten Kanal gehört, ist der Service. Hier liegt unendlich viel Potential brach, das man mit einfachen Mitteln heben kann. 

Vertrieb ist eine herausfordernde Tätigkeit. Welche Eigenschaften sollte ein guter Verkäufer mitbringen?

Christian Sickel: Verkäufer müssen erfolgreich sein wollen, allerdings nicht um jeden Preis. Einem Kunden etwas aufschwatzen, was er nicht braucht, hat mit dem Beruf des Verkäufers nichts zu tun. Dann sollte ein Verkäufer seine Chancen erkennen und ergreifen. Chancen erkennt man am besten durch gutes Zuhören. Einen Verkäufer, den man zur Jagd tragen muss, braucht niemand und ein guter Jäger ist immer auch geduldig, wenn nicht immer Alles sofort klappt. Manche Dinge brauchen Zeit.

Wie können Unternehmen ihren Vertrieb optimal unterstützen und ausbilden?

Christian Sickel: Zunächst benötigen Verkäufer eine Basis als Handwerkszeug. Allerding sollte dieses Handwerkszeug auch mit dem Arbeitsalltag in Verbindung stehen. Häufig wird der Verkauf viel zu allgemein und theoretisch geschult. Die Verbindung zum Verkaufsalltag können die Verkäufer dann selbst herstellen. Das kann nicht funktionieren, weil diese Transferleistung im ersten Schritt und ohne Erfahrung gar nicht möglich ist. Zu oft wird der Vertrieb nach einer Basisschulung „im Stich“ gelassen, d.h. danach passiert nichts mehr. Es gibt dann vielleicht noch eine Einarbeitung im Feld oder auf der Fläche, aber das ist zu wenig. Hier muss eine abgestimmte, zeitlich definierte und für den Verkäufer nachvollziehbare Einarbeitungszeit mit internen und externen Mitarbeitern geplant werden. Das dient nicht nur der Verbesserung des Vertriebsergebnisses, sondern senkt auch die Fluktuationsrate. Gute Leute haben es nicht nötig, bei Unternehmen zu arbeiten, die nicht in sie investieren oder in denen es zu viele Unklarheiten gibt.

Welche Methoden können den Erfolg von Vertriebsteams steigern?

Christian Sickel: Es gibt drei große Säulen.

Vertriebsleitung: Egal, welchen Namen eine Firma hat. Für den Mitarbeiter ist sie nur so gut, wie der direkte Vorgesetzte. Hier sollten klar und motivierend gesprochen werden. Vertriebsleiter verschwenden heute viel zu viel Zeit mit Administration, weil die Unternehmen das von ihnen verlangen. Da bleibt zu wenig Zeit, die Mitarbeiter zu unterstützen und den Vertrieb zu steuern. Häufig stehen die Unternehmen dem Vertrieb mit übermäßigen administrativen Aufgaben oft im Weg.

Vermittlung von gebrauchstauglichen Inhalten. Die Vermittlung von Wissen, das auch in konkrete Handlungen umgewandelt werden kann. Häufig wird Wissen nicht produktiv und dann bringt es nichts. Es findet dann eine Wissensbevorratung statt, die zu wenig bringt. Also weniger Wissen, mehr Handeln! Unternehmen geben zu viel Geld für Wissensvermittlung und viel zu wenig für die Umsetzung aus. Von den derzeit vermittelten Inhalten im Vertrieb werden nur ca. 20% umgesetzt.

Und natürlich müssen die Rahmenbedingungen müssen stimmen.

Was hilft gegen Demotivation und der „Angst vor dem Nein“?

Christian Sickel: Wichtig ist, anzuerkennen, dass die Angst vor dem Nein etwas ganz Natürliches ist. Am Anfang muss man sich öfters einen Ruck geben und – so blöd es klingt – da muss der Wille über die Angst siegen.

Manchmal hilft es auch, jemanden zu haben mit dem man über seine Angst reden kann. Entweder der Vertriebsleiter (wenn er gut ist, vertrauen ihm seine Leute), ein Kollege oder jemand, anderes der unterstützen kann. Das hilft schon einmal, denn schwierig wird es dann, wenn die Angst vor dem „Nein“ eine Art Lähmungseffekt erzeugt. Dann muss man sich die Frage stellen, ob man in diesem Beruf richtig ist.

Welchen Ratschlag würden Sie jedem Vertriebler mit auf dem Weg geben?

Christian Sickel: Seid positiv und klar in der Kommunikation. Glaubt an den eigenen Erfolg. Seid fleißig, tauscht euch viel mit erfolgreichen Vertrieblern aus und habt ein klares Ziel vor Augen. Anschließend kann der Weg zum Erfolg in konkreten Schritten geplant und durchgeführt werden.

Herr Sickel, vielen Dank für das Gespräch.

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