Geschickt vererben: Interview mit Helge Petersen

Interview mit Helge Petersen
Ein Testament mit Stift und Zettel am Küchentisch zu verfassen, ist nicht unüblich. Doch sollte man ein solch wichtiges Dokument, in dem es darum geht, wem man was bei seinem Dahinscheiden vermacht, ohne oder mit wenig Wissen selbst verfassen?

Etwaige Unstimmigkeiten im Testament könnten nach dem Tod zu Streit, Rechtsprozessen und sogar familiären Zerwürfnissen führen. Bei einem Anliegen dieser Bedeutung ist es tatsächlich ratsamer, sich professionelle Hilfe zu holen. Helge Petersen, Fachanwalt und Inhaber der Anwaltskanzlei Helge Petersen & Collegen in Kiel erklärt uns im Folgenden, wie ein Testament sinnvoll zu gestalten ist, welche Steuervorteile man durch vorzeitige Schenkungen erzielen kann und einiges mehr zum Thema Vererben.

Welche rechtlichen Instrumente und Strategien stehen Erblassern zur Verfügung, um steueroptimiert zu vererben, und welche Vor- und Nachteile sind damit verbunden?

Es kann vorher Schenkungen geben, welche angenommen werden müssen. Im Rahmen der Freibeträge verfallen jedes Jahr 10% und nach 10 Jahren 100% der Steuern auf den Schenkungsfreibetrag. 

Lebt man also noch 30 Jahre, kann man immerhin dreimal den Schenkungsfreibetrag nutzen. Beim Versterben hat der Erbe das vierte Mal den Freibetrag. Zum Glück wären es immerhin pro Jahr 10%, wenn man vorher verstirbt. Verschenkt man sein Eigenheim, so kann man sich selbst mit einem Wohn- oder Wohnungsrecht so absichern, als wenn man noch im vollen Besitz des Gebäudes ist. 

Man kann sich sogar Rückschenkungsklauseln bei Schenkungen bedingen, wenn der Beschenkte sich nach der Schenkung anders als erhofft benimmt. 

Hier lohnt es sehr nachzudenken und zu planen. 

Mit warmer Hand macht es menschlich gesehen auch viel mehr Spaß. Meine Mandanten kommen auf meine Anregung oft mit ihren Kindern oder Bekannten und es macht Spaß, gemeinsam Regelungen zu finden, ein Geben und Nehmen zu vereinbaren.

Welche Bedeutung hat die rechtzeitige und sorgfältige Erstellung eines Testamentes oder Erbvertrages für die steueroptimierte Vermögensnachfolge, und welche Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden?

Es ist sehr vielschichtig. 

Jedenfalls sind kurz gedachte Testamente oder Schenkungen schlimm. Denn nach dem Tode ist nichts änderbar. Zum einen kann das auf der menschlichen Ebene sehr schief gehen. Kinder, die sich bekriegen, Hass gegen den Erblasser, aber auch steuerlich ist dann nichts mehr zu retten. Die Schäden können enorm sein. Vor allem gehen dann oft Familienanwesen unter den Hammer, weil die Steuerlast nicht zahlbar ist oder die Erben sich bekriegen und nicht einigen. 

Sehr oft fällt auf, dass Anwälte und Notare nur zu ihren Formularen greifen. Die anwaltliche Ausbildung sieht keine kaufmännische oder gar strategische Ausbildung vor. Aus der Theorie geschlossene Verträge führen oft ins Unglück.

Wie können Schenkungen zu Lebzeiten genutzt werden, um das steuerliche Vermögensnachfolgekonzept zu optimieren, und welche steuerlichen Freibeträge und Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei relevant?

Die Steuerfreibeträge finden Sie leicht unter Freibetragsrechnern im Internet. Je näher der Verwandtschaftsgrad ist, desto höher ist der Freibetrag. Alle 10 Jahre und zum Tode ist dieser gegeben. Es geht also um enorme Gelder. 

Aber es geht auch um Bemessungsgrundlagen. So wird das selbst bewohnte Wohnhaus oft gar nicht besteuert und wenn sie Firmengeflechte bauen, dann sind diese enorm bevorteilt. Hier geht es um viele Millionen Euro, die gespart werden können. 

Hier geht es immer um eine individuelle lang geplante Taktik. Halbwissen aus dem Netz bringt am Ende oft den sehr großen Schaden. 

Auch hier kann ich nur empfehlen, unbedingt mit allen Beteiligten an einen Tisch zu gehen.

Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich bei der Vererbung von Immobilien oder Unternehmen, und welche Strategien können verwendet werden, um die Steuerlast zu minimieren?

Grundsätzlich besteht bei privat genutzten Immobilien der Vorteil, dass diese steuerfrei sind. Bei Unternehmen geht es vor allem um enorme Bewertungsvorteile. Immobilien allgemein sind aktuell sehr gefährlich als Steuersparmodell, weil sie fiktiv enorm in der Bewertung gestiegen sind. So müssen Erben leider Immobilien verkaufen, um Steuern zu zahlen. 

Das lässt sich durch Belastungen der Gebäude vermeiden oder dadurch, dass man sie in Firmenvermögen aufnimmt. 

Dem steht gegenüber, dass die 10-Jahres-Freigrenze zur Besteuerung aus Gewinnen durch den Verkauf aufgelöst wird. 

Es sind also vielschichtige Themen, die gegeneinander laufen. Und vorerst gute Ansätze können sich als schlimmer und teurer Fehler zeigen. 

Da ich seit Jahren in Bezug auf Vermögen, Erben und Entwicklungen berate, ist das steuerliche und erbrechtliche Wissen enorm und leider sehe ich viele Taktik- und Strategiefehler bei Notaren und Anwälten, weil die wirtschaftliche Praxis schlicht fehlt. 

Das geht schon bei Prognosen für zukünftige Bewertungen los…

Welche Rolle spielen steueroptimierte Erbverträge, wie beispielsweise Vor- und Nacherbfolge oder Vermächtnisse, bei der Gestaltung einer steueroptimierten Vermögensnachfolge, und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Auch dieses Thema ist sehr breit gefächert, da es auch Fälle gibt, bei denen die Vor- und Nacherbschaft aus steuerlichen Gesichtspunkten vollkommen irrelevant ist. 

Alle obigen Begriffe drücken im Grunde nur aus, wie was an wen vererbt wird. Sie lösen aber keine Steuerfrage besser. Denn sie sind nur die Instrumente für die oben dargestellten Optimierungsansätze, welche dann richtig zusammengesetzt die perfekte Lösung sein sollen. 

Diese Strategielösungen zu bauen, macht immer sehr viel Spaß!

Herr Petersen, vielen Dank für das Interview.

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